von DJ_rainbow » Di 13. Okt 2009, 14:48
Das SG Düsseldorf am 07.10.2009
S 9 KR 110/09 ER: X ./. Die Bergische Krankenkasse
Anlage
1
Sehr geehrter Herr X,
als Anlage wird übersandt:
- Ausfertigung des Beschlusses vom 06.10.2009
zur Kenntnisnahme.
*****
Az.: S 9 KR 110/09 ER
Beschluss
In dem Rechtsstreit
X,
Antragsteller
gegen
Die Bergische Krankenkasse, vertreten durch den Vorstand, Heresbachstraße 29, 42719 Solingen,
Gz.: KDNR: [Nr.]
Antragsgegnerin
hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf
ohne mündliche Verhandlung
durch die Vorsitzende, [sic!] Richterin am Sozialgericht [Name],
am 06.10.2009 beschlossen:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wesentlichen die Befreiung von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK).
Am 10.03.2009 wandte sich die Antragsgegnerin an den Antragsteller und bat um Übersendung eines Fragebogens sowie eines aktuellen Lichtbildes für die elektonische [sic!] Gesundheitskarte (eGK). Mit Schreiben vom 24.03.2009 teilte der Antragsteller mit, dass er an einer elektronischen Gesundheitskarte nicht interessiert sei und insoweit auch datenschutzrechtliche Bedenken habe.
Mit Bescheid vom 19.06.2009 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteiler mit, dass eine Befreiung von der eGK-Pflicht nicht möglich sei. Gemäß § 291, 291a SGB V habe der Gesetzgeber allen Krankenkassen aufgegeben, die elektronische Gesundheitskarte einzuführen. Der Antrag auf Befreiung von der eGK-Pflicht müsse daher abgelehnt werden.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und teilte mit, dass die Rechtsgrundlage der eGK verfassungswidrig sei. Er forderte die Antragsgegnerin auf, den Besaheid vom 19.06.2009 aufzuheben und ihn von der eGK-Pflicht zu befreien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2009 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag im einstweiligen Rechtsschutz, der am 27.08.2009 beim Sozialgericht Düsseldorf eingegangen ist. Ferner hat der Antragsteller auch ein Hauptsacheverfahren unter dem Aktenzeichen S 9 KR 111/09 eröffnet. Im einstweiligen Rechtsschutz weist der Antragsteller darauf hin, dass er einen Anspruch auf Befreiung von der eGK-Pflicht habe, da die gesetzlichen Grundlegen der elektronischen Gesundheitskarte nicht mit dem vom Bundesverfassungsgericht entwickelten und weiterentwickelten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in Einklang stünden.
Die Antragsgegnerin sei im Übrigen auch verpflichtet, seine Fragen vollumfänglich zu beantworten und die von ihm geforderten Unterlagen hinsichtlich der elektronischen Gesundheitskarte und der zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen herauszugeben.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,
1. den streitgegenständlichen § 291a SGB V i. d. F. d. Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21. Juli 2004 (BGBI. I S. 1791) sowie alle weiteren Rechtsgrundlagen für die elektronische Gesundheitskarte (eGK) einer verfassungsrechtlichen Prüfung nach Art. 100 Abs. 1 GG auf Vereinbarkeit mit dem "Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung" (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG; BVerfG: Urteil vom 15.12.1983, 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, sowie Urteil vom 27.2.2008 , 1 BvR 370, 595/07) zu unterziehen
2. die Beklagte im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 86b Abs. 2 SGG) zu verpflichten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache sämtliche Vorbereitungsarbeiten für die Einführung der eGK vorläufig einzustellen,
3. die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes in einer Höhe, die dem Gericht obliegt, zur Beantwortung der vom Kläger mehrfach gestellten Fragen (betrifft die Auskunfts-, Beratungs-, Transparenz- und Informationspflichten der Beklagten der §§ 13-17 SGB I sowie des § 83 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 19 Abs. 1 BDSG) in einer angemessenen Frist zu verpflichten,
4. die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes in einer Höhe, die dem Gericht obliegt, zur vollumfänglichen Herausgabe sämtlicher technischen, technologischen und administrativen Spezifikationen der eGK-Infrastruktur und insbesondere der Sicherheitsvorkehrungen in einer angemessenen Frist zu verpflichten,
5. die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes in einer Höhe, die dem Gericht obliegt, zur rechtverbindlichen Stellungnahme, wie die einschlägigen datenschutz- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen der §§ 3a, 6c BDSG, 67a bis 67c, 78a, 78b SGB X eingehalten werden sollen, in einer angemessenen Frist zu verpflichten,
6. und ergänzt seine Anträge um die im Schriftsatz vom 28.9.2009 gestellten Fragen.
Die Antragsgegner [sic!] beantragt schriftsätzlich, den Antrag zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, ihre im Verwaltungsverfahren mitgeteilte Auffassung sei rechtmäßig.
II. Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz ist nicht erfolgreich.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Eine Anordnung im Einstweiligen Rechtsschutz setzt voraus, dass der Antragssteller sich auf einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch berufen kann. Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus dem materiellen Recht. Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass Tatsachen vorliegen müssen, die auf eine unmittelbar bevorstehende Veränderung schließen lassen und demnach Eilbedürftigkeit gegeben ist.
Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, wobei eine einstweilige Anordnung zu erlassen ist, wenn es dem Antragssteller nicht zumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System.
Vorliegend ist von ein einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens auszugehen. Denn es wird umfassend zu prüfen sein, ob die gesetzlichen Grundlagen der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) den verfassungsrechtlichen Anforderungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts entsprechen oder nicht. [Hervorhebung durch DJ_rainbow]
Es steht dem Antragssteller jedoch kein Anordnungsgrund zur Seite, so dass eine einstweilige Anordnung nicht zu treffen ist, denn es kann dem Antragssteiler zugemutet werden, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Antragstellers zur Zeit konkret beeinträchtigt ist. Denn als Herr über seine Daten hat der Antragsteller bis heute weder das von der Antragsgegnerin geforderte Lichtbild noch die entsprechenden Angaben zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte beigebracht. Hierzu ist er auch bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht verpflichtet. Dadurch drohen dem Antragsteller aber auch keine wesentlichen Nachteile, so dass er den Ausgang des Hauptsacheverfahren [sic!], welches auch innerhalb einer Jahresfrist abgeschlossen sein kann, abwarten kann. Im Hauptsacheverfahren wird es notwendig sein, genau zu prüfen, ob die vom Antragsteller begehrten Unterlagen und Auskünfte seitens der Antragsgegnerin herauszugeben sind und ob die Rechtsgrundlagen verfassungsrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Antragstellers standhalten.
Auch kann der Antragsteller mit der ihm zur Verfügung stehenden Krankenversicherungskarte, [sic!] Sachleistungen in Form von ärztlicher Versorgung in Anspruch zu nehmen.
Auch hat die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 23.09.2009 mitgeteilt, dass aller Voraussicht nach die „alte“ Krankenversichertenkarte noch bis zum 31.12.2012 genutzt werden kann. Den Medien ist zudem zu entnehmen, dass die Einführung der eGK noch geraume Zeit in Anspruch nehmen wird.
Es ist daher davon auszugehen, dass das vom Antragsteiler ebenfalls angestrebte Hauptsacheverfahren abgeschlossen sein wird, wenn die elektronische Gesundheitskarte endgültig eingeführt worden ist. Sollte diese Einschätzung nicht zutreffend sein, hat der Antragsteller jederzeit die Möglichkeit, erneut einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz zu stellen. Unter Berücksichtigung des offenen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens kann der Antragsteller eine solche Regelungsanordnung zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht beanspruchen, da ihm wesentlichen Nachteile durch eine unmittelbar bevorstehende Veränderung zur Zeit nicht drohen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 analog [sic!] Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss findet gemäß § 172 SGG die Beschwerde an das Landessozialgericht statt. Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40277 Düsseldorf, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht NRW, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, eingelegt wird.
[Name]
Ausgefertigt
[Name]
Regierungsbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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