von AlexRE » Mo 19. Aug 2013, 13:31
Der Prozess um den Göttinger Organskandal hat begonnen:
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Dabei habe der Mediziner billigend in Kauf genommen, dass andere schwer kranke Patienten kein Spenderorgan erhielten und deshalb möglicherweise starben. Die Staatsanwaltschaft sieht darin versuchten Totschlag. Seit Januar sitzt der Mediziner in Untersuchungshaft. Sein Anwalt wollte aktuell vor dem Verfahren nichts sagen.
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Die Staatsanwaltschaft werfe dem Arzt versuchten Totschlag vor, könne aber nicht eindeutig benennen, wer die Opfer sind, sagt der auf Strafrecht in der Medizin spezialisierte Juraprofessor Gunnar Duttge von der Uni Göttingen. „Das ist ein großes Problem.“ Auch Verteidiger Steffen Stern hatte den Vorwurf des versuchten Totschlags kurz nach der Festnahme des Arztes im Januar als „juristisch fragwürdig“ bezeichnet.
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http://www.braunschweiger-zeitung.de/nachrichten/Niedersachsen/organ-skandal-goettinger-arzt-steht-vor-gericht-id1114661.htmlDa bin ich allerdings ganz anderer Auffassung als der Strafverteidiger und sein professoraler Unterstützer. "Ein großes Problem" wäre die fehlende Benennung der Opfer, wenn wegen vollendeten Totschlags oder Mordes Anklage erhoben worden wäre. Für die Anklage wegen Versuchs reicht m. M. n. die manipulierte Liste der Organempfänger völlig aus. Da stehen ja die Leute drauf, die nach unten manipuliert und so in eine erhöhte Lebensgefahr gebracht wurden.
Eine andere juristische Frage wird in dem Artikel gar nicht angesprochen: Wieso wird eigentlich wegen versuchten Totschlags angeklagt und nicht wegen versuchten Mordes? Meines Wissens ging es bei den Manipulationen u. a. auch um Geld, das müsste eigentlich für das Mordmerkmal "Habgier" reichen. Außerdem muss man da noch über das Mordmerkmal "Heimtücke" nachdenken. Schließlich hat der Arzt die mangelhafte Sicherung der Richtigkeit der Rangfolge auf der Spenderliste durch mehrere Entscheider und den ihm dadurch gewährten Vertrauensvorschuss gezielt ausgenutzt. Dass die Arglosigkeit der Kollegen und die daraus resultierende Wehrlosigkeit der nach unten manipulierten Patienten auf der Empfängerliste möglicherweise ihrerseits ein fahrlässiges Organisationsverschulden darstellt, ändert daran nichts.
Der Stuttgarter OB Rommel:
Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.