Neue Zürcher Zeitung- "Feinde der Demokratie finden sich nicht nur rechts: Die Leipziger Autoritarismus-Studie bleibt erneut einseitig""
Die Leipziger Autoritarismus-Studie attestiert Deutschland eine sinkende Ausländerfeindlichkeit, aber eine neue Radikalität bei der extremen Rechten. Über Fragestellungen und Schlussfolgerungen lässt sich allerdings diskutieren.
Die gute Nachricht zuerst: Ausländerfeindliche Einstellungen haben in Deutschland abgenommen. Zu diesem Schluss kommt die Autoritarismus-Studie der Universität Leipzig, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Gemäss den Autoren vertreten 16,5 Prozent der Deutschen derartige Positionen. Im Jahr der letzten Studie, 2018, waren es noch 23,4 Prozent.
Auffällig sei dabei der Unterschied des Rückgangs im Westen und im Osten Deutschlands, sagte Decker. Im Westen sei der Anteil von 21,5 auf 13,7 Prozent gesunken, im Osten nur von 30,7 auf 27,8 Prozent. Insgesamt stimmten 28,4 Prozent (vor zwei Jahren: 36 Prozent) der Befragten der Aussage zu, dass «Ausländer nur hierherkommen, um unseren Sozialstaat auszunutzen» (Ost: 43,9 Prozent, West: 24,5 Prozent).
Ein dauerhaft hohes Niveau gäbe es allerdings bei rechtsradikalen Einstellungen. Extreme Rechte radikalisierten und enthemmten sich zusehends, so die Studienautoren. [...]
Der Glaube an Verschwörungstheorien steigtDas Thema Verschwörungstheorien ist zum fünften Mal Teil der Leipziger Studie, in diesem Jahr bezieht sie sich auch auf die Corona-Pandemie. Die Befragung habe gezeigt, dass der Glaube an Verschwörungstheorien in der Bevölkerung seit 2018 zugenommen habe, so die Studienautoren. Sie sehen darin eine Art «Einstiegsdroge» für ein antimodernes Weltbild.
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Mangelnde Differenzierung und UnschärfeDie Probleme der Studie liegen in der mangelnden Differenziertheit sowie im Ausblenden autoritärer Strömungen, die nicht von rechts kommen. So weist der Politologe Eckhard Jesse seit längerem darauf hin, dass die zum Teil weich formulierten Aussagen der Studie zu einem hohen Anteil an Zustimmung führten, etwa beim Komplex der «Ausländerfeindlichkeit».
Wer Aussagen wie «Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen» zustimmt, offenbart zweifellos eine rechtsradikale Einstellung. Doch ist jemand, der bei der Aussage «Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen», schon deswegen latent ausländerfeindlich, wenn er als Antwort «teils, teils» angibt? Zumal es in der Realität durchaus zum Missbrauch von Sozialleistungen kommt.
Ein anderes Beispiel: Beim Einstellungsmuster «Chauvinismus», das ein übersteigertes und gegenüber Dritten aggressives Nationalgefühl abbilden soll, findet sich die Aussage «Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben». Rückt die Zustimmung zu diesem Satz jemanden schon in die Nähe von Rechtsextremisten? Eine derart weit gefasste Definition birgt die Gefahr, dass die Grenzen zwischen rechts und rechtsextrem gar nicht erst gezogen werden. So wird tatsächlich existierender Rechtsextremismus ungreifbar.
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Obwohl also die Studienautoren darauf hinweisen, dass sich der Fokus der Studie über die Jahre verlagert habe, kommt man nicht umhin, blinde Flecken festzustellen.
Denn was ist eigentlich mit dem linken oder dem islamistischen Autoritarismus – sind diese Ideologien nicht genauso gefährlich?Ausführlich dazu die Quelle:https://www.msn.com/de-de/nachrichten/p ... li=BBqg6Q9Kommentar
Zunächst fällt ins Auge, dass die Thesen, welche unter anderem mit mangelnder Bildung einhergehen, wie beispielsweise die, dass alle Ausländer nur den Staat übervorteilen oder anders ausgedrückt dessen Sozialleistungen ausnutzen wollen, immer noch in inakzeptablem Umfang vertreten werden. (Osten: 43,9 %, Westen 24,5%) Das wiederum lässt indirekt darauf schließen, dass unter anderem die Bildung in Deutschland ein andauerndes Problemfeld darstellt ...
Gestützt wird die Annahme auch durch die vergleichsweise hohe Zahl derer, die an Verschwörungen glauben.
Die Korrektheit der angegebenen Fakten unterstellt, könnte man der Studie tatsächlich eine Blindheit bezüglich linker und islamistisch autoritaristischer Strömungen unterstellen. Sachlich ausgewogen ist jedenfalls etwas anderes.
Insgesamt scheinen gesellschaftlich zwar positive Entwicklungen erkennbar, die sich jedoch erst einmal als nachhaltig erweisen müssen.Siehe dazu auch:https://www.gmx.net/magazine/regio/berl ... n-35274892