Dieses Thema habe ich heute auf dem Portal Bürgermeinungen eröffnet:
Vor ein paar Tagen kam eine Mandantin zu mir mit einem Beratungsschein, weil sie kaum weiß, wie sie für ihr 1-jähriges Kind die Milch kaufen soll. Ihrem Freund war für drei Monate die Grundsicherung gestrichen worden, weil er einen Vorstellungstermin bei MacDonalds verschlafen hat und danach nicht hinreichend zerknirscht war; die Widerspruchsfrist war leider schon abgelaufen.
Ich stellte schnell fest, dass die ARGE vor Anmietung der Wohnung bestätigt hatte, dass Größe und Kosten angemessen sind, aber in den letzten Monaten 120 Euro weniger für Wohnkosten beim Bedarf berücksichtigt hatte, obwohl die Komplettmiete überwiesen wurde.
Nachdem ich mich eingeschaltet hatte, stellte sich heraus, dass die Wohnung als angemessen galt, weil alle Bewohner des Hauses die Miete mindern – um besagte 120 Euro monatlich. Die ARGE-Mitarbeiterin berichtete, der Hauseigentümer habe gewechselt und danach habe man ab März diesen Jahres versehentlich die ungekürzte Miete überwiesen. Ab Oktober werde man nun wieder kürzen, aber die Differenz müsse meine Mandantin sich beim Vermieter halt wieder holen.
Ich habe der ARGE gemäßigt freundlich mitgeteilt, dass sich meiner Meinung nach derjenige sich um die Behebung der Folgen eines Fehlers kümmert, der ihn/sie verursacht hat. Insofern soll die Mitarbeiterin dem Vermieter am besten kurzfristig mitteilen, dass die Miete ab Oktober 2010 gekürzt wird, bis der Rückstand ausgeglichen ist.
Da ich die ARGE schon länger kenne, habe ich davor gewarnt, dass das in den letzten Monaten zu Unrecht vorenthaltene Geld jetzt nach dem sog. „Zuflussprinzip“ als Einnahme gewertet wird.
Ich habe vorsorglich mitgeteilt, dass ich dann, wenn versucht werden sollte, die vorenthaltenen Zahlungen als Zufluss anzurechnen und die Nachzahlung vom laufenden Bedarf abzuziehen, diesen Aspekt über mehrere Instanzen diskutieren werde. Ich bin gespannt, wie es weiter geht.
Neues von der ARGE
Re: Neues von der ARGE
Wenigstens hat das Bundessozialgericht im August 2011 entschieden, dass die Rückerstattung bereits aus den Regelleistungen bezahlter Stromkosten nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist:
Das Zuflussprinzip hat also seine Grenzen in den §§ 11 und 11a SGB II:
http://dejure.org/gesetze/SGB_II/11.html
http://dejure.org/gesetze/SGB_II/11a.html
Was ursprünglich als Sozialleistung gezahlt wurde, darf nicht als Einkommen angerechnet werden, wenn es - z. B. auf dem Umweg über eine Rückerstattung des Stromversorgers - noch einmal zufließt.
Quelle: arbeitsrecht-familienrecht24.deStromkosten – der Fall dass mit Strom geheizt oder Warmwasser bereitet wird einmal außer Betracht gelassen – sind gem. § 20 I 1 SGB II vom Regelbedarf umfasst. Mit dem auf dem Regelbedarf beruhenden Regelsatz werden sämtliche vom Regelbedarf umfassten Bedürfnisse pauschal abgegolten, wobei es jedem Empfänger von Leistungen nach dem SGB II selbst überlassen bleibt, wie er mit seinem Regelsatz haushaltet und für was er seinen Regelsatz im Einzelnen genau einsetzt. Dem zuständigen Jobcenter ist es mit Blick auf diese Pauschalisierung grundsätzlich verwehrt, etwa wenn eine Person besonders genügsam lebt, nicht verbrauchte Regelleistungen einfach zurückzufordern.
Das BSG hat nunmehr in gegenständlichen Fall klargestellt, dass es mit dem Sinn und Zweck von § 11 I SGB II nicht vereinbar ist, die Rückzahlung von nicht verbrauchten Vorauszahlungen von vom Regelsatz umfassten Leistungen als Einkommen anzurechnen. Dies bedeutet, dass eine Anrechnung der Rückzahlung des Stromversorgers dann zu unterbleiben hat, wenn der Abschlagszeitraum über den nunmehr abgerechnet wird, nur einen Zeitraum des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II umfasst. Sollte nur eine anteilige Deckung von Abschlagszeitraum und Zeitraum des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II gegeben sein, dürfte eine Aufteilung gem. der entsprechenden Verhältnisse geboten sein
Das Zuflussprinzip hat also seine Grenzen in den §§ 11 und 11a SGB II:
http://dejure.org/gesetze/SGB_II/11.html
http://dejure.org/gesetze/SGB_II/11a.html
Was ursprünglich als Sozialleistung gezahlt wurde, darf nicht als Einkommen angerechnet werden, wenn es - z. B. auf dem Umweg über eine Rückerstattung des Stromversorgers - noch einmal zufließt.
Der Stuttgarter OB Rommel:
Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
- Sonnenschein+8+
- Beiträge: 14169
- Registriert: 08.04.2011, 14:52
- Wohnort: irgendwo in Deutschland ;)
- Kontaktdaten:
Re: Neues von der ARGE
Aber ja doch alle zwei Tage einen Cent


Bin ich zu bunt für euch, seid ihr zu braun.
Re: Neues von der ARGE
Der Artikel ist nicht mehr neu. Wie ich das aber so einschätze, wird heute immer noch fleissig sanktioniert.
http://www.onlinezeitung24.de/article/4439Kommentar zum nachfolgend im Original abgedruckten Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Karlsruhe aus dem Jahr 2010. Das Urteil erklärt grundsätzlich jegliche Form von finanziellen Sanktionen (Leistungskürzung) für rechtswidrig und betrifft damit womöglich mehrere zehntausend Hartz-IV-Empfänger,
Wir wissen, sie lügen.
Sie wissen, dass sie lügen.
Sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen.
Wir wissen, dass sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen.
Und trotzdem lügen sie weiter.
* * *

Sie wissen, dass sie lügen.
Sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen.
Wir wissen, dass sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen.
Und trotzdem lügen sie weiter.
* * *

Re: Neues von der ARGE
Auf Facebook gesehen und kommentiert:
Das wäre wirklich ein Fall für eine Spendenkampagne, für deren Einrichtung man aber einen Fachmann für Sozialrecht braucht. Die Gefahr, dass Spenden als zufließendes Einkommen angesehen und vom AlG II abgezogen werden, ist sehr real.
http://www.mdr.de/exakt/video-29804_zc- ... 102dc.htmlWiderspruch gewonnen, Haus dennoch verloren?
45 Jahre hat Hartmut Engel gearbeitet. AlG II wurde ihm nicht gewährt. Nun wurde seinem Widerspruch stattgegeben. Die ausstehenden Zahlungen stehen auf einem anderen Aktenzettel ...
(...)
exakt / FAKT ist drangeblieben! Ein Jahr lang wartete Helmut Engel auf seinen ALGII- Bescheid. Dann kam die Ablehnung vom Jobcenter Salzlandkreis. Sein Anwalt Dirk Feiertag hat nun ein Eilverfahren beantragt, um seinem Mandanten rasch zu ALG-II zu verhelfen. Obwohl das Gericht positiv entschieden hat, ist es für Herrn Engel zu spät: Sein Haus wird wohl zwangsversteigert.
Das wäre wirklich ein Fall für eine Spendenkampagne, für deren Einrichtung man aber einen Fachmann für Sozialrecht braucht. Die Gefahr, dass Spenden als zufließendes Einkommen angesehen und vom AlG II abgezogen werden, ist sehr real.
Der Stuttgarter OB Rommel:
Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Re: Neues von der ARGE
Neues aus Absurdistan ...
>> Deshalb hätten sie den Wert von »wissenschaftlichen Arbeiten« und seien als »geistiges Eigentum« der Ersteller anzusehen. <<
So so, die Grundlagen für behördliche Ermessensausübung ( = staatliche Machtausübung gegenüber dem einzelnen Bürger ) sind neuerdings geistiges Eigentum der Machtausüber und deshalb inhaltlich (auch durch Gerichte) nicht mehr nachprüfbar.
Es sieht fast so aus, als könnte die Wanderung der wütenden Normalbürger und Wähler zu den Parteien am rechten und linken Rand die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland nicht mehr gefährden. Einen toten Mann kann man nämlich weder verletzen noch töten.
http://www.jungewelt.de/2016/12-09/022.phpAus: Ausgabe vom 09.12.2016, Seite 5 / Inland
Amt für Geistesschöpfungen
Jobcenter Nürnberg lehnt Übermittlung interner Anweisungen mit merkwürdiger Begründung ab
Sanktionsbewehrte Sexfragebögen für Alleinerziehende, Verweigerung von Vorschüssen in Notsituationen, Vermittlung von Terminen nur über kostenpflichtige Hotlines: Die Liste kreativer Ermessensausübung einzelner Jobcenter ist lang und vielseitig. Interne Anweisungen, die derartiges regeln, halten Ämter lieber geheim. Das zeigen Anfragen an Jobcenter, zu denen die Initiative »Frag den Staat« des Vereins »Open Knowledge Foundation Deutschland« aufgerufen hat.
Die Krönung lieferte nun das Jobcenter Nürnberg. Weisungen und Arbeitshilfen seien »geistiges Eigentum« der Behörde. Damit seien sie durch das Urheberrecht geschützt, dürften nicht übermittelt oder veröffentlicht werden, behauptete dieses auf Begehren der Hamburger Linke-Abgeordneten Inge Hannemann. Das Antwortschreiben vom Montag veröffentlichte die frühere Jobcenter-Mitarbeiterin am Mittwoch abend.
(...)
>> Deshalb hätten sie den Wert von »wissenschaftlichen Arbeiten« und seien als »geistiges Eigentum« der Ersteller anzusehen. <<
So so, die Grundlagen für behördliche Ermessensausübung ( = staatliche Machtausübung gegenüber dem einzelnen Bürger ) sind neuerdings geistiges Eigentum der Machtausüber und deshalb inhaltlich (auch durch Gerichte) nicht mehr nachprüfbar.
Es sieht fast so aus, als könnte die Wanderung der wütenden Normalbürger und Wähler zu den Parteien am rechten und linken Rand die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland nicht mehr gefährden. Einen toten Mann kann man nämlich weder verletzen noch töten.
Der Stuttgarter OB Rommel:
Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.