Der hier in vielen Petitionen durchschlagende Gedanke an die "Heilsbringer" aus dem BVerfG ist - gelinde gesagt - für unsere heutige Zeit irritierend. Dort sitzen genau solche Leute, wie schon angesprochen, übrigens nicht nur Zypris sondern auch Leuthäuser-Schnarrenberger war im Gespräch.
Und der Bundespräsident ist um keinen Deut besser. Einem Einzelnen mit derartigen Befugnissen auszustatten ist ja schon wieder nostalgisch.
Richtig, die Personen blieben nach der Intention dieser Petition zunächst die selben wie zuvor. Allerdings entfiele die teilweise mehrjährige "Karenzzeit" für verfassungswidrige Gesetze, die bis zu einem Urteil oder Beschluss des BVerfG bzw. bis zu der für die Nachbesserung gesetzen Frist permanet die Grundrechte der Adressaten der verfassungswidrigen Norm verletzen. Das wäre schon einmal eine Verbesserung der jetzigen Situation. Wenn dann irgendwann auch noch der Bundespräsident und die Verfassungsrichter in gesonderten demokratischen Verfahren völlig unabhängig von gemeinsamen Karrierewegen mit Berufspolitikern gewählt würden (siehe meinen Beitrag auf Seite 3 dieses Themas von gestern, 17:58 Uhr)*, wären die Grundrechte der Bürger durch die Politik praktisch unangreifbar.
Die Besorgnis einer übermäßigen Machtkonzentration in den Händen sehr weniger Personen ist natürlich berechtigt. Es müsste im Grundgesetz präzise festgelegt werden, unter welchen Umständen der BP Gesetze (oder auch das Unterlassen von Gesetzesvorlagen) beim BVerfG monieren darf, soll oder muss. So könnten nicht nur die Grundrechte der Bürger besser geschützt werden, sondern auch das Demokratieprinzip an sich. Neben besonders schweren und in ihren Auswirkungen irrevisiblen Beeinträchtigungen von Grundrechten wäre als zweiter Hauptanwendungsfall so eines Vorprüfungsverfahren denkbar, dass der BP im Zusammenwirken mit dem BVerfG im Falle gebrochener Wahlversprechen einschreiten muss. Wenn eine wichtige Wahlkampfaussage oder ein bestimmter Punkt im Programm einer Partei von den Wahlsiegern missachtet wird, bedeutet dies eine Beschädigung des Demokratieprinzips. In einer (noch) rein repräsentativen Demokratie ist die Wahlentscheidung die einzige Möglichkeit des Souveräns, die Politik inhaltlich mitzugestalten. Wenn Wahlentscheidungen der Bürger überhaupt nicht ursächlich für die reale Politik sind, ist der Begriff "Souverän" entwertet und das Demokratieprinzip wird ausgehöhlt.
Quelle: https://epetitionen.bundestag.de/index.php?topic=868.msg13011#msg13011
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*gemeint ist dieser Beitrag, ein Auszug des GG-Aktiv - Programms:
(...) wenige Spitzenparteibuchkarrieristen ganz alleine bestimmen, wer Bundespräsident und wer Verfassungsrichter wird. Das ist keine vollständige Gewaltenteilung nach internationalen Maßstäben. Diese Feststellung betrachte ich als Argument. Wenn Sie darüber hinaus eine Beweisführung verlangen, müssen Sie sich schon auf den genannten Internetseiten umsehen, das würde den Rahmen hier sprengen.
Jedenfalls gibt es eine Reihe von BVerfG - Urteilen, die ich mir nur damit erklären kann, dass diese Richter von den Politikern, deren Entscheidungen sie zu beurteilen hatten, eingesetzt wurden. Beispiel: Das Urteil zu den Alteigentümer - Entschädigungen ist kaum nachvollziehbar, steht aber im Zusammenhang mit den haarsträubenden Manipulationen der Kohl - Regierung im Jahre 1990 (Gorbatschow - "Junktim"). Diese und einige andere Geschichten reichen mir, um als 1/80millionstel des Volkssouveräns einfach mal zu sagen, dass ich nicht mir dieser Art von Besetzung des BVerfG durch eine Handvoll Berufspolitiker einverstanden bin.
Wenn Sie den Begriff "Souverän" richtig verstehen, muss ich das auch nicht weiter begründen. Es ist eben so. Wenn genügend Leute diese Sepsis teilen und deswegen eine Partei mit passenden Programminhalten staatsrechtlicher Natur wählen, ist das ein Souveränitätsakt mittels freier und geheimer Wahlen. Das Volk ist der Souverän, nicht Regierungen oder Richter, die haben nach den Maßgaben des Art. 20 GG Souverän und Verfassung zu dienen.
Umgekehrt gilt das natürlich auch. So lange die Mehrheit der Wähler dem gegenwärtigen staatlichen Dienstpersonal so viel Vertrauen schenkt wie Sie, ist das auch eine souveräne Entscheidung. Gegenwärtig ist das Grundgesetz durch den Souverän zumindest durch Unterlassen der Geltendmachung des Anspruches auf eine neue Verfassung nach Art. 146 GG als Verfassung legitimiert.