Eine gute Analyse, wie das Verfassungsgericht den Fall Böhmermann angehen dürfte.Böhmermanns juristische Denksportaufgabe
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Die Frage ist also, ob der Kontext das Schmähgedicht in höhere Sphären hebt.
Böhmermanns Gedicht als Lehrbeispiel
Dazu muss, so will es das Verfassungsgericht, das Werk erst einmal seziert werden: Es gilt, den "Aussagekern" heraus zu filetieren und ihn erst einmal getrennt von der satirischen "Einkleidung" zu betrachten.
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http://www.sueddeutsche.de/kultur/der-f ... -1.2948771
Im Kontrast dazu noch einmal R. Höckers Bewertung des Falles:
Böhmermann mache Erdoğan wie auch der Öffentlichkeit plastisch deutlich, dass der Extra-3-Beitrag sehr weit von einer unzulässigen Schmähkritik entfernt sei. Das drastische Anti-Erdoğan-Gedicht markiert für jeden sichtbar die verbotene Zone jenseits der Meinungs- und Kunstfreiheit. Der "Aussagekern", wie das Verfassungsgericht sagen würde, zielt damit also auf ein echtes Problem aus der aktuellen Debatte um Erdoğan.
Böhmermann-Gedicht
"Die Grenze der zulässigen Satire wurde überschritten"
Der Medienrechtler Ralf Höcker hält es für wahrscheinlich, dass Jan Böhmermann weges des Erdogan-Gedichtes vor Gericht verurteilt wird. Und das hält Höcker auch für berechtigt: "Böhmermann hat eine Beleidigungsorgie zelebriert", sagte er im DLF.
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http://www.deutschlandfunk.de/boehmerma ... _id=351140
Der Medienrechtler R. Höcker erzählt viel, wenn der Tag lang ist. Das hier ist jedenfalls juristischer Unfug:
>> Auch das quantitative Verhältnis des Beitrags spricht laut Höckers Einschätzung dafür, dass die Satire nicht zulässig sei: Eine Beleidigung hätte ausgereicht, um zu zeigen, was Böhmermann beweisen wollte. <<
Es kommt schließlich nicht auf den Unterschied "Beleidigung / Belehrung" an, sondern auf den Unterschied "zulässige Satire / unzulässige Schmähkritik". Hier ist der Kontext entscheidend. Der für die Zulässigkeit solcher Schmähungen notwendige sachliche Bezug ist hier nicht nur irgendwie vorhanden, sondern von nachgerade einzigartiger Gravität.
Wer wie Erdogan in Sachen Unterdrückung unerwünschter Meinungen alle Rekorde seiner Vorgänger in der Geschichte seines Landes bricht, muss m. M. n. entgegen Herrn Höckers Auffassung auch eine rekordverdächtig umfangreiche Belehrung über den Unterschied zwischen erlaubter Satire und unzulässigen Schmähungen hinnehmen. Wie auch immer - Herrn Höckers "Großes Buch der Rechtsirrtümer" muss wohl ziemlich lückenhaft sein, da es die Rechtsirrtümer des Verfassers notwendigerweise nicht enthalten kann.