Kachelmann13.10.2012 von Kerstin
Stellungnahme von re-empowerment zum Rachefeldzug des Jörg K.
Jörg Kachelmanns Buchund dessen unausgesprochener Untertitel:„Wer soll denen schon glauben?“Die aktuelle Schlammschlacht um Jörg Kachelmanns Buchveröffentlichung und die dazu gehörige Interviewkampagne, in der er seine ehemalige Freundin als Kriminelle bezeichnet, führt uns allen deutlich vor Augen, was unzählige Frauen davon abhält, sexuelle Gewalt anzuzeigen.
Kachelmanns Falschanzeigen-Propaganda erzeugt dabei ein Klima, das von männlicher Gewalt betroffene Frauen dazu anhält, diese weiterhin zu stillschweigend zu erdulden. Denn: Wer soll ihnen schon glauben?
In einem TV-Auftritt erhebt Jörg Kachelmann seine nicht hinlänglich beweisbare und deswegen nicht als Tatsache ansehbare Schuld in den Stand der erwiesenen Unschuld. Seiner Version der umstrittenen Ereignisse stülpt er dem Thema Vergewaltigung als solches über und schlussfolgert, dass die deutliche Mehrheit aller Vergewaltigungsanzeigen auf keiner realen Basis beruhe. Vielmehr käme hier die weit verbreitete Frauen-"Waffe Falschbeschuldigung" zum Einsatz, eine Totschlägerin gegen die sich kein Mann erwehren könne und mittels derer unzählige Männer aus Rache oder Gier vernichtet oder um Besitz/Familie gebracht wurden. Jörg Kachelmann inszeniert sich selber als Märtyrer und Gallionsfigur der entrechteten und unterdrückten Männer.
Allerdings ist das Argument
"Falschbeschuldigung als Waffe" nicht nur in der Polemik Kachelmanns zu finden. Mehrere der sich mit ihm solidarisierenden Gruppierungen fordern die
Abschaffung des Vergewaltigungsparagraphen. Leider sind
Vergewaltigungsmythen auch in der Justiz weit verbreitet: Während es sich bei 7,4% der im Jahr 2000 registrierten Fälle sexueller Übergriffe in Bayern um vorgetäuschte Straftaten oder falsche Verdächtigungen gehandelt haben soll, gaben hierzu befragte Beamte und Sachverständige an, dass "etwa jede fünfte Strafanzeige (…) auf einer Falschbeschuldigung" basiere.
Die Dunkelfeldforschung geht davon aus,
dass in Deutschland jährlich 86.600 mal vergewaltigt wird. Angezeigt werden
5-10% der sexuellen Übergriffe,
87% der Anzeigen/Verfahren werden eingestellt;. ca.1000 Fälle , d.h.
nicht einmal 2 von 100 Vergewaltigungen werden bestraft! Vergewaltigung ist und bleibt ein strafloses Verbrechen .
Das
Urteil des Essener Landgerichts vom 11.09.12 - Freispruch trotz Vergewaltigung, da für die 15jährige keine "schutzlose Lage" vorlag – zeigt auf, wie
defizitär unsere Rechtssprechung diesbezüglich noch ist: Für die Anerkennung einer Vergewaltigung muss Penetration stattfinden, es müssen Gewalt und erfolglose Gegenwehr stattfinden.
Stehen dem Täter jedoch einflussreiche Verbündete zur Seite und Mittel zur medialen Kriegsführung zur Verfügung, sinkt die
Hoffnung auf Gerechtigkeit gen Null, wie der Fall der Claudia W. eindrücklich in Aufbau und Entwicklung abbildet.
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Sexuelle Partnerschaftsgewalt zieht sich durch die gesamte Gesellschaft, betrifft sehr viele anstatt wenige, fügt den Opfern nicht nur unmittel grausames seelisches und physisches Leiden zu, sondern legt die Grundsteine für immense Langzeit-Beinträchtigungen zu. Sexuelle Gewalt in der Partnerschaft ist mit solch einem hohen Ausmaß an Scham besetzt, dass diese speziellen Gewalthandlungen oft auch dem Hilfssystem und der Justiz gegenüber verschwiegen werden.
Der von Kachelmann gegen Claudia W. geführte
Vernichtungsfeldzug unterstützt und schützt Vergewaltiger und Frauenschläger gleichermaßen. Gewaltbetroffene Frauen fürchten genau die Situation, der Claudia W. jetzt ausgeliefert ist: Beleidigungen, unverhohlen feindselige Angriffe auf ihre Integrität; eine
sensationslüsterne Öffentlichkeit die offen ihre Glaubwürdigkeit bezweifelt und ein alarmierend hohes Ausmaß an demonstrierter
Tätersolidarität. Auch wenn Jörg Kachelnmann seine Attacken "nur" gegen Claudia W. richtet, treffen sie unzählige von Männergewalt betroffene und geschädigte Frauen.
Angst wird erzeugt und Schweigen gefördert. Die Botschaft ist eindeutig: Die einzelne Betroffene hat keine Chance gegen den mächtigen Gegner. Ihr Leiden wird negiert, sie wird gewaltsam in die Rolle der Täterin gepresst und sofort von der Öffentlichkeit als „Kriminelle“ gehandelt
Diese Strategie wird von vielen der sich mit Kachelmann solidarisch erklärenden Gruppierungen ebenfalls gegen(über) Frauen eingesetzt die sich im öffentlichen politischen Diskurs für feministische Themen einsetzen. In diesem Zusammenhang wird auffällig häufig zu Schilderungen extremer sexueller Gewalt gegriffen.
Unabhängig von Schauplätzen und Gegenständen geht es immer wieder um den Erhalt der Vormachtstellung des Mannes. Selbige habe nicht hinterfragt zu werden, sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf privater Ebene. Diese strukturelle Benachteiligung von Frauen ist der Nährboden, auf dem sexuelle und häusliche Gewalt gedeihen.
Damit sexuelle Gewalt erfolgreich bekämpft wird, bedarf es eines Schutzes der Opfer und deren Würde sowie der deutlichen Entsolidarisierung mit den Tätern. Unabhängig davon, ob diese Freunde, Kollegen, Brüder oder Prominente sind. J. Kachelmann benutzt seinen Freispruch dazu, eine Kampagne gegen Opfer zu starten, um sich gleichzeitig seine weitere Prominenz und damit sein Einkommen zu sichern. Wie viele privat bleibenden Opfern dadurch geschadet werden, interessiert ihn dabei nicht. So verblassen auch Lippenbenkenntnisse des ehemaligen Wetteransagers in denen er betont, dass "echte Vergewaltiger" natürlich bestraft werden müssen, und ein kurzer Rock selbstverständlich niemals eine Aufforderung zum Sex sei.
In Anbetracht der Faktenlage ist es grotesk - oder aber schlichtweg dumm - von einer "unbedingt zu stoppenden Opferindustrie" zu sprechen. Die Realität zeigt und immer wieder, dass wir in einer Gesellschaft leben, die die Täter schützt, während die Opfer länger als sechs Monate auf einen Therapieplatz warten.
http://re-empowerment.de/include.php?pa ... tentid=235