Bundesgerichtliche Urteile

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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon AlexRE » Sa 8. Jul 2023, 06:18

Das Bundesverfassungsgericht hat das schnelle Durchwinken des Heizungsgesetzes kurz vor der Sommerpause des Parlaments per einstweiliger Anordnung untersagt:

https://www.welt.de/politik/deutschland ... etzes.html

Das ist eine echte Klatsche für Herrn Habeck. Der CDU - Antragsteller in dem Verfahren wird dadurch aber wohl eher der AfD als der eigenen Partei einen Punktsieg eingefahren haben. Um von Schwächen der Regierung profitieren zu können, muss die Opposition glaubwürdig sein. Dazu ist die CDU aber noch zu vermerkelt.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon maxikatze » Di 31. Okt 2023, 11:30

Bundesverfassungsgericht kippt Reform zur Wiederaufnahme von Strafverfahren
»Dem Senat ist bewusst, dass dieses Ergebnis für die Angehörigen der 1981 getöteten Schülerin und insbesondere für die Nebenklägerin des Ausgangsverfahrens schmerzhaft und gewiss nicht leicht zu akzeptieren ist«, sagte die Vorsitzende Doris König. In dem Verfahren sei es aber nicht um den konkreten Fall gegangen, sondern um den Umgang mit dem grundlegend rechtsstaatlichen Grundsatz, dass niemand zweimal wegen derselben Sache vor Gericht gestellt werden kann.

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/p ... aeff&ei=14
Was seit Ende 2021 Gültigkeit besaß, hat Karlsruhe heute gekippt. Der mutmaßliche Mörder, der vor über 40 Jahren frei gesprochen wurde, darf nicht, trotz neuer Beweise, nochmal verurteilt werden. Der damalige Freispruch bleibt ein Freispruch.
Eine schwere und kaum hinnehmbare Niederlage für den Vater des Mordopfers. Der mutmaßliche Mörder wurde also zweimal nicht bestraft.
So viel zum Thema "Mord verjährt nicht".
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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon Staber » Di 31. Okt 2023, 14:29

Moin!
Ich meine eine seltsam irritierende Entscheidung. Man könnte auch sagen, dass Täterschutz vor gerechter Strafe steht. Man muss wohl Jura studiert haben, um solchen kruden Ansichten etwas abgewinnen zu können.
Somit dürfen Mörder weiter frei herumlaufen und ihr Leben genießen.
Zur Erinnerung, unser oberster Steinmeier unterzeichnete die Gesetzesänderung zwar im Dezember 2021, äußerte aber verfassungsrechtliche Zweifel.*
Bei solchen Bedenken hat der Bundespräsident die Gesetzesänderung gottverdammt nicht zu unterzeichnen! Aufgabe verfehlt!
Der Bundespräsident, sobald er Zweifel an der Übereinkunft mit der Verfassung hat, hat ein entsprechendes Gesetz oder eine Änderung abzulehnen und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorzulegen und den Bundestag zu informieren!
Wenn nicht mal mehr der Bundespräsident seine Aufgaben richtig erfüllt, spielt das nach rechts Außen nur mehr hin.
* https://www.bundespraesident.de/SharedD ... O-362.html
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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon Uel » Di 31. Okt 2023, 16:08

Ich vermute mal, der Sinn und Beweggrund des Ganzen war einstmals, dass niemand 2mal zu einer Strafe verurteit werden sollte. Wenn aber zu keiner Strafe verurteilt wurde, dann greift doch der Grund der Doppelbestrafung nicht. Das Ganze mutet doch schwer nach logischen Bankrott an. Soll aber bei der Justiz mit ihrem Fernweh nach Absurdistan öfter mal vorkommen.

Vielleicht ist auch Heiligsprechung des eigenen Berufsstand mit dabei: ein mit Juristen ausreichend besetztes Gericht kann sich einfach niemals irren.
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon AlexRE » Di 31. Okt 2023, 16:48

Mich überzeugt das Urteil auch nicht. Im Art. 103 Abs. 3 ist von Mehrfachbestrafung die Rede, das ausdrückliche Verbot der Aufhebung eines Freispruchs nach Auftauchen neuer Beweise kann man da m. M. n. nicht herauslesen:

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_103.html

Die Europäische Menschenrechtskonvention schließt eine Wiederaufnahme zu Lasten des Angeklagten auch nicht aus, wenn neue Beweise vorliegen:

(...)

Art. 4 des 7. ZP zur EMRK lautet:

Recht, wegen derselben Sache nicht zweimal vor Gericht gestellt oder bestraft zu werden

Abs.1: Niemand darf wegen einer Straftat, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.
Abs.2: Absatz 1 schließt die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des betreffenden Staates nicht aus, falls neue oder neu bekannt gewordene Tatsachen vorliegen oder das vorausgegangene Verfahren schwere, den Ausgang des Verfahrens berührende Mängel aufweist.
Abs.3: Dieser Artikel darf nicht nach Artikel 15 der Konvention außer Kraft gesetzt werden.

(...)


https://anwalt-gericht-menschenrechte.d ... afung.html
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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon maxikatze » Di 31. Okt 2023, 18:40

Also hätte der Vater der Ermordeten vor dem Europäischen Gerichtshof noch gute Chancen, dass der mutmaßliche Mörder seiner Tochter bestraft wird?
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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon AlexRE » Di 31. Okt 2023, 19:04

maxikatze hat geschrieben:Also hätte der Vater der Ermordeten vor dem Europäischen Gerichtshof noch gute Chancen, dass der mutmaßliche Mörder seiner Tochter bestraft wird?


Das glaube ich eher nicht. Das Gericht ist ja für Leute da, die sich selbst gegen ihren Staat verteidigen und nicht für Nebenkläger an der Seite des Staatsanwalts.
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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon AlexRE » Mi 1. Nov 2023, 07:07

Das Urteil zum Verbot der Wiederaufnahme zu Lasten des Angeklagten wegen neuer Beweismittel ist nicht einstimmig ergangen. Zwei Richter haben der Auffassung widersprochen, dass der Artikel 103 Abs. 3 GG "abwägungsfest" sei, also mit keinem anderen Verfassungsrechtsgut aufgewogen werden könne. Abweichende Meinungen werden unter den Urteilen des BVerfG mitveröffentlicht:

(...)

(2) Aus unserer Sicht bestätigen die bestehenden, auch von der Senatsmehrheit in Hinblick auf Art. 103 Abs. 3 GG als unbedenklich angesehenen Regelungen, dass eine Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen strafgerichtlichen Verfahrens zuungunsten des Betroffenen in Betracht kommen kann, wenn das Gewicht der Wiederaufnahmegründe und das dahinterstehende Anliegen einer materiell schuldangemessenen Sanktionierung als Ausdruck einer effektiven Strafrechtspflege den grundsätzlichen Bestand rechtskräftiger Entscheidungen ausnahmsweise überwiegt. Für die in § 362 Nr. 1-4 StPO normierten Tatbestände ist der Verfassungsgeber von einem solchen Überwiegen unstreitig ausgegangen. Eine Durchbrechung der Rechtskraft durch Wiederaufnahme ist danach dann zulässig, wenn das betreffende Strafverfahren unter schweren Verfahrensmängeln gelitten hat (§ 362 Nr. 1-3 StPO) und somit rechtsstaatlichen Grundanforderungen nicht genügt sowie im Fall eines glaubwürdigen Geständnisses des Freigesprochenen (§ 362 Nr. 4 StPO). Dies dokumentiert, dass es verfassungsrechtlich zulässige Fälle gibt, in denen der in Art. 103 Abs. 3 GG normierte Vorrang der Rechtssicherheit zurücktritt und eine absolute Abwägungsfestigkeit der Norm folglich nicht gegeben ist.

(...)


https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 90022.html

Ich sehe auch nicht ein, wieso der existierende Katalog von Wiederaufnahmegründen zu Ungunsten des Angeklagten (Im Falle schwerer Verfahrensmängel wie gefälschter Urkunden als Entlastungsbeweis z B. geht das) einer Abwägung mit anderen Verfassungsrechtsgütern standhalten soll, Ergänzungen des Katalogs aber gar keiner Rechtsgüterabwägung zugänglich sein sollen.

Was mich an dem Urteil am meisten ärgert, ist aber diese Aussage:

(...)

"Ein Strafprozess, der wegen des grundsätzlich stets möglichen Auftauchens neuer Tatsachen oder Beweismittel faktisch nie endete, würde für die Opfer beziehungsweise für ihre Hinterbliebenen eine erhebliche seelische Belastung darstellen, die das Bedürfnis an einer inhaltlich richtigen Aufklärung und Urteilsfindung immer weiter zurücktreten ließe, je mehr Zeit nach der Tat verstrichen wäre."

(...)


https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... reispruch/

Einerseits tun sie so, als sei die Menschenwürde von Mordopfern, Hinterbliebenen und vor allem künftiger Opfer frei herumlaufender Mörder im Rahmen der Gesamtproblematik nicht erwähnenswert, andererseits verkneifen sie sich nicht, sich als Beschützer des von ihnen selbst gestörten Seelenfriedens der Hinterbliebenen darzustellen. Das ist eines hohen Gerichts unwürdig und passt eigentlich eher zu typischen Ideologen und Parteipolitikern.

Das kommt davon, wenn letztinstanzliche Richter von Parteipolitikern nach Parteienproporz ausgesucht werden. Gleich und gleich gesellt sich gern.

Hier noch ein Bild von dem, was in diesem unserem Lande weniger wichtig ist als die heilige Rechtskraft falscher Urteile:

Mordfall-Frederike.jpg
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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon Staber » Mi 1. Nov 2023, 09:35

Moin!
Die Parteien sollten das Grundgesetz so ändern, dass in Mordfällen ,wie bei diesem Fall ,bei neuen Beweisen eben doch ein neues Verfahren möglich ist. Die 2/ 3 Mehrheit im Bundestag wäre natürlich Voraussetzung.
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Re: Bundesgerichtliche Urteile

Beitragvon maxikatze » Mi 1. Nov 2023, 19:14

Alex schrieb:
Was mich an dem Urteil am meisten ärgert, ist aber diese Aussage:

(...)

"Ein Strafprozess, der wegen des grundsätzlich stets möglichen Auftauchens neuer Tatsachen oder Beweismittel faktisch nie endete, würde für die Opfer beziehungsweise für ihre Hinterbliebenen eine erhebliche seelische Belastung darstellen, die das Bedürfnis an einer inhaltlich richtigen Aufklärung und Urteilsfindung immer weiter zurücktreten ließe, je mehr Zeit nach der Tat verstrichen wäre."


Das Karlsruher Urteil ist aus meiner Sicht unanständig. Die seelische Belastung der Hinterbliebenen von Mordopfern ist sicherlich eher größer geworden. Da machen sich doch Hoffnungslosigkeit und Depressionen breit.

>>Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 103
(1) ...
(2) ...
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.<<
Soweit richtig - aber der mutmaßliche Mörder wurde überhaupt nicht bestraft. Ein Freispruch ist keine Bestrafung.
Also von daher hätte das Gericht auch anders urteilen können.
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