Der aktuelle Fall zu diesem immer gegenwärtigen gesellschaftlichen Problem belegt wie bedeutsam und dennoch wenig beachtet dieses Thema landläufig ist und welche wenig positive Rolle wieder einmal dem Internet dabei zukommt.
"Drei tote Mädchen im Wald
Verabredeten sie sich im Internet?
16.08.2011 — 21:29 Uhr
Damme/Cloppenburg (Niedersachsen) – Drei Mädchen (16, 18, 19) trafen sich zum gemeinsamen Selbstmord in einem kleinen Waldstück. Haben sich die jungen Frauen im Internet verabredet?
Staatsanwältin Kathrin Schmelzer hofft, dass sich auf den beschlagnahmten Computern und Handys der drei Hinweise darauf finden lassen.
Den Eltern seien die Namen der jeweils anderen Mädchen nicht bekanntgewesen. Weitere Einzelheiten wollte Schmelzer mit Rücksicht auf die Familien nicht bekanntgeben.
Aber: Kollektiver Selbstmord ist nach Ansicht eines Experten kein Phänomen des Internet-Zeitalters.
„Das hat es schon immer gegeben”, sagte der Professor für Rechtspsychologie, Dietmar Heubrock. „Über das Internet ist es leichter geworden, sich zu vernetzen.”
Gerd Storchmann vom Berliner Verein „Neuhland”, der Jugendliche mit Selbstmordgedanken betreut, betonte: „Dieser Fall ist dramatisch und sehr ungewöhnlich für Mädchen.” Verabredungen zum Suizid seien bei Teenagern sehr gefährlich. Denn die Jugendlichen fühlten eine Art loyale Verpflichtung, ihren Plan auch auszuführen.
Durch neue Medien sei es leichter geworden, Gleichgesinnte zu finden – nur negativ sei die moderne Kommunikation aber auch nicht. „Man kann jetzt auch im letzten Moment einen Hilferuf per SMS schicken”, so der Experte.
[...]
Die Jugendlichen hatten ihren Selbstmord gut vorbereitet: Das Igluzelt war mit einer grünen Plane abgedeckt und mit Isolierband abgedichtet. In ihrem Zelt vergifteten sich die Mädchen mit Kohlenmonoxid aus glühenden Einweggrills! Alle drei hinterließen Abschiedsbriefe."
Quelle:
http://www.bild.de/news/inland/freitod/ ... .bild.html
Kommentar
Besonders bedauerlich und Betroffenheit auslösend ist ein Fall wie der hier angeführte deshalb, da die drei jungen Frauen Ihr Leben eigentlich noch vor sich hatten, so profan das auch klingen mag.
Wie auch schon bei dem einen oder anderen Fachkundigen auf diesem Gebiet im Text angeklungen ist, erscheint es nicht als typisch für das Internet-Zeitalter, dass es unter Jugendlichen zu einem Gruppenselbstmord (gemeinschaftlicher Suizid) kommt. Das hat es schon zu allen Zeiten gegeben. Verschärft wird die Situation heutzutage nur dadurch, dass das Internet hervorragende Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten über größte Entfernungen bietet. Hier offenbart sich Segen und Fluch des Internet zugleich: Einerseits ergibt sich aus den aufgezeigten Möglichkeiten auch diejenige einer Hilfestellung für von Depressionen Betroffene bis hin zu einem kurzfristigen Notruf, für alle die davon wissen, zur Verhinderung des Schlimmsten. Andererseits bietet dieselbe Technik allerdings auch beste Voraussetzungen zur Verabredung, Planung und Vorbereitung eines Suizids, ob nun allein oder in Gemeinschaft mit Leidensgenossen oder Gleichgesinnten. Dabei kann es dann zu der gruppendynamischen Verschärfung des Ganzen dadurch kommen, dass Teenager häufig eine Form loyaler Verpflichtung untereinander fühlen, den einmal gefassten Plan auch in die Tat umzusetzen. Das macht eine Verabredung zum Suizid unter Jugendlichen für daran Beteiligte besonders risikoreich.
Angesichts viel zu hoher Suizidraten unter Jugendlichen erscheint es mir sinnvoll und notwendig die Arbeit auf Internetseiten, die depressive Jugendliche unterstützen und Suizide durch fachlich qualifizierte Beratung zu verhindern versuchen, zu fördern und zu unterstützen.