So, kurzes Statement, um unsere Gäste nicht zu enttäuschen:
Vor kurzem habe ich mal geschrieben, dass K. den "Bogen überspannen" würde. Das hat sich für mich heute abend bestätigt.
Gute Nacht
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Die Bloßstellung von "Wetterfuzzi" Kachelmann bei Jauch
Jörg Kachelmann bei Günther Jauch: Was der Wettermoderator als PR für sein Buch geplant hatte, geriet zur Blamage. Seine blutjunge Frau musste sich mehrfach schützend vor den 54-Jährigen stellen. Von Ralf Dargent
Mehr Krawall war nie bei Günther Jauch: "Wetterfuzzi"-Beschimpfungen, eine in der Sendung verkündete neue Strafanzeige und ein peinlicher Fehler der Redaktion. Wofür das alles? Für Jörg Kachelmann und dessen PR-Tour. "Recht und Gerechtigkeit" heißt das Buch, mit dem der 54-Jährige seine Sicht auf seinen Mannheimer Vergewaltigungsprozess gibt.
In dem war der einstige Superstar der Wettervorhersage im Mai 2011 vom Vorwurf freigesprochen worden, seine Ex-Freundin vergewaltigt zu haben. Der Freispruch wurde rechtskräftig, aber bis heute zweifeln viele an seiner Unschuld. Doch rechtfertigen diese übrig gebliebenen Zweifel aus dem Strafprozess, dem Schweizer einen so prominenten Sendeplatz zu geben?
Kachelmann stilisiert sich als Opfer
Kachelmann geht es vom äußeren Eindruck her gut. Die Fröhlichkeit, die früher in ihm gewohnt habe, sei immer noch da, sagte er gleich zu Beginn der Sendung. An seiner Seite seine junge Frau Miriam, eine Psychologiestudentin. Mit ihr hat er das Buch geschrieben. Und sie gibt auch die Antwort, warum das Paar nun die aus dem Bewusstsein verschwundene Geschichte wieder hervorholt. "Es ist wichtig, diese Diskussion anzuregen. Es ist kein Einzelfall", sagte Miriam Kachelmann.
Das ist Behauptung Nummer eins des Paares: Immer wieder macht die deutsche Justiz Fehler und Unschuldige zu Tätern. Behauptung zwei: Jörg Kachelmann ist ausschließlich Opfer.
Als Jauch die ausgesprochen selbstbewusste Miriam Kachelmann fragte, ob sie bei seiner Festnahme nur ein Jahr nach Beginn ihrer Beziehung nicht an diesem gezweifelt habe: "Das wusste ich, dass er dazu nicht in der Lage sein kann." Und Kachelmann ergänzte: "Es gab nie Gewalt in meinem Leben und schon gar keine Vergewaltigung."
Diese zwei Behauptungen sind nicht neu, sie sind der Kern der jüngsten Interviews und Auftritte des Meteorologen. Neu war bei Jauch, dass Kachelmann sich einer Diskussion stellte.
Ein kräftiger Lügenvorwurf
Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) und der ehemalige Chefredakteur von "Bild" und "Bunte", Hans-Hermann Tiedje, stiegen nach etwa einer Viertelstunde mit in die Debatte ein. Und besonders Tiedje ließ Kachelmann rasch spüren, dass der Rest der Sendung nicht mehr angenehm für ihn werden sollte.
"Man muss es wirklich nicht lesen, es sind schon bessere Bücher geschrieben worden", sagte er gleich zu Beginn einigermaßen sachlich. Ein paar Momente später ging es dann schon zur Sache. "Sie haben gelogen am laufenden Band. Das war privat, das ist nicht strafbar, das ist vielleicht nur ein mieser Charakter." Eine Unverfrorenheit, doch vor allem eine gezielte Provokation des Boulevard-Journalisten – und eine, der Kachelmann schlicht nicht gewachsen war.
So wehrte er sich denkbar unsouverän gegen den Vorwurf Tiedjes, aus dem Urteil gehe hervor, dass er auch im Prozess gelogen habe. "Das erbärmliche Mannheim-Gericht möchte einfach seine Haut retten am Ende." Doch Tiedje ließ nicht locker: "Ihr Leben ist eine große Lüge bisher, warum sollen wir Ihnen jetzt glauben?", warf er Kachelmann an den Kopf.
Der versuchte, den boulevarderprobten Journalisten als "Gevatter Tiedje" lächerlich zu machen. Doch mit einem "Nennen Sie mich nicht Gevatter. Seien Sie ganz friedlich", bügelte Tiedje Kachelmann ab.
"Kachelmann, der gute alte Wetterfuzzi"
Der Boulevardjournalist sprach maßlos und unverschämt. Aber er legte etwas an Kachelmann frei, das verstörend wirkt. Denn wie schon bei den zahlreichen Enthüllungen über sein Liebesleben während des Prozesses wirkte er erschreckend klein. Nicht wie der Wetter-Star, der durch die Liebe seiner Fans vor Selbstbewusstsein strotzt und souverän durch sein Leben geht. Sondern so, wie es wieder Tieje sagte. "Sie sind nur Kachelmann, der gute alte Wetterfuzzi."
Kachelmann kann nicht erfasst haben, auf welches Glatteis er sich begeben würde, als er der Diskussion bei Jauch zugesagt hat. Denn dieses Bild eines schwachen Mannes wurde auch von den anderen Gästen der Runde verstärkt. Und einen ganz maßgeblichen Anteil daran hatte Kachelmanns Frau.
Miriam gibt sich extrem selbstbewusst
Mann und studiert Psychologie. Beruflich vorzuweisen hat sie also noch nichts – doch sie trug bei Jauch ein Selbstbewusstsein zur Schau, als sei sie eine vielzitierte Expertin ihres Fachs. Zu dem Buch habe sie die Theorie beigesteuert, sagte die Studentin großtuerisch.
Als der gestandene Ex-Minister Baum ihr vorwarf, das Problem der Vergewaltigungen zu verniedlichen, sagte Miriam Kachelmann allen Ernstes: "Ich bin selbst eine Frau. Ich kann das durchaus einschätzen."
Und als der nicht minder gestandene Ex-Verfassungsrichter Hassemer Jörg Kachelmann angesichts dessen Angriffen auf die Justiz vorhielt, "Sie haben so etwas wie eine Verallgemeinerungsmaschine in ihrem Denken", übernahm wieder Miriam Kachelmann das Antworten: "Das ist nicht wahr." Sie, die junge, unerfahrene Frau, muss sich schützend vor ihn, den großen Fernsehstar werfen – ob Jörg Kachelmann diese Peinlichkeit wohl selbst als solche empfand?
Peinlicher Fehler der Jauch-Redaktion
Allerdings zeigte Miriam Kachelmann, dass sie nicht auf den Kopf gefallen ist. Denn Günther Jauch wollte ihren Mann verunsichern. Dazu spielte er die schriftliche Ankündigung vom Rechtsanwalt der Ex-Freundin ein. Diese hatte sich schon erfolgreich dagegen gewehrt, im Kachelmann-Buch namentlich erwähnt zu werden.
Nun ließ sie in der Sendung über ihren Anwalt erklären, Kachelmann stelle "den Kommerz vor die Persönlichkeitsrechte unserer Mandantin". Deshalb sollten der Ex-Wettermoderator und seine Frau verklagt werden. Doch Jauchs Versuch, Kachelmann damit aus der Fassung zu bringen, scheiterte daran, dass zu der Schrift das Bild von einem falschen Anwalt eingeblendet wurde. Miriam Kachelmann machte Jauch genüsslich darauf aufmerksam – damit war dieser Effekt verpufft.
Gerne hätte Jauch von Kachelmann Zerknirschung gehört. "Würden Sie zugeben, dieser Prozess hat am Ende ausschließlich Verlierer generiert?", fragte er ihn. Doch wieder antwortete zunächst sie. "Wir hoffen, dass durch diese Diskussion zumindest die Gesellschaft einen Vorteil hat."
Da war es wieder, das übersteigerte Selbstverständnis der eigenen Bedeutung. Und danach durfte Kachelmann noch einmal seine Opferrolle spielen. "Es bleibt immer etwas hängen. Sie hat"s nun mal erfunden."
Ein Comeback Kachelmanns wohl nicht in Sicht
Wenn der Freispruch im vergangenen Jahr überzeugend gewesen wäre, würden solche Sätze ganz anders klingen. Dann würde sich für Kachelmann wohl auch schneller eine Rückkehr auf den Fernsehschirm eröffnen, als für den überzeugend vom Vergewaltigungsvorwurf freigesprochenen und nun vor dem Comeback stehenden Andreas Türck.
So aber bleibt nur ein Eindruck: Jauch hätte Kachelmann nicht den Platz für solche Sätze geben dürfen. Er hätte ihn nie einladen dürfen. Nicht, weil er vielleicht doch der Täter war. Sondern weil der ganze Fall Kachelmann ausschließlich destruktiv ist: Ein Ex-Paar befindet sich im Krieg. Er wisse, "dass wir alle relativ unbefriedigt" aus der Sendung rausgehen, sagte Jauch zum Schluss.
http://www.welt.de/fernsehen/article109 ... Jauch.html
TV-KRITIK GÜNTHER JAUCH
Der tiefe Fall des Jörg Kachelmann
Von MICHAEL G. MEYER
Günther Jauch diskutierte gestern Abend über den Fall Kachelmann. Kachelmann, wieder dicker geworden, und heute fast wieder so aussehend wie früher, wirkte gelöst und erstaunlich wenig verbittert.
Es war das Thema der Woche – und auch Günther Jauch konnte nicht daran vorbei: Das Buch, die Abrechnung Jörg Kachelmanns mit Medien und Justiz. Die Sache hat allein schon deswegen ein Geschmäckle, weil die ARD offiziell zwar nicht mehr mit Kachelmann zusammenarbeiten wollte, obwohl er damals frei gesprochen wurde.
Heute hat man offenbar kein Problem damit, quotenträchtig für Kachelmann eine ganze Stunde frei zu räumen. Die ARD - das rätselhafte Wesen. Eines vorweg: Die Sendung war der blanke Boulevard – kaum erstaunlich bei dem Thema.
Kachelmann war mit seiner neuen Frau Miriam gekommen, die er während des Prozesses geheiratet hatte. Kachelmann, wieder dicker geworden, und heute fast wieder so aussehend wie früher, wirkte gelöst und erstaunlich wenig verbittert. Kachelmann war damals freigesprochen worden, ohne, dass das Gericht komplett von seiner Unschuld überzeugt war.
"Liebend gerne verknackt"
„Das Gericht hätte mich liebend gerne verknackt, wenn sie nur eine kleinste Chance dazu gesehen hätten“, resümierte er. Später wurde die Runde bei Jauch erweitert, unter anderem um Hans-Hermann Tiedje, ehemaliger BILD- und BUNTE-Chef. Tiedje meinte, dass in Teilen sowohl die Klägerin, als auch Kachelmann gelogen hatten.
Das habe nichts mit der Medienkampagne zu tun gehabt. („Es war ein kollektiver Blutrausch“ – so Kachelmanns Vorwurf). Tiedje kritisierte, dass Kachelmanns Buch in einem hämischen „rotzlöffeligen Ton“ geschrieben sei, den man ihm gar nicht zugetraut habe. Kachelmann stilisiere sich zu einem Opfer á la Alfred Dreyfus, „dabei sind Sie doch nur kleiner Wetterfuzzi“ – kantete Tiedjen.
Zu wenig Distanz
Gerhard Baum, ehemaliger Bundesinnenminister sprang Kachelmann bei und konstatierte ebenfalls, dass „die Medien zu wenig Distanz“ gehabt haben, es habe jede Menge Vorverurteilungen gegeben. Das mag so sein – Fakt ist: Kachelmann hat vor dem Prozess das Privatleben eines windigen Hallodris geführt, der eine ganze Reihe von Frauen parallel als Freundinnen hatte.
Das ist kein Verbrechen – und doch: Kachelmann tat sich mit dieser Sendung, in der er erneut auch das Gericht in Mannheim heftig kritisierte, keinen Gefallen. Geschmacklos waren auch die Vorwürfe von Kachelmann und seiner neuen Gattin, dass Frauen prinzipiell „ein Opferabo“ hätten – eine wilde These, die kaum belegbar ist.
Laut einer EU-Studie sind nur vier Prozent aller Vergewaltigungsvorwürfe erfunden. Kachelmann und seine Frau Miriam blieben dennoch bei ihrer Sichtweise.
So oder so: Das Bild eines wenig glaubwürdigen Mannes blieb. Der Fall des Jörg Kachelmann ist ganz offenbar noch nicht zu Ende.
http://www.fr-online.de/tv-kritik/tv-kr ... 95770.html
JAUCH-TALK
Jauch bietet Kachelmann Forum für peinliche Thesen in der ARD
15.10.2012 | 06:58 Uhr
Essen. Bei Günther Jauch durfte Wettermoderator Jörg Kachelmann seine missverständlichen, ja teilweise haarsträubenden Thesen über Vergewaltigungsvorwürfe und Opfer-Abos einem Millionenpublikum präsentieren. Für echte Erkenntnisse fehlten Jauch und den Experten die Grundlage der Wahrheit.
Nach dem Freispruch im Vergewaltigungsprozess um Wettermoderator Jörg Kachelmann ist die Verwirrung noch größer, als je zuvor. So schien es zumindest bei Günther Jauch. „Kachelmanns Fall - Was ist ein Freispruch wert?“ lautete das Thema der Diskussion, an der neben Kachelmann und seiner Ehefrau Miriam auch ein Boulevardjournalist und zwei Rechtsexperten teilnahmen. Wer ist jetzt wirklich Opfer, wer Täter?
Ein Satz kennzeichnet das Dilemma dieser Talkrunde: „Das sagen Sie!“ (Jauch zu Kachelmann: „Dass es die Tat nicht gegeben hat, das sagen Sie!“) Denn den fünf Gästen und Moderator Günther Jauch fehlte ganz einfach die Grundlage, um zu echten Erkenntnissen gelangen zu können: Hat Jörg Kachelmann seine Geliebte Claudia D. nun vergewaltigt, oder nicht? Und wenn nicht, war er dann selber ein Opfer von Behördenwillkür, so wie Kachelmann in seinem autobiografischen Buch „Recht und Gerechtigkeit“ behauptet?
Kachelmann führt einen Kreuzzug gegen das deutsche Rechtssystem
Klar ist: Der Wettermoderator will sich mithilfe seines Buches mit dem deutschen Rechtssystem als solchem anlegen. Sein Freispruch vor der großen Strafkammer des Landgerichts Mannheim im Mai 2011 sei ein „Freispruch zweiter Klasse“ gewesen, weil die Richter darin ausdrücklich betonten, dass sie von der Unschuld Kachelmanns nicht überzeugt seien und das Urteil somit auf dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ beruhe. Ein Versuch der Richter und der Staatsanwaltschaft, den enormen Aufwand des Prozesses zu rechtfertigen, findet Kachelmann: „Das erbärmliche Mannheimer Gericht möchte seine Haut retten.“
Unterstützung erhält er bei seinem Kreuzzug von seiner Frau Miriam, die ihn während des Prozesses heiratete und an dem Buch mitgeschrieben hat. Sie habe niemals geglaubt, dass an den Vergewaltigungsvorwürfen etwas Wahres dran sein könnte, erklärte sie gegenüber Günther Jauch. Beide finden, dass Kachelmann ein Opfer ist, und wollen mit dem Buch anderen Opfern von Falschbeschuldigung helfen. Die Mission des Wettermoderators reicht also angeblich viel weiter, als einfach nur ein bisschen Rache an seiner Ex-Geliebten und den Behörden zu üben.
„Staatsanwälte und Richter sind es nicht gewöhnt, mit Promis umzugehen“
Was Jörg Kachelmann weiter beklagt sind die redefreudigen Staatsanwälte und Richter, die brisante Informationen und sogar ganze Abschnitte der Ermittlungsakte an die Medien weitergegeben haben sollen. Dieser Umstand ist wohl der einzige, den alle Talkgäste gleichermaßen anerkennen konnten. Besonders eifrig kritisierte Gerhart Baum, ehemaliger Bundesinnenminister, diese „Durchstecherei“ bei Gerichten.
Auch der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgericht, Winfried Hassemer, musste eingestehen, dass Gerichten insbesondere im Umgang mit prominenten Angeklagten oft Fehler passieren: „Staatsanwälte und Richter sind es nicht gewöhnt, mit Promis umzugehen.“ Daher plädierte Hassemer dafür, dass Gerichte, bei denen vertrauliche Informationen durchsickern und einer der Beteiligten so einen Nachteil erleide, für diese Fehler haften müssten. Schließlich führte im Fall Kachelmann diese Mischung aus Informationsscheibchen, einem mutmaßlichen Täter, der bekannt ist, und der Neigung zur Vorverurteilung von Seiten der Medien und der Öffentlichkeit dazu, dass offenbar niemand mehr so genau wusste, wo das Recht aufhört und das Unrecht beginnt. Oder anders herum.
Kachelmanns peinliche These vom „Opfer-Abo“
Ein Umstand, den Boulevard-Journalist Hans-Hermann Tiedje nicht anerkennen konnte. Seiner Meinung nach hat Kachelmann verdient, dass sein Image nach dem Prozess trotz Freispruchs Schaden genommen hat. „Sie haben gelogen, am laufenden Band. Das ist nicht strafbar, sondern vielleicht einfach nur ein mieser Charakter“, wirft er Kachelmann bei Jauch vor.
Ob Jörg Kachelmann schuldig oder unschuldig ist, wird wohl ein Geheimnis zwischen ihm und seiner Ex-Geliebten und Anklägerin bleiben. Was seiner Mission, Falschbeschuldigungen härter zu ahnden, wohl im Weg stehen wird, sind die missverständlichen, ja teilweise haarsträubenden Thesen, die er in seinem Buch aufstellt . So sollen Frauen im Falle eines Vergewaltigungsvorwurfes ein „Opfer-Abo“ haben. Soll heißen: Mit Rücksicht auf die Frau würden solche Anzeigen weniger kritisch von den Behörden hinterfragt, was absichtlich falschen Beschuldigungen nur Vorschub leiste, erklärte Miriam Kachelmann.
Wen es bei einem Vergewaltigungsvorwurf zu schützen gilt, das mutmaßliche Opfer oder den mutmaßlichen Täter, ist eine kritische Frage, die auch die Rechtsexperten in der Jauch-Runde, Gerhart Baum und Winfried Hassemer, nicht eindeutig beantworten wollten. Nur: Wenn sich Vergewaltigungen schon so schwer beweisen lassen, wie sieht es dann erst mit Falschbeschuldigungen aus? Die Lösung dafür sollte man wohl besser woanders suchen, als in Jörg Kachelmanns Buch .
http://www.derwesten.de/kultur/fernsehe ... 94945.html
FAZ.NET-Frühkritik „Günther Jauch“
Die Kachelmann-Falle
15.10.2012 · Günther Jauch wollte mit Jörg Kachelmann darüber reden, was man aus dessen Fall lernen kann. Alle anderen Gäste bestritten, dass der Fall als Beispiel taugt. Das hätte man vorher wissen können.
Von ANDREAS NEFZGER
Günther Jauchs Redaktion hatte sich einen mehrdeutigen Titel einfallen lassen. Wer das nicht bemerkte, dem half der Moderator am Sonntagabend auf die Sprünge: „Kachelmanns Fall“, das könne man auf zweierlei Weise lesen – als Auseinandersetzung mit dem aufsehenerregenden Prozess gegen Kachelmann, der neun Monate lang wegen angeblicher Vergewaltigung vor dem Mannheimer Landgericht stand und am Ende freigesprochen wurde; und als Anspielung auf den Sturz des Jörg Kachelmann, der sich in der öffentlichen Wahrnehmung vom allseits beliebten Wettermann mindestens zum Windhund wandelte. Günther Jauch wollte mit seinen Gästen über beide Lesarten des Titels reden – und scheiterte doppelt.
Das Ehepaar Kachelmann will reden, aber über Persönliches nicht mehr als unbedingt nötig – das machten der Meteorologe und seine Frau Miriam in der vergangenen Woche deutlich. Sie starteten eine Medienoffensive, die das Erscheinen ihres gemeinsamen Buches „Recht und Gerechtigkeit“ begleitet. Es gab eine Reihe von Interviews und eine vielbeachtete Pressekonferenz auf der Frankfurter Buchmesse. Über sich selbst wollten die Kachelmanns dabei stets nur so wenig sagen, wie nötig.
Den Kachelmanns geht es ums Prinzip
Das war bei Jauch nicht anders – auch wenn der Moderator anfangs in den Lanz-Beckmann-Kerner-Weichspülmodus schaltete. Die ersten zehn Minuten nahm er sich alleine für das Ehepaar Kachelmann Zeit, unterbrochen nur von einem gefühligen Einspielfilm. Doch die Gäste blieben hart. Abgeklärt erzählten sie, was sie schon bei den vorangegangenen Interviews mit fast identischem Wortlaut erzählt hatten: Es gehe ihnen in ihrem Buch nicht darum, die eigene Geschichte zu betrauern, vielmehr wollten sie auf das Problem hinweisen, dass in Deutschland viele Menschen Opfer von Falschbeschuldigungen würden und die Täter häufig ungeschoren davonkämen.
Nicht über Kachelmann wollten die Kachelmanns also reden, sondern über das Prinzip. Das ist ihr gutes Recht. Doch schmolz der doppeldeutige Titel, für den sich Jauch so gelobt hatte, auf eine Dimension zusammen: die juristische.
Akute Blockbildung machte eine Diskussion unmöglich
Dass Kachelmanns Fall beispielhaft für das Problem der Falschbeschuldigungen steht, ist allerdings nicht so klar, wie es der Wettermann gerne darstellt. Das Landgericht Mannheim hat ihn nicht freigesprochen, weil es seine Unschuld als erwiesen ansah. Es sprach ihn frei, weil es stichhaltige Beweise weder für eine Vergewaltigung noch für eine bewusste Täuschung der Klägerin sah. Darauf machte auch Jauch seine Gäste aufmerksam: „Gerichtlich dürfen Sie nicht von Falschbeschuldigung sprechen, das müssen wir hier schon festhalten.“
Die Diskussion entwickelte sich entsprechend. Hans-Hermann Tiedje, der einst Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, aber auch der Zeitschrift „Bunte“ war, sagte: „Vielleicht ist er Täter, vielleicht ist er Opfer.“ Gerhart Baum, Jurist und ehemaliger Bundesinnenminister (FDP), sagte: „Die Wahrheit war nicht zu erforschen.“ Und auch Winfried Hassemer, ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, wollte sich der Sicht der Kachelmanns nicht anschließen.
Günther Jauch meldet sich ab
Damit war die Diskussion festgefahren, bevor sie richtig Fahrt aufnehmen konnte. Auf der einen Seite die Kachelmanns, die in ihrer neuen Rolle als Streiter für Gerechtigkeit aufgehen wollten. Auf der anderen drei Herren, die ihnen die Legitimation dafür madig machten. Dazwischen Jauch, unfähig die Diskussion zu lenken. Zwischenzeitlich verstummte er fast gänzlich, und wenn er sich doch einmal zu Wort meldete, dann so kleinlaut wie ein „Wer wird Millionär?“-Kandidat, der vor lauter Aufregung das Wortspiel in der 500-Euro-Frage nicht versteht. Eine Katastrophe.
Dass die Staatsanwaltschaft in Kachelmanns Prozess Fehler gemacht habe, weil sie offenbar Akten, die Kachelmann einseitig belasteten an die Presse weitergab, war Konsens. Dass Kachelmann zum Opfer medialen Übereifers wurde, bestritt nur Hans-Hermann Tiedje. Die Botschaft der Kachelmanns, dass Männer massenweise Opfer von Frauen werden, die sie bewusst falsch der Vergewaltigung bezichtigen, bekam einen Dämpfer durch Zahlen, die Jauch präsentierte, und durch Baum und Hassemer, die das Massenphänomen bestritten. Nur dass man dergleichen härter bestrafen sollte, ließen die beiden Juristen gelten. Es blieb der einzige konkrete Vorschlag in sechzig Minuten.
„Sie zerstören gerade die Quote“
Jörg Kachelmann hatte es da schon längst dem Moderator gleichgetan. Als er anfangs mit seiner Frau neben Jauch saß, versprühte er noch ein bisschen den Wetterexperten-Charme alter Tage. Je länger sich die Diskussion dann aber im Kreis drehte, desto stiller wurde er. Das Reden übernahm seine Frau, die es mit beeindruckendem Selbstbewusstsein mit den drei Debatten-gestählten Herren aufnahm. Aber der Zuschauer durfte sich doch fragen, warum er sich über Missstände im deutschen Justizwesen ausgerechnet von einer 26 Jahre alten Psychologiestudentin aufklären lassen soll. Irgendwann verlor Hans-Hermann Tiedje die Fassung: „Sie langweilen mich mit ihren Vorträgen, sie zerstören gerade die Quote.“
Jauch ließ sich nicht einmal durch derlei Ausfälle reanimieren. Erst am Ende der Sendung erwachte er noch einmal kurz aus dem Schlaf des Überforderten und wollte von Miriam Kachelmann wissen, ob der Prozess gegen ihren Mann letztlich nicht nur Verlierer hervorgebracht habe. „Wir hoffen, dass am Schluss zumindest die Gesellschaft einen Vorteil davon hat.“ Für den Zuschauer der Sendung blieb diese Hoffnung vergebens.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/m ... 26274.html
Jörg Kachelmann bei Günther Jauch
"Man kommt nie dahinter"
07:06 Uhr
von Barbara Sichtermann
Bei Günther Jauch im Ersten ging es am Sonntag hoch her: Jörg Kachelmann und Gattin rechneten mit dem Vergewaltigungsfall ab und mussten einiges anhören - von "Wetterfuzzi" bis zum Vorwurf, wer so viele Frauen belüge, habe wohl einen miesen Charakter.
Er sei doch bloß ein alter Wetterfuzzi, so rieb es Hans-Hermann Tiedje dem Jörg Kachelmann hin. Nicht weiter wichtig, was ihm passiert sei, er solle sich nicht überschätzen. Aber da lag Tiedje falsch. Die Runde um Günther Jauch, zu der außer Frau Kachelmann noch Winfried Hassemer und Gerhart Baum zählten, Leute mit Jura-Kenntnissen, regte sich mächtig auf und ging, wie der Moderator am Ende voraussah, unzufrieden auseinander.
Denn was vom Streite übrig blieb an Fragen, Vorwürfen, Unterstellungen und Zwickmühlen, das hatte es in sich. Der einzige, der die ganze Zeit ungerührt dabei saß, war die Hauptperson. Kachelmann hat sich wohl inzwischen Naturell-mäßig seiner Wahlheimat Schweiz angepasst.
In den ersten fünfzehn Minuten konnten der Wettermann und seine Frau Miriam ihre Sicht der Dinge schildern, die Anschuldigung der Vergewaltigung, die U-Haft, den Prozess, den Freispruch, die Botschaft, die sie mit ihrem Buch jetzt verbreiten wollen, wobei Jauch schon mal ungnädig dazwischen fragte: Warum sie denn jetzt an die Öffentlichkeit gingen, anstatt ihre Ruhe zu genießen? „Wir sind ja kein Einzelfall“, sagte Frau Kachelmann, die ganze Sache solle einen Sinn haben. Und der müsse darin bestehen, dass Opfer von Falschbeschuldigungen künftig besser da stehen, dass die Macht des „Es bleibt immer etwas hängen“ gebrochen wird. Was die Kachelmanns vorhaben, ist eine Verteidigung all der Unschuldigen, die von Verleumdern vor Gericht gezerrt werden, denn auch wenn’s einen Freispruch gibt, befreit der ja nicht wirklich.
Jetzt kommen die Experten dazu. Tiedje muss sich anhören, dass die Medien, vor allem der Boulevard, eine üble Rolle gespielt haben bei der Vorverurteilung des Jörg Kachelmann. Aber dieser Journalist ist völlig schmerzfrei, wenn es um Angriffe gegen die Yellow Press geht, und er hat auch noch das Glück, dass sich die Runde bald auf einen weit größeren Skandal einschießt: die „Durchstechereien“ der Staatsanwaltschaft, die geheime Ermittlungsakten rausgab, worauf ein mediales Riesenspektakel losging, in dem kein Richter seine Objektivität bewahren konnte. Baum ist darüber empört und fordert eine Staatshaftung. „Ich möchte nicht in der Haut des Gerichtes gesteckt haben.“
Tiedje macht, so viel Boulevard muss sein, die alten Fronten noch mal auf. Kachelmann ein Opfer? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Schließlich wurde er nur aus Mangel an Beweisen frei gesprochen, in dubio pro reo. Eben deshalb, ereifert sich die Gattin, sei er ja ein Opfer. Nur wegen einer Falschbeschuldigung... Dürfe man denn davon sprechen, so Jauch, das Gericht habe ja nicht Kachelmanns Unschuld festgestellt. „Ich war dabei“, erklärt Kachelmann. Ach, und man solle ihm glauben, ihm, der so viele Frauen belogen hat? Das sei nicht strafbar. Spräche aber, so Tiedje, für einen „miesen Charakter“. Tumult.
Baum: „Sie können nicht generell sagen, deutsche Gerichte folgen Falschbeschuldigungen.“ Der Jurist will die Proportionen ins Lot bringen. Tausende Frauen würden jährlich vergewaltigt, nur ein kleiner Teil entschließt sich zur Anzeige, ein kleinerer Teil der Fälle kommt vor Gericht und ein noch kleinerer endet mit einer Verurteilung, ein verschwindend kleiner schließlich, vier Prozent, gehe auf Falschbeschuldigungen zurück. Sei es nicht eine Verhöhnung der vielen echten Opfer, so auf die wenigen, die – wie Kachelmann – womöglich aufgrund einer Falschbeschuldigung – „Eine Unverschämtheit!“ ruft Frau Kachelmann. Und Hassemer erklärt mit leiser Stimme, warum die Sache so schwierig, so peinlich und letztlich unlösbar sei. „Das ist strukturell. Es liegt in der Situation“. Eine intime Szene. Keine Zeugen. Zwei Menschen allein. Aussage gegen Aussage. Man kommt nie dahinter, wie es wirklich war.
Und das ist nun Kachelmanns Problem. Herr Tiedje wird sich nie dazu bereit finden, in ihm ein zweifelsfreies Opfer zu sehen. Der Rest der Welt wird nicht groß darüber nachdenken wollen. Deshalb haben die Kachelmanns ihr Buch geschrieben. Die Frauen, findet Kachelmann, hätten ein Opfer-Abo. Das will er jetzt auch.
http://www.tagesspiegel.de/medien/joerg ... 54108.html
TV-Kritik "Günther Jauch" Sie sind nur Kachelmann!
Der PR-Versuch ging nach hinten los. Jörg Kachelmann durfte bei Günther Jauch zwar ungehindert gegen die böse Justiz wettern. Doch dann nahm ihn sich einer seiner Mitdiskutanten zur Brust. Von Christoph Forsthoff
"Ich weiß, dass wir alle relativ unbefriedigt hier rausgehen werden." Wie schön, dass zumindest Günther Jauch am Ende des Abends einen Erkenntnisgewinn aus der soeben verkorksten Talkstunde mitgenommen hatte. Für alle übrigen blieb nach seiner Diskussionsrunde (wieder einmal) nur das Fazit: Außer teuren GEZ-Spesen inhaltlich nichts gewesen.
Was keinen wirklich überraschen konnte, wie bereits auch die Diskussion im Online-Forum seiner Sendung im Vorfeld gezeigt hatte: Wer glaubt, aus dem persönlichen Fall des Wettermoderators Jörg Kachelmann allgemeine Betrachtungen zu Vorverurteilungen und Justizirrtümern in Deutschland ableiten zu können, der ist entweder naiv - oder kalkuliert ganz bewusst mit der Quotentauglichkeit des prominenten Namens.
Und wer dann noch das gerade veröffentlichte Buch des 54-Jährigen und seiner Ehefrau Miriam zum Aufhänger für eine Sendung macht, muss sich zumindest fragen lassen, ob dies nicht dem Rundfunkstaatsvertrag widerspricht, wo es heißt: "Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzulässig."
Kachelmann teilt aus - Rest der Runde reagiert
Denn mit dem eigentlichen Auftrag, gesellschaftlich relevante Themen zu diskutieren, hatte dieser Abend rein gar nichts zu tun. Was Kachelmann bereits eingangs selbst feststellte: Sein Fall sei "nicht auf andere Fälle übertragbar", er "taugt nicht als Beispiel".
Und doch ging es im weiteren Verlauf der Diskussion immer wieder um sein Verfahren, das im vergangenen Jahr mit einem Freispruch für den Wettermoderator geendet hatte, ohne dass die Richter von dessen Unschuld überzeugt waren. Unwidersprochen durften der Schweizer und seine 26-jährige Gattin nun also heftigste Vorwürfe gegen das Mannheimer Gericht und die dortige Staatsanwaltschaft richten, die von Anfang an versucht hätten, aus dem Verfahren eine "Moraldiskussion" zu machen und ihn "liebend gern verknackt" hätten. Kachelmann teilte aus - nicht zuletzt gegen die angebliche "Falschbeschuldigerin", die ihn 2010 der Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung bezichtigt und damit den Prozess gegen ihn ausgelöst hatte - und der Rest der Runde reagierte.
Tiedje attestiert Kachelmann "miesen Charakter"
Entweder in bissig-verletzendem Ton wie Ex-"Bild"-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje, der das Buch kurzerhand abkanzelte ("Man muss es wirklich nicht lesen") und dem Autor ob seiner zahlreichen Frauengeschichten einen "miesen Charakter" attestierte: "Sie kommen so nett daher, ich kann mir das vorstellen, wie Sie irgendwelchen Frauen die Stradivari vorgespielt haben."
Empört wie Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum, der Kachelmanns Unterstellung, das Gericht habe aus Angst vor möglichen Strafzahlungen des Landes Baden-Württemberg seine Vorbehalte im Urteil formulieren müssen, als "abenteuerlich" zurückwies. Oder im besten Fall mit dem Versuch einer Abstraktion: "Überall dort, wo sich ein Geschehen zwischen zwei Personen abspielt, sind Falschbeschuldigungen möglich", konstatierte Winfried Hassemer, ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes.
"Nur Kachelmann, der gute alte Wetterfuzzi"
Ansonsten aber taugte diese Runde allenfalls noch für psychologische Betrachtungen: Wie etwa die laut Selbstdarstellung ausgebildete Schauspielerin und Psychologiestudentin Miriam Kachelmann den Fall ihres Gatten mittlerweile zu ihrem eigenen gemacht hat und sich nun auf einem Kreuzzug gegen (vermeintliche) Ungerechtigkeiten der Justiz sieht. Dass offenbar "Prominenz" dazu verleitet, persönliche Erfahrungen zu verallgemeinern und mal kurzerhand das gesamte Rechtssystem eines Staates in Frage zu stellen. Oder wie grandios Jauch mit seinen Frage-Versuchen scheiterte, dieses am Ende doch nur boulevardeske Thema auf eine gesellschaftlich relevante Ebene zu hieven. Ja, selbst Beleidigungen untereinander nicht mehr widersprach: "Sie stilisieren sich hier als Opferanwalt", durfte da Tiedje unbehelligt poltern. "Sie sind aber keine historische Figur, sie sind nur Kachelmann, der gute alte Wetterfuzzi." Ausfälle, die dann zumindest den einen oder anderen Voyeur befriedigt haben mögen.
http://www.stern.de/kultur/tv/tv-kritik ... 09833.html
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