diorella2 hat geschrieben:Porträt Thilo Sarrazin
Ein wertkonservativer Idealist
Bereits 2009 löste der 65-jährige Thilo Sarrazin durch seine, in einem Interview mit „Le Lettre“, geäußerten Provokationen zu Unterschichten- und Migrantenmilieus heftige öffentliche Kontroversen aus. Mit dem Erscheinen seines Statusberichts „Deutschland schafft sich ab“ avanciert er nun endgültig zu einer der umstrittensten Figuren der Berliner Republik. Seine SPD-Mitgliedschaft steht wiederholt auf dem Prüfstand, von seinem Vorstandsposten bei der Bundesbank sollte er entbunden werden, er selbst hat es letztendlich vorgezogen zurückzutreten. Sarrazins Buch hat in Deutschlands Medien-, Parteien- und Regierungslandschaft einen Wirkungsgrad erreicht, den man mit den Anschlägen auf das WTC vergleichen kann.
Das Foto zum Interview, das die „Zeit“ mit Sarrazin am Vorabend der Buchpräsentation führte, zeigt einen hageren Mann, mit vollem silbergrauen Haar, der sein Gegenüber durch eine schwarze, runde Brille, abschätzend fixiert. Sarrazins nahezu faltenfreies Gesicht ist lang und schmal, die ausgeprägten Nasolabialfalten und das kleinere rechte Auge, lassen es mistrauisch und streng aussehen. Sein korrekter Anzug ist von perfekter Passform, die Krawatte sitzt ganz eng am Kragen. Das alles wirkt glatt, gestrafft, kühl, distanziert, kopflastig und – eine Spur - arrogant.
In der Talkshow von Frank Plasberg sieht man einen anderen Thilo Sarrazin. Während der Vorspann läuft und aus dem Off die Gäste und ihre Statements vorgestellt werden, greift Sarrazin als einziger zum Wasserglas. Sein Gesichtsausdruck ist starr, die Hände bewegen sich jedoch unablässig, so als würden sie ein Eigenleben führen. Wenn er spricht wirkt seine Tonlage gebrochen, die Worte kommen stockend, fast stotternd. Er verteidigt sich kaum, auch nicht wenn er lautstark angegriffen wird. Da sitzt kein brillianter Rethoriker sondern ein zurückhaltender, scheinbar schüchterner älterer Herr, der eine ganz andere Geschichte erzählt.
Diese Geschichte handelt von einem vortrefflichen politischen Beamten, der an die bildungsbürgerlichen Werte und Tugenden glaubt, in deren Geist er erzogen wurde. Einer, der im Verlauf seines Berufslebens einen bitteren Desillusionierungsprozess durchlaufen musste und der sich daraufhin einen Panzer aus äußerer Ungerührtheit und innerem Widerstand zugelegt hat. Dieser Mann sah seine Ideale verraten. Seit dem ist es ihm fast wurscht, ob er als Rassist, Querulant oder Provokateur gehandelt wird. Eigentlich möchte er nur sicherstellen, dass die Kinder seiner Enkeltochter, Goethe und Schiller nicht nur vom Hörensagen kennen, sondern selbst lesen werden. Und weil er mit Stolz auf das nationale Erbe der Weltliteratur und der bedeutenden Erfindungen blickt, sind alle Enkel und Urenkel in seinem Land herzlich aber unmissverständlich eingeladen, daran teilzuhaben. Das alles wirkt altruistisch, loyal, menschlich, weitblickend und – ohne Frage- sozial.
Buchkritik: "Deutschland schafft sich ab" Thilo Sarrazin
DVA 5. Auflage, 2010 ISBN978-3-421-04430-3, ca. 23,--€
Erfindergeist am Abgrund
„Deutschland schafft sich ab“ ist der Bericht über ein Land, das mit Blick auf die steigenden Anforderungen, die eine Wissens- und Bildungsgesellschaft, eine Knowhow- Exportnation an ihre Teilhaber zu stellen hat, ins Trudeln geraten ist. Das Buch analysiert den Ist-Zustand einer Nation, die sich selbstschädigend verhält und - bedingt durch die unaufhaltsamen territorialen produktionswirtschaftlichen Verlagerungsprozesse und der damit einhergehenden globalen Wettbewerbsverschärfung- dabei ist, ihre ökonomische Existenzgrundlage zu verlieren. Der Deutsche Dichter und Denker, der Erfinder- und Tüftlergeist, der einzige natürliche Rohstoff den diese Nation zu bieten hat, wird zum Auslaufmodell oder steht zumindest kurz davor.
In acht Kapiteln plus einem satirischen Finale rollt sich eine logisch bestechende Argumen-tationskette auf, deren primäre Konklusion darin besteht, dass - als Erstehilfe und Not-versorgung sozusagen- es unabdingbar ist, die nahezu 20 Jahre andauernde Praxis der Beschönigungs- und Beschwichtigungspolitik durch das gesamtdeutsche Führungspersonal, für beendet zu erklären. Sarrazin fordert uns auf, den Stand der Dinge unserer sozioökonomischen Schieflagen: die defizitären Bildungsstandards durch gutmeinende Gleichmacherei, die weitreichenden Folgen der unabwendbaren demoskopischen Verschiebungsprozesse und die systemischen Belastungen durch die ansteigende Armutsmigration aus muslimischen Ländern- wahr und ernst zu nehmen.
Dieses alles wird in unmissverständlicher Sprache und direktem Stil präsentiert sowie von einer beachtlichen Anzahl textintegrierter Statistiken und einem penibelst recherchierten, 50seitigen Anhang zur Sekundärliteratur, faktisch untermauert.
Diese Lektüre ist ein „ Muss“ für jeden mündigen Bürger in unserem Land, auch und gerade für diejenigen die dem Autor und seinen provokanten Statements bislang ablehnend gegenüberstanden. Sarrazin öffnet für uns die Büchse der Pandorra: Hier ist die Generalkritik am demokratischen Sozialstaat deutscher Prägung, ein Frontalangriff auf die nationale Identität und ihre empfindlichsten und schmerzlichsten Problemzonen: Unbedingt lesen!
...Sein Leben ist purer Rock´n´Roll. Jetzt endlich erzählt er selbst seine atemberaubende Geschichte inmitten eines "crossfire hurricane". Und er tut dies mit einer entwaffnenden Ehrlichkeit, ...
Wenn alle anderen Maßnahmen erfolglos waren, blieb als Ultima Ratio nur noch die Androhung körperlicher Schmerzen.
Wolfgang Daschner war bewusst, dass er sich in einer juristischen Grauzone befand,aber es gab keine andere Lösung.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet alle staatliche Gewalt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen.
Wenn aber beides nicht möglich ist, nämlich die Würde des Täters zu achten und gleichzeitig die Würde des Opfers zu schützen, muss eine Entscheidung getroffen werden.
Im vorliegenden Fall ist das Recht des entführten Kindes auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit existenziell bedroht, während das Recht des Täters auf körperliche Unversehrtheit allenfalls partiell beeinträchtigt würde.....
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast