Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Hier wird das Problem des zunehmend mangelhaften Schutzes der Bürger vor Gewalttaten und dessen verfassungsrechtliche Relevanz erörtert. (Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 GG)

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Beitragvon AlexRE » Do 3. Feb 2011, 15:55

In der jüngsten Zeit hatte ein erheblicher Teil der "Aufreger" in der Forenwelt über Urteile von Strafgerichten mit der Anwendung von Vorschriften des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches zu tun. Ich lege deshalb eine Sammlung solcher Fälle hier an. Zunächst ein aktueller Aufreger, wegen dieses Falles wurde gestern auf einem größeren Forum über die "Abschaffung des gemeinschaftlichen Mordes" in Deutschland diskutiert:

Baby totgeschüttelt – Eltern freigesprochen

(...)

Wie kann das sein? Nach Ansicht des Dortmunder Landgerichts steht zwar fest, dass die Eltern das zur Tatzeit vier Wochen alte Baby zu Tode geschüttelt haben. Es ist aber nicht klar, wer von beiden die Tat begangen hat. Die Urteile erfolgten deshalb nach dem Grundsatz: Im Zweifel für die Angeklagten.

(...)

Der Richter sagte: „Die Öffentlichkeit muss ertragen, dass – wenn man nicht weiß, wer der Täter ist – beide Angeklagte zwingend freizusprechen sind.“


Quelle: express.de

Leider geht aus dem Artikel nicht hervor, ob das Gericht eine mögliche Straftat durch Unterlassen desjenigen Elternteils geprüft hat, der die Tat nicht begangen hat. Vielleicht findet sich ja irgendwann noch eine informativere Quelle im Netz.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon AlexRE » Do 3. Feb 2011, 16:17

Im obigen Fall hatte auch der Staatsanwalt auf Freispruch plädiert. Hier jedoch hatte der Staatsanwalt eine Verurteilung zu 9 Jahren Gefängnis wegen Mordes beantragt:

Kamp-Lintfort/Moers. Es gibt Urteile, mit denen selbst die Richter mehr als unzufrieden sind. Im Prozess um den Tod eines Obdachlosen am Pappelsee in Kamp-Lintfort fiel am Montag ein solches Urteil: ein Jahr auf Bewährung für einen 17-Jährigen.

„In dubio pro reo gilt auch, wenn es der Kammer weh tut“, sprach der Vorsitzende Richter Johannes Huismann und damit einen 17-Jährigen aus Kamp-Lintfort vom Vorwurf des Mordes frei. Das Urteil lautete: ein Jahr auf Bewährung wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung.


Quelle: derwesten.de

In diesem Fall hätte ich an der Stelle des Staatsanwaltes Revision eingelegt. Selbst wenn der Haupttäter die letztendlich tödlichen Schläge nicht selbst ausgeführt haben sollte, hätte er als "Bandenchef" die weiteren Gewalteinwirkungen durch seine Kumpels leicht verhindern können. Deshalb hat er den Mord zumindest durch Unterlassen begangen (§§ 211, 13 StGB), wer eine Gefahrensituation rechtswidrig herbeiführt, hat eine Garantenpflicht aus Ingerenz.
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Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon Hase » Fr 4. Feb 2011, 16:42

Hier noch ein Link zur Zivilcourage... :(

http://www.tz-online.de/aktuelles/muenc ... 22259.html
Hase
 

Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon AlexRE » So 13. Feb 2011, 17:36

Hase hat geschrieben:Hier noch ein Link zur Zivilcourage... :(

http://www.tz-online.de/aktuelles/muenc ... 22259.html



Auszug aus dem tz-online - Artikel:

Es ist der Moment, in dem Uwe W. aufsteht – und den Frauen hilft. Der Schläger steht noch bei den Frauen. Er schreit sie an, beleidigt sie. In einer erhobenen Hand hält er die Bierflasche. Um das Geschehen herum stehen drei, vier junge Leute. „Sie waren unschlüssig, haben nur beobachtet.“ Uwe W. erreicht die niedergeschlagene Frau. Blut fließt ihr aus einer Platzwunde, ihre Hände hält sie schützend vor den Kopf. Neben ihr steht ihre Bekannte. Sie hat einen Schock – und Angst. „Ich dachte, der geht jetzt auch auf mich los. Ich war froh, dass Herr W. plötzlich da stand“, sagt Gabi D. (61).

Es kommt zu einem Gerangel, Savas K. drückt Uwe W. weg, schlägt ihm mit einer Faust gegen die Brust, in der anderen Hand hält er immer noch die Bierflasche. Da gibt der Polsterer gibt dem Schläger einen kräftigen Schubs – es ist der Moment für den der gelernte Polsterer später bestraft werden soll.


Wohlgemerkt, der Aggressor hatte immer noch die Bierflasche in der Hand, mit der er zuvor eine Frau lebensgefährlich verletzt hatte. Da der Aggressor aber nach dem Schubser ins Gleisbett gefallen ist und sich die Hand gebrochen hat, ist der Helfer im Gegensatz zu dem verstorbenen Dominik Brunner nicht mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden, sondern zum Straftäter erklärt und der Krankenkasse des Aggressors als Adresse für Regressansprüche anempfohlen worden. Der Mann arbeitet ja und ist als Ressource für öffentliche Kassen viel zu wichtig, als dass man sich leisten könnte, seine Grund - und Menschenrechte allzu groß zu schreiben und auf Kollisionskurs mit fiskalischen Staatsinteressen zu führen.

Ganz anders sieht es mit dem Notwehrrecht asozialer Aggressoren aus (bei denen sowieso nichts zu holen ist), zur Meidung kostspieliger Knastaufenthalte ist die Justiz schon einmal großzügig im Umgang mit dem Notwehrrecht.

Hamburg-City – Schreie, Buhrufe, Pfiffe aus dem vollbesetzten Zuschauerraum unterbrechen Richterin Birgit Woitas (48) immer wieder, als sie ihr Urteil begründet.

Ein stattlicher Mann wird nach einer Prügelattacke zum Pflegefall. Und die Angeklagten (30, 33) kommen mit einer Geldstrafe davon.

(...)

29. Mai gegen 23.50 Uhr, Bahnsteig Niendorf-Markt. Patrick W. (30) spricht in Begleitung seines Kumpels Nehat H. (33) Frauen an – ordinär, anzüglich. Als er auch die Freundin von Matthias R. (40) ins Visier nimmt, steht dieser auf: „Jetzt reicht es.“

W. reagiert mit einem Tritt gegen die Brust des an die zwei Meter großen Mannes. Als dieser keine Wirkung zeigt, schlägt Nehat H. zu.

(...)

Der Staatsanwalt hatte Haftstrafen wegen gefährlicher Körperverletzung gefordert. Allein die Richterin sieht das anders. R. habe „die Angeklagten ungerechtfertigt provoziert“. Diese seien in einer „Notwehrlage“ gewesen!


Quelle: bild.de

Interessant finde ich übrigens, dass die "Schreie und Buhrufe" im Gerichtssaal inzwischen "milden" Urteilen gelten, ich kann mich noch an die Zeiten von Ronald Schill als Strafrichter in Hamburg erinnern. Da war es genau umgekehrt, der hat den Gerichtssaal als "Richter Gnadenlos" in Empörung versetzt....
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Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon Ricarda » So 13. Feb 2011, 18:16

Dieselbe Richterin hat unlängst ein zweites Mal zugeschlagen:

http://www.bild.de/BILD/regional/hamburg/aktuell/2011/02/12/fall-neuwiedenthal/hier-grinst-der-polizisten-schlaeger-ueber-seine-freilassung.html


Ihr Gunsterweis in Form einer Haftverschonung gilt dieses Mal dem 17 mal vorbestraften Amor S. , bei dem sie keine Fluchtgefahr zu erkennen vermag. Sein Anwalt hält ihn auch für „sozial integriert“.

Aus dem Bericht:

„Am 26. Juni 2010 hatte eine Streife am Bahnhof einen „Wildpinkler“ angesprochen. Die Situation eskalierte. Ein Mob warf mit Steinen und Flaschen, fünf Beamte mussten ins Krankenhaus. Ein Polizist erlitt durch einen Fußtritt lebensgefährliche Schädelbrüche. Mutmaßlicher Täter: Amor S.!
Derzeit muss er sich deswegen vor dem Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre Haft.“

Dass er trotzdem auf freien Fuß gesetzt wurde, bestätigt seinem Umfeld sicherlich, dass auch weiterhin auf Milde gehofft werden kann, wenn man es schafft, sein Umfeld in Angst und Schrecken zu versetzen.
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Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon AlexRE » Di 15. Feb 2011, 14:28

Vom privaten Forum herüberkopiert:

Uel hat geschrieben:

... unerklärlich, das Ganze mit solchen Richtern, wenn man mit normalen Begründungen nach der Ursache sucht. Wenn man sich davon aber frei macht, fallen mir spontan 2 Beweggründe ein:

1. Der Richter, der einfach Angst hat. Er glaubt sich, Familie und Verwandtschaft nicht mehr sicher, wenn er den Täter seinen Taten entsprechend gerecht verurteilen würde. Aber er ist dann auch zu unaufrichtig, um sich selbst als befangen zu erklären. Und es gibt sicherlich keine Organisationsform, die sich dieser Fälle anonymisierend annehmen würde.

2. wir gehen bei Richtern davon aus, dass sie an Gerechtigkeit und guter Ausführung ihres Jobs interessiert sind. Was aber, wenn da jemand ist, der Freude an der Böswilligkeit hat wie Sadisten am Quälen von Menschen. Was wäre mit einem Richter, der sich nach jedem Urteil selbst feiert, wenn er folgenlos für sich es geschafft hat, schreiendes Unrecht zu sprechen. Er hat den Staat, das Rechtssystem, die Bürger und die Opfer verhöhnt und es bleibt ohne Folgen, besser noch, er bekommt monatlich bis an sein Lebensende immer ausreichend viel Geld überwiesen. Wenn das nicht Allmachtsphantasien von kranken Persönlichkeiten befeuern kann.


Man kann diesen Richtern natürlich nur vor den Kopf schauen und nicht hinein, ich halte dennoch beide Erklärungsansätze für falsch.

1. Wenn es oft vorkäme, dass Richter von Gewaltkriminellen bedroht werden, würde man aus den Medien davon erfahren. Selbst wenn das so wäre, würde das m. M. n. nicht zu besonders milden Urteilen gegen die Bedroher führen, eher im Gegenteil. Ich kann mich noch an die Zeit des RAF - Terrors in den 70ern erinnern, da wohnte zwei Häuser von uns entfernt ein OLG - Strafrichter, der auch mit solchen Fällen zu tun hatte. Da waren zwar häufiger Polizeistreifen zu sehen als in anderen Ecken, aber wirklich akut bedroht fühlte sich da kaum jemand, obwohl man im Gegensatz zu ordinären Straßenschlägern RAF - Terroristen tatsächlich zutrauen konnte, Richter anzugreifen.

2. Ich glaube auch nicht, dass jemand aus reiner Machgeilheit und Freude an Willkür und Unrecht den Aufwand eines mit Prädikat abzuschließenden Jurastudiums betreibt. Dieser Neigung können verbrecherische Naturen mit scharfem Verstand weniger aufwändig und auf finanziell lukrativere Art und Weise nachgehen.

Die einzige schlüssige Erklärung für völlig unverständliche Urteile scheint mir eine ideologisch verzerrte Wahrnehmung rechtssoziologischer / kriminologischer Gesichtspunkte zu sein, wenn nicht tatsächlich die in meinem obigen Beitrag etwas provokativ angeführten platten ökonomischen Gesichtspunkte eine Rolle spielen.

Eine ganz spezielle - unzulässige - Motivation könnte in Fällen äußerst restriktiven Umgangs mit dem Notwehrrecht hinzukommen: Man will einer Eskalation der Gewalt in der Öffentlichkeit und Selbstjustiz vorbeugen, kann die typischen kriminellen Aggressoren aber nicht wirksam abschrecken, also hält man sich an die Notwehr übenden Normalbürger, die sich eine berufliche Existenz aufgebaut haben und mit einer Gefängnisstrafe sehr viel mehr riskieren als asoziale Kriminelle.
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Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon Ricarda » Di 15. Feb 2011, 15:23

Vor anderthalb Jahren hat die Richterin Birgit Woitas ein Urteil gesprochen, das zeigt, dass sie durchaus auch mal härter durchgreifen kann, zweifellos zu Recht. Fraglich ist eben bloß, weshalb sie das jetzt nicht mehr tut.

Zum damaligen Fall:

http://www.abendblatt.de/hamburg/article1060162/Annas-Martyrium-Zuhaelter-muss-zwoelf-Jahre-in-Haft.html

Das Urteil richtete sich gegen einen Zuhälter, der eine junge Polin zwei Jahre lang gequält und zum Anschaffen gezwungen hatte.

Damals sagte sie, sie wolle ein Zeichen setzen.
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Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon AlexRE » Do 17. Feb 2011, 20:32

Anlässlich der jüngsten schweren Gewalttat in Berlin, dem Raubüberfall einer Jugendbande auf zwei Handwerker mit der Folge lebensbedrohlicher Verletzungen für einen der beiden Überfallenen, hat der Weiße Ring die Untätigkeit der meisten Zeugen dort scharf kritisiert und fordert eine Kampagne der Bundesregierung sowie die strafrechtliche Verfolgung der Betreffenden wegen unterlassener Hilfeleistung:

Weißer Ring fordert Kampagne für Zivilcourage

Vier Jugendliche schlagen einen Mann ins Koma. Menschen gehen an dem Szenario vorbei. Niemand greift ein. Nur einer der Passanten ruft einen Krankenwagen. So hat sich der brutale Überfall in der Berliner U-Bahn wohl zugetragen. Die Hilfsorganisation Weißer Ring fordert die Regierung auf, Projekte zu fördern, die Zivilcourage stärker in der Gesellschaft verankern.

(...)

"Zivilcourage ist Bürgerpflicht - notfalls muss das auch eingefordert werden", unterstrich der Sprecher des Weissen Rings. Doch der Paragraph im Strafgesetzbuch zu unterlassener Hilfeleistung sei "so gut wie nie im Einsatz". Rüster warnte davor, sich an Kriminalität im Alltag zu gewöhnen. Auch wenn jetzt über den Berliner Fall diskutiert werde - "bald wird wieder zur Tagesordnung übergegangen - bis zum nächsten erschütternden Fall", befürchtete er. Nach Beobachtungen der Organisation habe das Wegsehen "tendenziell zugenommen".


Quelle: stern.de

Bei allem Respekt für den Weißen Ring finde ich persönlich jegliche Kritik an untätigen Zeugen ohne Erwähnung der aktuellen Rechtsprechungstendenz, auf teilweise haarsträubende Art und Weise Notwehrexzesse zu konstruieren, völlig unangemessen.

Wenn in diesem aktuellen Fall z. B. ein Zeuge die Jugendlichen mit Gewalt daran gehindert hätte, den Handwerker schwer zu verletzen, dann wären die vier 14 - 17 - jährigen Jugendlichen nach der heutigen Rechtsprechung des BGHSt (siehe Informatikstudent Sven) von hemmungslosen Gewaltverbrechern zu körperlich unausgereiften und gegenüber dem Helfer einen halben Kopf kleineren Bubis mutiert.

Wenn jetzt auch noch die Rechtsprechung zur unterlassenen Hilfeleistung verschärft würde, hätte ein anwesender wehrhafter Mensch praktisch keine Handlungsalternative mehr, die nicht kriminalisiert würde. Er hätte also nicht die Freiheit, sich zwischen Recht und Unrecht zu entscheiden.
Der Stuttgarter OB Rommel:

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Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon Ricarda » Do 17. Feb 2011, 22:12

Zivilcourage ist ja schön und gut, aber leider verschweigt der Weiße Ring in diesem Zusammenhang, dass schon mehrfach Personen, die Nothilfe geleistet oder sich selbst gewehrt haben, wegen Körperverletzung verurteilt wurden, weil vor Gericht die Täter-und die Opferrolle gewissermaßen vertauscht wurde.

Es kommt noch so weit, dass man, wenn man keine Hilfe leistet, wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt wird, und bei Hilfeleistung wegen ungerechtfertigter Überschreitung der Notwehr dran ist.

Man kann also nur noch schnellstens weglaufen, wenn sich irgendwo ein Tumult anbahnt.
Ricarda
 

Re: Notwehr, Mittäterschaft & Co. - Fallsammlung

Beitragvon Uel » Fr 18. Feb 2011, 15:32

… halte ich auch für eine verpasste Chance des „Weißen Rings“.

Es muss ein gesellschaftlicher Konsens angestrebt werden, dass der Zur-Hilfe-Kommende oftmals nur Amateur im Gegensatz zum Profitum des geübten und trainierten Mehrfachtäters ist.
Daher ist diesen Nicht-Profis ein Bonus an überreagierender Härte bei Gericht grundsätzlich zu zugestehen, im Gegensatz zum Wiederholungstäter, der seine Aktionen durch sein Geübtsein viel genauer „dosieren“ kann. Kriminelle hingegen als Wiederholungstäter müssten also grundsätzlich mit einem Malus wegen überdosierter Härte betrachtet werden.

Was machen unsere Gerichte? Natürlich wie gewohnt das Gegenteil!

Die Aktionen eines Zur-Hilfe-Kommenden wird mit einer Genauigkeit juristisch überprüft, als habe er jahrzehntelanges körperliches Training als Polizist und juristische Routine im Abwägen von Sachverhalten als Staatsanwalt genossen!

Solange wir nicht zu einer solchen Neubewertung der Kräfte beim Zur-Hilfe-Kommen gelangen, kann man nicht ernsthaft überhaupt soetwas wie Zivilcourage einfordern, denn spätestens vorm Gericht bedeutet Zivilcourage bei zynischen Juristen Zivilverarsche.
Liebe Grüße
von Uel

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