Der Freispruch des Hells Angel ist hier auf diesem Forum fast untergegangen. Es gibt nur zwei kurze threads dazu. Ich kopiere zwei Beiträge vom längeren der beiden threads hierher:
http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post ... sp=14#jump"Daß es sich hier bei dem Angeklagten um einen sog. Rocker handelt, hat mit der Urteilsbegründung nichts zu tun, ausserdem hatte er wohl keinerlei Vorstrafen."
Natürlich nicht, vorbestrafte Rocker darf man schließlich auch nicht ermorden, die sind nicht vogelfrei. Sowas gab es zuletzt im Mittelalter. Ihr Notwehrrecht ist dementsprechend genau dasselbe wie das "ordentlicher Bürger".
Das Problem liegt bei diesem Urteil ganz woanders: Woher will ein Bundesrichter wissen, dass ein Warnschuss genau in dieser Situation "die Kampfposition" des Verteidigers schwächt? Das Gericht der 1. Instanz hat den Warnschuss als zumutbar angesehen und den Angeklagten deshalb zu über 8 Jahren wegen Totschlags verurteilt. Letztendlich können das aber weder Richter des LG Koblenz noch des BGH beurteilen. Das kann vllt. ein Polizist oder Soldat, der schon einmal in Schießereien in Gebäuden verwickelt war. Sollen sie sich gefälligst erfahrene Leute als Gutachter suchen und sich nicht selbst irgendwas aus den Fingern saugen, was sie gar nicht beurteilen können.
Mit dem Informatikstudente war das übrigens dasselbe, nur mit umgekehrtem Ergebnis. Als wenn ein Richter beurteilen könnte, ob wirklich mildere Mittel gegenüber diesem Straßenschläger möglich gewesen wären, das haben sie einfach nur behauptet. Und sowas ist nicht rechtsstaatlich, damit wird eine Notwehrhandlung zum reinen Glücksspiel.
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ReasyEider
"führt mich zu der Überlegung, ob nicht jemand unter
Druck gesetzt wurde."
Wieso sollten sich BGH - Richter von Rockern unter Druck setzen lassen, von denen sich Richter am Landgericht zuvor nicht unter Druck haben setzen lassen?
Ich habe in diesem Fall eher den leisen Verdacht, dass der stellvertretende Vorsitzende Thomas Fischer des hier zuständigen 2. Senats des BGH (der Vorsitz ist derzeit vakant, wg. Karrierebremse für den stellvertretenden Vorsitzenden nach Stress mit Kollegen) bei dieser Gelegenheit der haarsträubenden Entwicklung zu einer Verwässerung oder gar Verleugnung des Notwehrrechts wie im Fall des Informatikstudenten Sven G. (Zuständigkeit beim 1. Senat) entgegentreten wollte.
Das fände ich von der Intention her sehr löblich, ich fürchte aber, dass er leider die falsche Gelegenheit ergriffen hätte, falls das seine Motivation gewesen sein sollte.
Er hätte dann nämlich zu demselben rechtsstaatlich unzulässigen Mittel gegriffen wie zuvor der 1. Senat im Falle des Informatikstudenten, nämlich einfach einen Lebenssachverhalt zu behaupten, den er gar nicht beurteilen kann (Warnschuss hätte Kampfposition verschlechtert).
Die wichtigste Frage in Notwehrfällen, ob mildere Mittel zur Verfügung standen oder nicht, muss künftig notfalls von Gutachtern mit echten Erfahrungen aus Kampfsituationen wie den jeweils verhandelten entschieden werden, z. B. von von erfahrenen Fachleuten der Polizei und des Militärs, und nicht mehr von Richtern, die die wichtigeste Frage überhaupt nicht beurteilen können.
Andernfalls bleiben Notwehr und Nothilfe ein reines Glücksspiel, so dass auch sehr wehrhafte Menschen in Fällen von Gewalt in der Öffentlichkeit wegsehen werden.