Standard AW: Sperrungen und Löschungen
FRANK : Wie sich die Dinge doch wiederholen.
Aus Gründen des Forenfriedens beurlauben wir Ali, Lilly, schlau und Sui für eine Woche.
Es ist vollkommen unverständlich, wie man sich wegen einem Wetterfrosch quer durch das Forum (und darüber hinaus) zoffen kann.
Findet endlich zu einer sachlichen Ebene zurück!
Rolf Schälike: Ein schöner Artikel, der übersichtlich und klar die Rolle der Zensur in Deutschland Heute darlegt. Alice Schwarzer eignet sich bestens dafür, die Zensurregeln zu entwickeln und die Kanzlei Prof. Dr. Höcker in die erste Reihe der Zensoren zu rücken. Der Berliner Rechtsanwalt Prof. Christian Schertz, bisher auf Platz 1 der Zensuranwälte, wird von Prof. Höcker zurückgedrängt auf die Plätze mehr nach hinten.. Prof. Höcker fehlen allerdings noch die Mimosen und Psychopaten aus der Kunst-, Medien und Showszene. Mehr Geld lässt sich allerdings mit der Zensur aus dem unermesslichen Mandantenreservoir von Kriminellen aus Wirtschaft und Politik verdienen. Es fehlt dann allerdings an möglicherweise gewünschten Öffentlichkeit, weil die Kriminellen lieber im Verborgenen arbeiten.
StSch. : Sehr geehrter Herr Schälke,
Sie übersehen zwei wichtige Aspekte:
1. Es ist nicht Herr Prof. Höcker, der “zensiert”, sondern es ist das angerufene Gericht, dass auf Antrag eines Betroffenen Regelverstösse sanktioniert. Wollen Sie behaupten, die Gerichte handeln einseitig und unter Verletzung der bestehenden Gesetze? Wohl kaum!
2. Was hier stattfindet, ist keine Zensur im negativen Sinne, sondern die Ahndung von Rechtsverstössen. Es steht jedem frei, im politischen Raum für eine Veränderung der bestehenden Gesetzeslage zu streiten. Aber – um mal ein Beispiel aus dem Fussball zu wählen – ist der Schiedsrichter das Problem, der den vorsätzlich zutretenden Spieler des Feldes verweist?
Ich wünsche Ihnen eine schöne Arbeitswoche!
MfG
StSch:
Rolf Schälike:
Sehr geehrter Herr Sch.,
zu 1: Die Äußerungsprozesse erfolgen auf Antrag. Zensur begehrt damit der Antragsteller. Das ist der Ausgangspunkt des Zensurbegehrens. Beim Landgericht herrscht Anwaltszwang, damit sind auch die beteiligten Anwälte an der Zensur interessiert. Ansonsten könnten die Anwälte das Mandat ablehnen.
Die Gerichte sind natürlich an der Zensur beteiligt. Allerdings nicht nur die Gericht, auch die Öffentlichkeit, direkt oder über die Politik/Politiker, indem diese in vielen Fällen mehr fordert als das Gericht entscheidet. Ähnlich, wie das bei der Todesstrafe, der Entlassung von Sexualverbrecher aus dem Knast etc. der Fall ist.
zu2: Was in Hamburg, Berlin, Köln und anderswo stattfindet ist Zensur gegen die Verfassung und die Gesetze.
Die Zensurrichter/Innen entscheiden wie Strafrichter. D.h. lässt sich etwas verbieten, so wird verboten, unabhängig von der Betroffenheit der Antragsgegner / Beklagten. Die Betroffenheit des Antragsgegners / Beklagten wird nicht berücksichtigt. So ist es in en Strafverfahren. Laut StPO muss aber der Strafrichter selbst recherchieren, die Wahrheit finden. In den Äußerungsprozesse tun das die Richter/Innen nicht. Die Richter/Richterinnen dürfen nur das berücksichtigen, was die Parteien vortragen.
D.h. die Zensurrichter/Innen handeln wie Strafrichter, nutzen aber die ZPO von Zivilverfahren und nicht die StPO, in der der Gesetzgeber die Rechte und Pflichten von solchen Richten (Strafrichtern) (diese Zensurrichter sind Überzeugungstäter) festgelegt hat.
Zu Schiedsrichter: Auf den Vergleich mit dem Fußballspiel möchte ich nicht eingehen. Falls doch, dann geht es mir nicht um den normalen Fußballschiedsrichter, sondern um den bestochenen. Bestechung im weitesten Sinn kann auch in der Überzeugung / Fanatismus etc. liegen. Nicht umsonst darf wohl bei den Ländersielen kein Richter des am Spiel beteiligten Landes als Schiedsrichter das Spiel führen. Das wäre die Vorschrift aus einer Art Fußball StPO.
Viel Spaß am heutigen Montag
Rolf Schälike
Sehr geehrter Herr Schälike,
wieso sollten Anwälte es ablehnen, Interessen von Mandaten durchzusetzen? Wieso ist es Zensur, wenn berechtigte Anbrüche – in diesem Fall auf Unterlassung von Persönlichkeitsrechten – geltend gemacht werden?
Sie behaupten, “bestochene” Gerichte (wobei Sie eine eigene Definition des Begriffes mitliefern) würden letztendlich Entscheidungen gegen Verfassung und Gesetzeerlassen. Mit Verlaub, ich sehe das anders: ein Rechtssystem bietet nun einmal Auslegungsspielräume, und mit denen muss auch ich mich abfinden – nehmen Sie die Entscheidung der Mannheimer Justiz, ihre Entscheidungen im Kachelmann-Prozess vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.
So weit Sie die Spielregeln des Zivilprozesses ansprechen, so ist dort eben jede Partei selbst dafür verantwortlich, Alles vorzutragen, was zu ihren Gunsten spricht. Jeder weiss das vorher und kann sich darauf einrichten, auch wenn es manchmal schwerfällt (ich erlebe das gerade am eigenen Leibe, habe ich nämlich soeben einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz auf den Tisch bekommen und versuche verzweifelt, dass schon ergangene Urteil in einer Parallelsache aufzutreiben, um substantiiert vortragen zu können – bei einem Termin morgen früh um 10:00 Uhr…).
Gegen Fehlentwicklungen in einem Rechtssystem sollte man sich stellen – aber man wird keine Veränderungen erreichen, wenn man so einseitig argumentiert wie Sie dies tun. Tatsächlich ähneln Verfahrensordnungen den Spielregeln, wie sie auch im Sport Anwendung finden. Und für beide gilt: sie sind durchaus verbesserungsfähig – auch da wieder die Mannheimer Justiz: derjenige, dessen Entscheidung durch das OLG Karlsruhe aufgehoben wurde, sollte sicher nicht darüber entscheiden, ob diese ihn aufhebende Entscheidung veröffentlich wird oder nicht.
Mit freundlichen Grüssen
St. Sch.
Sehr geehrter Sch.,
SSch: Wieso sollten Anwälte es ablehnen, Interessen von Mandaten durchzusetzen?
RS Anwälte übernehmen nicht jedes Mandat, auch wenn es wirtschaftlich von Interesse wäre. Zensurbegehren, erst recht zweifelhafte, übernehmen nicht alle Anwälte. Diese Anwälte werden ihre guten Gründe dafür haben. Nicht jeder Anwalt vertitt Rechte oder Linke. Nicht jeder Anwalt vertritt verurteilte Mörder in den Zensurverfahren. Auch wenn die Rechtslage mehr oder weniger klar ist, und die Finazierung geregelt ist.
SSch: Sie behaupten, “bestochene” Gerichte (wobei Sie eine eigene Definition des Begriffes mitliefern) würden letztendlich Entscheidungen gegen Verfassung und Gesetzeerlassen. Mit Verlaub, ich sehe das anders: ein Rechtssystem bietet nun einmal Auslegungsspielräume, und mit denen muss auch ich mich abfinden
RS: Das ist zu allgemein. Nehmen wir das lustige Beispiel unseres Altkanzlers Gerhard Schröder mit den gefärbten Haaren. In dem damaligen Zensurverfahren musste die beklagte nachweisen, dass die Schröderhaare gefärbt werden. Das konnte sie gemäß ZPO und ohne kriminell zu werden nicht tun. Nach der StPO hätte der Richter eine Probe anordnen dürfen. Da die ZPO das verbietet, darf der Richter nicht einseitig für Gerhard Schröder entscheiden. Denn die beklagte Friseurin hatte gute Gründe von einer Haarfärbung zu sprechen. Sie kann sich geirrt haben. Dann können die Richter meinetwegen die Friseurin verurteilen. Aber es bleibt unklar, hat sie sich geirrt oder nicht. Ich habe auch nichts dagegen, dass auch im Falle einer Haarfärbung das Bekannt machen dieser Tatsache verboten wird. Habe in einer Diktatur gelebt und trotz Zensur nicht schlecht. Nur bei einer solchen Rechtsprechung würde der ZPO genüge getan. Richter Buske hat aber auf der Basis geurteilt, dass nicht nachgewiesen werden kann, dass die Schröderhaare gefärbt werden. Buske verbat etwas, ohne zu prüfen, ob es die Tatsachengrundlagen hergeben.
SSch: Nehmen Sie die Entscheidung der Mannheimer Justiz, ihre Entscheidungen im Kachelmann-Prozess vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.
RS: Hier wurde nach der StPO verfahren. Das ist o.k.
SSch: So weit Sie die Spielregeln des Zivilprozesses ansprechen, so ist dort eben jede Partei selbst dafür verantwortlich, Alles vorzutragen, was zu ihren Gunsten spricht.
RS: Das sind die bekannten Spielregeln der ZPO. Dann sollen aber die Zensurrichter beide Seiten gleichberechtigt sehen. Weshalb wird bei non liquet der eidesstattlichen Versicherungen im Verfügungsverfahren für den Antragsteller entscheiden? Aus welchem Grund besitzt der Antragsteller diesen Vorteil? Wehalb entscheidet der Zivilrichter wie ein Strafrichter, recherchiert aber nicht nach den Vorschriften der StPO?
SSch:… und versuche verzweifelt, dass schon ergangene Urteil in einer Parallelsache aufzutreiben
RS: Weshalb tut das nicht der Richter, und weist nicht an, dass das Urteil zur Sache gebracht wird.
SSch: Gegen Fehlentwicklungen in einem Rechtssystem sollte man sich stellen – aber man wird keine Veränderungen erreichen, wenn man so einseitig argumentiert wie Sie dies tun.
RS: Die Gedanken zur ZPO, StPO, Zivilrichter, Strafrichter etc. haben wenig mit Einseitigkeit zu tun. Das sind Ergebnisse meiner Forschungsarbeit. Die mesiten geschäftlich ausgerichteten Anwälte sind nach ihren vielen Studienjahren und den beiden Staatsexamina betriebslind. Zur Einseitigkeit gehören immer zwei: der eine, der einseitig handelt und denkt, und der andere, der es einseitig empfindet und deutet. Ich bin in der Lage in scheinbar einseitigen und allgemein bekannten Argumenten, zu denen ich die Ihrigen zähle, die Vielseitigkeit des realen Lebens zu erkennen.
SSch: Tatsächlich ähneln Verfahrensordnungen den Spielregeln, wie sie auch im Sport Anwendung finden.
RS: Möchten Sie das Leben so ausrichten, wie ein Fußballspiel, dann haben wir tatsächlich sehr unterschiedliche Interessen. Ich liebe die Freiheit, die Vielseitigkeit, Widersprüche, Auseinadersetzungen etc. Ist in Fassballregeln nicht zu fassen.
SSch: Derjenige, dessen Entscheidung durch das OLG Karlsruhe aufgehoben wurde, sollte sicher nicht darüber entscheiden, ob diese ihn aufhebende Entscheidung veröffentlich wird oder nicht.
RS: Zur Veröffentlichung von Urteilen mit Namensnennung gibt es sehr unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen. Das ist ein konkretes und ein ganz anderes Thema.
Mit freundlichen Grüssen
Rolf Schälike (RS)
Der Schweinchen-Prozess (Promi-Anwälte ./. Schälike)
Richter-Schreck und Anwalts-Nemesis Rolf Schälike hatte es sich vor ein paar Jahren mit einem Berliner Promi-Anwalt verscherzt, der wegen der Berichterstattung insbesondere über von diesem verlorene Prozesse alles andere als erbaut war. Also startete der Berliner Anwalt eine Serie von Abmahnungen, einstweiligen Verfügungen usw., die den renitenten Blogger von seiner Mission abbringen sollten. Was der schlaue Anwalt offenbar nicht wusste, war die Tatsache, dass Schälike seinerzeit Bergsteiger war und die erste Nordpol-Expedition der DDR vorbereitet hatte: Dünne Luft ist für den Mann Alltag, Aufgeben keine Option.
Es entwickelte -sich ein jahrelanger, mit harten Bandagen ausgetragener Kleinkrieg s wissenschaftliches Experiment, der auch über Vasallen geführt wurde. So hatte sich ein beim Promi-Anwalt beschäftigter Anwalt selbstständig gemacht und war ebenfalls in die Schusslinie des Pressebloggers geraten. Also beauftragten sich die beiden Berliner Anwälte jeweils gegenseitig, was für den Gegner gewisse Kosteneffekte hatte. Von seinen Gefechten mit Presse-Anwälten zählt Schälike inzwischen 63 als gewonnen.
Dieser andere Berliner Anwalt hatte das Unglück, dass er bei Berichterstattung über seine Arbeiten stets Karikaturen von Schweinchen auf der Homepage sah, was er auf sich bezog und offenbar für eine Sauerei hielt. Der kultverdächtige Schweinchen-Prozess wurde letzten Freitag vom Berliner Kammergericht in einer aufschlussreichen Verhandlung beendet.
Die beißende Ironie an der ganzen Sache ist, dass es den Anwälten um die Vermeidung peinlicher Prozessberichterstattung auf der Website ging. Doch das genaue Gegenteil haben sie erreicht! (siehe unten)
http://www.google.de/imgres?q=rolf+sch% ... s:51,i:238
Sonnenschein+8+ hat geschrieben:was läuft dort schief? wenn ich die letzten beiträge so lese von Branka usw dann frage ich mich schon ob das ales mit rechten dingen zu geht.
Sui hat geschrieben:Ein kleines Suilein,
das wurde endlich wach,
es konterte der Stalkerin,
da waren es nur noch acht.
Ein kleines Alilein, das
drohte gar zu siegen,
da spielten dann die Mods nicht mit,
da waren es nur noch sieben.
Ein kleines Katerlein,
das war einfach zu schlau,
es miaute aus was Sache war,
da kam die Schrift in blau.
Einer für alle, alle für einen
Wenn einer fort ist, wer wird denn gleich weinen
Einmal triffts jeden, ärger dich nicht
So gehts im Leben, du oder ich
Anwalt Schertz verliert gegen »Stalker«
18. März 2010
Vorbemerkung: Die Kanzlei von Christian Schertz hat mich in mehreren rechtlichen Auseinandersetzungen vertreten; er hat mich und BILDblog unterstützt. Ich habe mich jedoch vor einiger Zeit entschlossen, seine Dienste nicht mehr in Anspruch zu nehmen.]
Der prominente Berliner Medienanwalt Christian Schertz ist gestern vorläufig mit dem Versuch gescheitert, einen hartnäckigen kritischen Berichterstatter gerichtlich zum »Stalker« erklären zu lassen und dadurch mundtot zu machen.
Es ist eine in vielfacher Hinsicht bizarre und beunruhigende Auseinandersetzung. Schertz fühlt sich von Rolf Schälike verfolgt, einem Mann, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die Verhandlungen der Hamburger und Berliner Pressekammern zu dokumentieren, in deren Rechtssprechung er regelmäßig eine Einschränkung der Meinungsfreiheit sieht und die er »Zensurkammern« nennt. Die Kanzlei Schertz Bergmann und andere nennt er entsprechend »Zensurkanzleien«, Schertz selbst einen »Zensurguru«.
Schertz hat Schälike, der im Gerichtssaal bei den Verhandlungen mitprotokolliert und meist schwer verständliche Texte auf seiner Seite »Buskeismus« veröffentlicht, mit einer Flut von Klagen überzogen. Es geht dabei nicht nur um (angebliche oder tatsächliche) Beleidigungen, sondern auch um die Frage, ob es ein so einflussreicher Anwalt hinnehmen muss, dass sein Vorgehen vor Gericht dokumentiert und somit einer kritischen Bewertung durch die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Nachdem Schälike dann natürlich auch über die Prozesse berichtet hat, die diese Frage verhandeln, ist Schertz auch dagegen vorgegangen. Im Klartext: Er versucht Schälike nicht nur zu untersagen, über ihn zu berichten; er versucht auch, ihm zu untersagen, darüber zu berichten, dass er versucht, ihm zu untersagen, über ihn zu berichten.
Der 71-jährige Rolf Schälike ist ein anstrengender Mensch, der sich mit einem gewissen Wahn dem Thema widmet und dabei zweifellos häufiger über das Ziel hinaus schießt. Aber auch das Verhalten von Christian Schertz lässt sich rational kaum noch erklären. Er aber geht nicht nur gegen Schälike vor, sondern nach meiner Überzeugung auch gegen die Meinungsfreiheit. (Er hat sogar versucht, gegen einen Artikel in der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« über Schälike vorzugehen, in dem er namentlich nicht einmal genannt wird, weil er meinte, dass Leser glauben könnten, er stecke hinter dem anonymen Zitat eines anderen Anwaltes.)
Anfang 2009 griff Schertz, offensichtlich beeindruckt von der Renitenz Schälikes, der sich auch durch horrende Rechtskosten nicht einschüchtern ließ, zu einem neuen, originellen und drastischen Mittel: das Gewaltschutzgesetz. Es ist erst vor wenigen Jahren verabschiedet worden, um Opfer von häuslicher Gewalt und Stalkern besser zu schützen. Der mächtige Anwalt Christian Schertz erklärte sich zum Stalking-Opfer des Bloggers Rolf Schälike und forderte den Schutz des Staates. Er berief sich dabei auf die Gesetzes-Formulierung, wonach ein Gericht ermächtigt ist, gegen jemanden vorzugehen, der »eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt«. Belästigt fühlte sich Schertz unter anderem durch eine E-Mail Schälikes und eine merkwürdige Weihnachtskarte.
Das Amtsgericht Charlottenburg lehnte die von Schertz beantragte einstweilige Verfügung gegen Schälike ab, das Landgericht Berlin gab sie ihm, allerdings mit einer Befristung auf sechs Monate. Es verbot Schälike unter anderem, in dieser Zeit »in irgend einer Form Kontakt zu dem Antragsteller aufzunehmen, etwa durch persönliche Ansprache, Telefonat, Fax, SMS, Email, Grußkarten oder Briefsendungen« sowie sich Schertz »auf weniger als 50 m zu nähern; bei zufälligen Begegnungen ist der Abstand von 50 m durch den Antragsgegner unverzüglich wieder herzustellen«. Damit durfte sich Schälike auch nicht mehr im Gerichtssaal aufhalten, wenn Schertz anwesend war.
Diese Verfügung wurde sechs Wochen später, am 28. April 2009, nun wieder vom Amtsgericht Charlottenburg gekippt, wogegen Schertz Berufung einlegte.
Schertz Berufungsantrag wurde nun gestern vom Landgericht Berlin als unzulässig abgelehnt.
Es scheint, als wären Schertz dabei seine eigenen juristischen Kniffe zum Verhängnis geworden. Die Richterin machte deutlich, dass sie das Vorgehen seiner Kanzlei höchst zweifelhaft fand. Schertz forderte im Grunde, eine einstweilige Verfügung wieder in Kraft zu setzen, die aber ohnehin nicht mehr gelten würde, weil ihre sechsmonatige Befristung längst abgelaufen ist. Seine Rechtsvertreterin (Schertz war selbst nicht anwesend) verwickelte sich beim Versuch, ihren Berufungsantrag nachträglich so umzuformulieren, dass sie vom Gericht nicht sofort aus formalen Gründen abgewiesen wird, in heillose Widersprüche. Ursprünglich hatte sie gefordert, dass die Stalking-Vorgaben für Schälike unbefristet gelten sollen. Dann sprach sie davon, dass sechs Monate, wie sie das Landgericht vorgegeben hatte, ausreichten: In dieser Zeit der Zwangstrennung könne Schälike ja vielleicht vernünftig werden. Diese sechs Monate müssten aber natürlich ab jetzt erst gelten, nicht vom Zeitpunkt im vergangenen Jahr, zu dem die einstweilige Verfügung erlassen wurde.
Ihre Argumentation war außerordentlich perfide: Wie notwendig und positiv die einstweilige Verfügung sei, zeige sich daran, dass sie auf Schälike offenbar »starke Wirkung« gehabt habe, sagte sie. — Als könnte die »starke Wirkung«, nämlich die gewaltige Empörung des Gegners, nicht auch damit zu tun haben, dass sich jemand, der sich bloß als radikaler Kämpfer für Transparenz und Meinungsfreiheit sieht, plötzlich vorwerfen lassen muss, er sei ein »Stalker«. Oder damit, dass Rolf Schälike mangels Meinungsfreiheit in der DDR zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde und zehn Monate im Stasi-Gefängnis saß, und es einfach nicht fassen kann, dass ihm in der Bundesrepublik sein Recht auf freie Meinungsäußerung in solcher Form genommen werden soll.
Bemerkenswert ist auch, dass die ganze Sache nach weit über einem Jahr immer noch im einstweiligen Verfahren verhandelt wird, das eigentlich nur dafür da ist, Entscheidungen vorläufig und auf die Schnelle zu treffen. Eberhard Reinecke, der Anwalt von Rolf Schälike, sah darin den Versuch, eine »ordnungsgemäße Beweisaufnahme zu verhindern«. Zu einer solchen Verhandlung, in der zum Beispiel anhand von Zeugenaussagen geklärt würde, was an den Stalking-Vorwürfen von Schertz gegen Schälike dran ist, käme es erst in einer Hauptverhandlung. Dazu müsste Schertz in der Hauptsache klagen, was ihm auch das Gericht nahelegte. »Sie können nur gewinnen, wenn Sie überfallartig arbeiten«, warf Anwalt Reinecke der Vertreterin von Schertz vor, weil dessen Kanzlei nach Monaten der Funkstille einen Tag vor der Verhandlung plötzlich einen gewaltigen Schriftsatz produziert hatte.
Am Ende hätte sich Schertz‹ Kanzlei diese Papierverschwendung sparen können: Das Landgericht urteilte gar nicht in der Sache, ob das Verhalten von Schälike Schertz gegenüber als »Stalking« im Sinne des Gesetzes gewertet werden kann (was die Vorinstanz für mich überzeugend verneint hat). Es lehnte die Berufung schon aus formalen Gründen ab. Im Gerichtssaal in Berlin-Mitte erschien das wie eine besonders peinliche Form der Niederlage für die vermeintlichen Rechtsprofis der Kanzlei Schertz Bergmann.
PS: Christian Schertz hat mir gegenüber gestern nicht nur angekündigt, jeden Satz in diesem Text auf sachliche Fehler zu prüfen und gegebenenfalls dagegen juristisch vorzugehen. Der bekannte Anwalt glaubt außerdem, dass sein Geschäftsgebaren nicht öffentlich erörtert werden dürfe. Er behielt sich ausdrücklich vor, gegen diesen Eintrag rechtlich vorzugehen, wenn ich ihn nicht anonymisiere.
Ich bin überzeugt, dass es legitim ist, seinen Namen zu nennen. Schertz tritt regelmäßig als Experte für Medienrecht öffentlich auf. Der Versuch, das Gewaltschutzgesetz zu nutzen, um gegen wiederholte Äußerungen von Kritikern vorzugehen, ist, neutral formuliert, innovativ — eine Tatsache, auf die Schertz selbst stolz ist. Und wenn Schertz sich mit seinem Vorgehen durchsetzt, wonach es zum Glück gerade nicht aussieht, stellt das eine ernste Bedrohung der Meinungsfreiheit dar.
Immerhin hat das Landgericht Berlin Anfang des Jahres in einer anderen Sache Schertz ./. Schälike geurteilt, dass der Anwalt kritische Berichterstattung akzeptieren müsse: Ein Gewerbetreibender habe eine der Wahrheit entsprechende Kritik an seinen Leistungen grundsätzlich hinzunehmen. Für Anwälte gelte nichts anderes.
Nachtrag, 14:20 Uhr. Janus hat ein schönes, altes Zitat von Schertz zum Thema ausgegraben. Im April 2005 berichtete die Nachrichtenagentur ddp:
Der Berliner Medienanwalt Christian Schertz hat den am Freitag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgestellten Entwurf für ein Stalking-Gesetz kritisiert. Das Gesetz sei handwerklich unsauber, sagte Schertz der »Berliner Zeitung« (Samstagausgabe) laut Vorabbericht. Es enthalte Formulierungen, die zu wenig präzise seien.
»Im Strafrecht muss der Bürger genau wissen, wann er eine Straftat begeht«, sagte Schertz. Der Entwurf von Zypries sieht vor, für andauernde Belästigungen wie ständige Anrufe oder das Auflauern vor der Haustür eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu verhängen. Dafür müsse das Stalking-Opfer »schwerwiegend und unzumutbar« in seiner Lebensgestaltung beeinträchtigt sein. »Wann beginnt da der Tatbestand?« kritisierte Schertz die Formulierung.
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/an ... n-stalker/
Inzwischen Orwell-ähnliche Zustände
Konnte man früher nur für das belangt werden, was man tatsächlich gesagt hatte und musste sich nicht darum scheren, dass die Zuhörer oder Leser weiterdenken, so kann heute bereits eine Assoziation des Richters ausreichen, um ein Verbot einer unklaren Äußerung durchzusetzen. Man darf also noch frei denken, nicht aber seine Mitmenschen durch Andeutungen denkend machen. Schützenswerte Persönlichkeitsrechte - deren Umfang gesetzlich nicht fixiert ist - billigen Richter sogar juristischen Personen wie Firmen zu. Verdachtsberichterstattung, Enthüllungsbücher und kritischer Journalismus sind inzwischen ohne einen dicken Etat für Prozesse kaum noch möglich. Von Ironie, Übertreibungen und Anspielungen ist abzuraten. Voraussagen lassen sich Urteile inzwischen selbst von Experten nicht mehr.
Hätte es für diese Orwell-ähnlichen Zustände ein Gesetzgebungsverfahren gegeben, es wäre wohl zu einem ähnlich lauten Aufschrei gekommen wie kürzlich zu der von Schäuble geforderten Lizenz zum Töten. Die schleichende Beschneidung der Meinungs- und Pressefreiheit wurde dagegen nur von wenigen wahrgenommen. Ihre Auswirkungen kann die Allgemeinheit naturgemäß nicht spüren: Was man nicht kennt, kann man schwerlich vermissen.
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=11221
UNBEUGSAMER KÄMPFER
Medienanwälte bevorzugen Hamburg und Berlin
Staunend lernte Schälike, dass sich die Hamburger Presserichter für ganz Deutschland zuständig halten, ggf. sogar für Österreich, England und Russland. Im Presserecht darf nämlich grundsätzlich überall geklagt werden, wo ein Druckwerk angeboten wird bzw. ein Rundfunkanbieter empfangbar oder eine Website abrufbar ist. Ausreichend ist etwa, wenn eine Zeitung im Hamburger Bahnhofskiosk mit einem einzigen Exemplar vertreten ist. Da sich die Hamburger und neben ihnen auch die Berliner als die verbietungsfreudigsten Richter herumgesprochen haben, klagen Medienanwälte bevorzugt dort. (Das hat auch die NRhZ-Redaktion gelegentlich erfahren. Siehe u.a. NRhZ 83 „Solidaritätsfonds gegründet“, PK.)
Den Hamburger Presseanwälten ist der selbsternannte Gerichtsreporter nicht geheuer. Die meisten verweigern ihm kategorisch das Gespräch. Einer versuchte es gar mit Prozessen, Schälike einzuschüchtern, während sich ein anderer über die Wahl seiner Mittel unklar ausdrückt – was nach Hamburger Gepflogenheiten ja als äußerungsfeindlich, also als Drohung auszulegen wäre. Nachdem sich aber herumgesprochen hatte, dass Schälike für seine große Klappe den Gang ins Gefängnis nicht scheut, gingen entsprechende Einschüchterungsversuche zurück. Dass man über Klägeranwälte bei Schälike nur selten Schmeichelhaftes liest, darf in diesem Zusammenhang auch nicht verwundern. Seinen Experimenten ist die Entdeckung zu verdanken, dass die Veröffentlichung von Anwaltsschreiben nicht mehr wegen Verstoßes gegen Urheberrecht verboten wird, sondern eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sein soll.
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=11221
Prominentenbaum – berühren verboten
Cartoon: Lurusa Gross
Realsatire aus dem Gerichtssaal
Die richterliche Zensur führt Schälike als Realsatire vor: Alle Äußerungen, die von den Hamburger Richtern verboten werden, verbreitet Schälike auf seiner Website erst recht - was bei entsprechender Distanzierung durchaus zulässig ist. Was immer also teure Anwälte in Hamburg aus der Welt schaffen sollen, bringt Schälike der Welt zurück und führt das Theater stur ad absurdum. Äußerungen und Bilder im Internet können dank Schälike nicht mehr wirksam beseitigt werden, sie erhalten nur einen anderen Gastgeber. Gipfel der Ironie ist, dass Äußerungen, die sonst niemand beachtet hätte, durch untaugliche Zensurversuche nun erst recht Aufmerksamkeit erhalten. Viele Verfahren, etwa solche, die als Vergleiche enden, finden mangels druckfähigen Urteils nie den Weg in die Fachpresse, sehr wohl aber auf Schälikes justizkritische Seite. Außerdem bietet der Gerichtsreporter auch skurrile Anekdoten.
Der Gerichtsreporter und die Kammer des Schreckens
Markus Kompa 19.07.2007
Freiheitskämpfer Rolf Schälike leistet passiven Widerstand gegen die Pressejustiz
http://www.heise.de/tp/artikel/25/25721/1.html
Samstag,
23.06.2012
05:26 Uhr
Sehr geehrte Frau Schwarzer,
offensichtlich scheint man in diesem Land (Deutschland) in unseliger Weise Extremwerten aufgesessen zu sein, die aus diesem Land einfach nicht herauszukriegen sind.
Scheinbar konnten Frauen - und das rechtlich beglaubigt! - bis in die siebziger Jahre vom entsprechenden "Ehemann" willkürlich behandelt werden. Das betraf sowohl die Ehe als solche als auch gelegentliche Nebenjobs der Frau, die der männliche Partner jederzeit beenden konnte, vermochte er der "Haushaltspflicht" seiner "Unterjochten" nicht mehr die nötige Bedeutung beizumessen.
Das, was meiner Generation unglaubwürdig und lächerlich erscheint, war tatsächlich damals noch gängige Praxis.
Nun kommt es zu gesellschaftspolitischen Erscheinungen, die mit Recht einem solchen "groben Unfug" ein Ende bereiten wollen. Die entsprechenden Protagonistinnen wurden gerade in den achtziger Jahren von einer gewissen Journaille dabei als zahnhaarige Monster diffamiert, ungeachtet dessen, ob es sich dabei um äußerst vielschichtige, humorvolle Kämpferinnen handelte - oder vielleicht gerade deshalb?
Deutschland, 2012: Ein äußerst fragwürdiger Humor, kurz "Stand Up Comedy" genannt, der nichts mit einer dummen Zeiterscheinung, sondern vielmehr etwas mit einem konservativ-rückschrittlichen und damit antidemokratischen Prozess zu tun hat, übt sozialfeindliche Angriffe gegen Frauen, Minderheiten, Sozial Schwache, Behinderte und Alte.
Und eine Mehrheit an Deutschen findet wieder Gefallen daran und lacht, lacht, lacht... .
Dieses Land hat etwas Unseeliges, und diese Unseeligkeit rührt an Vorkommnisse, wie sie gerade einmal vor knapp achtzig Jahren in diesem Land griffen. Und diesen braungekleideten Denk-Deckmantel kriegen Sie aus dieser Gesellschaft nicht heraus, da sind sich diejenigen, die im Hintergrund aushecken und planen, schon längst einig... .
Dieter Walter M.A.
(Dt. Phil./PolWiss.)
Sprecherzieher
Mediengestalter
http://www.aliceschwarzer.de/gaestebuch ... uch-start/
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