Ein zu dem Thema dieses threads passender Beitrag von mir auf dem Forum
politik.de:
erkan82 hat geschrieben:Das ist eine Aufgabe von "Staatsdienern", die wohl nicht ohne Grund in der Hauptsache aus Juristen bestehen. Der gemeine Bürger sollte seine Kompetenzen an dieser Stelle nicht überschätzen. Die Macht der Wähler, des Souveräns, beschränkt sich nunmal eher auf die Exekutive und mittelbar auf die Legislative.
Das ist so nicht richtig.
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus (Art. 20 GG), auch die durch Richter ausgeübte. Richter haben grundsätzlich nur im Rahmen der von der Legislative vorgegegebenen Gesetze ("im Namen des Volkes") Urteile zu sprechen. Sie sind ans Gesetz
gebunden (Art. 97 GG). Wenn sich Richter zu sehr von den gesetzlichen Vorgaben entfernen, indem sie z. B. eigenmächtig und missbräuchlich mit Ermessensspielräumen umgehen, müsste der Gesetzgeber zur Wahrung seiner eigenen Pflichten gegenüber den Wählern und Mandatsgebern diese richterlichen Ermessensspielräume einschränken. Wenn er das nicht tut, hätte wiederum der Wähler und Volkssouverän die Möglichkeit, eine neue Partei ins Parlament zu wählen, die genau da ihren programmatischen Schwerpunkt hat.
Beispiel: Ende der 90er Jahre wurde in Deutschland als Reaktion auf die intensiver und gefährlicher werdende Gewalt in der Öffentlichkeit die Strafandrohung für die gefährliche Körperverletzung massiv erhöht, von Geldstrafe bis 5 Jahre Gefängnis auf 6 Monate bis 10 Jahre Gefängnis. Die Strafjustiz ist dem klar erkennbaren gesetzgeberischen Willen, härter und insbesondere konsequenter gegen brutale Schläger usw. vorzugehen, aber kaum nachgekommen, sonst würde es das Problem mit den berüchtigten Gewalt - Intensivtätern in der Form heute nicht geben.
Es wäre jetzt an den Parlamentariern gewesen, darauf mit Einschränkungen des offensichtlich missbrauchten richterlichen Ermessens zu reagieren, z. B. durch Bewährungsverbote für Wiederholungstäter und Sperrung der unteren Strafrahmen der Körperverletzungsdelikte bei diesen Leuten.
Das tun die Politiker aber nicht, sie gucken nur blöd und tun so, als seien ausschliesslich die Richter für diese Situation verantwortlich, was nicht stimmt und nicht dem Grundgesetz entspricht.
Deshalb wäre jetzt die nächste Ebene der Wähler und Volkssouverän selbst, der an der Wahlurne - und sei es nach Gründung einer neuen Partei innerhalb des demokratisch / rechtsstaatlichen Spektrums - Druck auf die Parlamentarier auszuüben, die notwendigen Nachbesserungen der Gesetze vorzunehmen und die missbrauchsgeneigten Ermessensspielräume zu reduzieren.
Ich fürchte aber, dass sich stattdessen viele Leute zumindest innerlich vom demokratisch / rechtsstaatlichen Spektrum lösen werden, weil sie ihre eigene Rolle als Teil des Volkssouveräns missverstehen und nur auf die schlecht arbeitenden "Autoritäten" in Politik und Justiz sehen, die in Wirklichkeit nur ihre quasi - Angestellten sind. Das ist eine Frage des noch entwicklungsbedürftigen demokratischen Bewusstseins.