Die Bundesrepublik vor 1968

Meinungen und Erfahrungen zu unserer wichtigsten politischen Aussage.

Die Bundesrepublik vor 1968

Beitragvon AlexRE » So 9. Jan 2011, 19:16

Bislang haben wir uns im Zusammenhang mit Schwächen des Rechtsstaatsprinzips vornehmlich mit Problemen befasst, die sich in den letzten 30 Jahren entwickelt haben, von der nachlässigen Bekämpfung der Gewaltkriminaliät durch die Justiz bis zu Verletzungen der sozial- und wirtschaftspolitischen Vorgaben des Grundgesetzes durch neoliberale / neofeudale Politik. Anlässlich dieser heutigen Meldung auf unserem thread "Thema des Tages" möchte ich aber auch die ersten 20 Jahre der Bundesrepublik unter die Lupe nehmen:

Ricarda hat geschrieben:Ich habe gestern mit Interesse gelesen, dass der Nachrichtendienst der BRD - damals noch Organisation Gehlen - schon im Jahr 1952 wusste, wo und unter welchem Namen Adolf Eichmann untergetaucht war.

http://www.bild.de/BILD/news/2011/01/08/adolf-eichmann/bnd-kannte-versteck-von-nazi-monster.html

Da fragt man sich doch, weshalb das so war. War der Schoss noch so fruchtbar, aus dem dies kroch - oder hatten auch die verbliebenen politischen Schicksalslenker so viel Dreck am Stecken, dass irgendwie eine Hand die andere wuchs und man noch ein paar Jahre brauchte, um die eigene Vergangenheit noch etwas gründlicher unter den Teppich zu kehren
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Die Bundesrepublik vor 1968

Beitragvon Staber » Mo 22. Okt 2012, 13:15

@Ricarda
Ich habe gestern mit Interesse gelesen, dass der Nachrichtendienst der BRD - damals noch Organisation Gehlen - schon im Jahr 1952 wusste, wo und unter welchem Namen Adolf Eichmann untergetaucht war.


Damals waren noch reichlich der 'braunen Typen' in der 'Organisation Gehlen' (BND). Und die Amis haben sich während des 'Kalten Krieges' auch gerne der Alt- und Ex-Nazis bedient!
Die Nazi-Bestie schrieb aus Argentinien einen offenen Brief an den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876–1967) und plante seine Rückkehr in die Bundesrepublik!
Er schrieb: „Es wird Zeit, dass ich aus meiner Anonymität heraustrete und mich vorstelle. Name: Adolf Otto Eichmann. Beruf: SS Obersturmbannführer a. D.“
Leider bestand in den 50ger-Jahren kein großes Interesse daran, NS-Kriegsverbrecher besonders hart zu bestrafen. Viele ehemalige Richter und Anwälte des NS-Systems arbeiteten nun in der BRD weiter und wollten ihre alten Bekannten aus Polizei und Justiz nicht anschwärzen.
Doch ausgerechnet Eichmanns Kameraden, die mittlerweile in vielen Behörden der jungen Bundesrepublik sitzen, raten ihrem ehemaligen Vorgesetzten von der Rückkehr ab. Der Kronzeuge Eichmann hätte für sie und ihre Kariere eine ernsthafte Gefahr bedeutet und so behaupten sie, dass es in Argentinien für den Massenmörder sicherer sei. Eichmann verlässt sich auf diese Einschätzung ... Ein Fehler!
Im Mai 1960 schlagen die Israelis zu, entführen Eichmann aus Südamerika und stellen das Nazi-Monster vor Gericht. Das Urteil ist bekannt!

gruß staber
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Re: Die Bundesrepublik vor 1968

Beitragvon maxikatze » Mo 22. Okt 2012, 16:18

Im Mai 1960 schlagen die Israelis zu, entführen Eichmann aus Südamerika und stellen das Nazi-Monster vor Gericht. Das Urteil ist bekannt!


Diese Information wusste ich nur aus Geschichtsbüchern. Ebenso die Tatsache, dass in den frühen Jahren der Bundesrepublik in der Justiz viele Beamte aus dem 3. Reich ihre Pöstchen beibehalten konnten. Zu dunkel ist für mich die Erinnerung der 50er und Anfang der 60er Jahre, die ich als Kind erlebte. Diese Zeit war für mich Fury, RinTinTin,Lassie, Bonanza und am Fuss der blauen Berge - Freude meiner Eltern und mir, darüber, den Westen gucken zu können.
Aber fand eigentlich jemals eine Aufarbeitung, ausser von kritischen Fragestellern aus der 68er Generation, statt?
Den Israelis hätte ich zugetraut, dass sie Eichmann auch aus Westdeutschland entführt hätten. Den Schritt hätte ich begrüsst! Der hätte sich nirgendwo auf der Welt sicher fühlen können. Gut so!
Schlimm, dass andere Nazis entweder unbehelligt und unentdeckt bis an ihr Lebensende ein bequemes Dasein führen konnten (Dr Mengele) oder aber in der jungen BRD Karriere gemacht haben. Und da wundert sich noch einer über die Herausbildung der RAF, 2.Juli oder ähnliche Organisationen, wenn bundesrepublikanische Behörden mangels Interesse eine Strafverfolgung nur halbherzig betrieb?

Hat einer von euch letzten Montag den Film von der ARD "Der letzte Zug" gesehen?

http://www.ardmediathek.de/das-erste/fe ... d=12137092
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Re: Die Bundesrepublik vor 1968

Beitragvon AlexRE » Mo 22. Okt 2012, 16:34

maxikatze hat geschrieben:Den Schritt hätte ich begrüsst! Der hätte sich nirgendwo auf der Welt sicher fühlen können. Gut so!
Schlimm, dass andere Nazis entweder unbehelligt und unentdeckt bis an ihr Lebensende ein bequemes Dasein führen konnten (Dr Mengele) oder aber in der jungen BRD Karriere gemacht haben. Und da wundert sich noch einer über die Herausbildung der RAF, 2.Juli oder ähnliche Organisationen, wenn bundesrepublikanische Behörden mangels Interesse eine Strafverfolgung nur halbherzig betrieb?


Wie Staber schon anmerkt:

Er schrieb: „Es wird Zeit, dass ich aus meiner Anonymität heraustrete und mich vorstelle. Name: Adolf Otto Eichmann. Beruf: SS Obersturmbannführer a. D.“


Eichmann hat sich gar nicht richtig versteckt bzw. war sehr unvorsichtig. Ich kann mich an eine Fernsehdokumentation über Nazis in Lateinamerika erinnern (lief vor vielen Jahren), in der sich eine Angehörige von nach Argentinien geflüchteten Nazis sehr verärgert über Eichmann geäußert hat, weil er mit seiner Unvorsichtigkeit auch noch andere Nazibonzen in die Gefahr gebracht hat, entdeckt zu werden.

Die hatten also nicht nur Freunde in der jungen Bundesrepublik, auch in Lateinamerika war ihre Deckung so gut, dass nicht einmal der israelische Geheimndienst solche Leute erwischt hat, wenn sie nicht selbst schwere Fehler gemacht haben.
Der Stuttgarter OB Rommel:

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