Ukraine

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Re: Ukraine

Beitragvon AlexRE » Fr 4. Nov 2022, 19:17



Die beiden Kernaussagen widersprechen sich allerdings etwas. "Man kann eine Atommacht nicht besiegen" passt nicht zu seiner Definition, dass ein Krieg gewonnen sei, wenn die mit der militärischen Gewalt verfolgten politischen Ziele erreicht werden. In diesem Sinne hätten nämlich die Vietnamesen in den 70er Jahren gegen die USA gewonnen und die Afghanen in den 80ern gegen die Sowjetunion.

Überhaupt hat ein angegriffenes Land immer dann gewonnen, wenn es seine Existenz und den politischen Status von vor dem Krieg erfolgreich verteidigen kann.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Ukraine

Beitragvon maxikatze » So 6. Nov 2022, 13:35

Nur mal so zur Erinnerung:
Vor 25 Jahren...
https://www.swr.de/swr2/wissen/archivra ... -652tZsDSw
"Die größte Errungenschaft unserer freiheitlichen Kultur ist die Überwindung von Denkverboten." (Vince Ebert)
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Re: Ukraine

Beitragvon AlexRE » So 6. Nov 2022, 17:43

maxikatze hat geschrieben:Nur mal so zur Erinnerung:
Vor 25 Jahren...
https://www.swr.de/swr2/wissen/archivra ... -652tZsDSw


Dazu kommt noch, dass Putin ganz unverhohlen sagt, die Auflösung der Sowjetunion sei "die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts" gewesen:

https://www.mdr.de/geschichte/zeitgesch ... e-100.html

Die Osterweiterung der Nato ist demnach keineswegs die Ursache des gegenwärtigen Krieges in der Ukraine, auch wenn das unablässig behauptet wird.
Der Stuttgarter OB Rommel:

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Re: Ukraine

Beitragvon maxikatze » So 6. Nov 2022, 20:20

AlexRE hat geschrieben:
maxikatze hat geschrieben:Nur mal so zur Erinnerung:
Vor 25 Jahren...
https://www.swr.de/swr2/wissen/archivra ... -652tZsDSw


Dazu kommt noch, dass Putin ganz unverhohlen sagt, die Auflösung der Sowjetunion sei "die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts" gewesen:

https://www.mdr.de/geschichte/zeitgesch ... e-100.html

Die Osterweiterung der Nato ist demnach keineswegs die Ursache des gegenwärtigen Krieges in der Ukraine, auch wenn das unablässig behauptet wird.


Ich kann mir das gut vorstellen, dass viele Russen die Auflösung der UdSSR als schlimm empfunden haben.
Aber das ist nicht dem Westen anzulasten.
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Re: Ukraine

Beitragvon Uel » Mo 7. Nov 2022, 19:21

Ich kann mir das gut vorstellen, dass viele Russen die Auflösung der UdSSR als schlimm empfunden haben.
Aber das ist nicht dem Westen anzulasten.


Liebe Maxi, das sehe ich zum großen Teil auch so. Schuldig ist der Westen nicht, aber er ist auch nicht politisch klug gewesen!

Dass es nicht dem Westen anzulasten ist, ändert aber nichts an der Wut und dem Hass, der in Russland vermutlich empfunden wird. Der anwächst, je erfolgreicher diese ehemaligen Sowjet-Republiken im Vergleich zum verbliebenen Russland werden. Wir kennen das doch auch von familiären Erbstreitigkeiten, wenn eine Seite sich übervorteilt fühlt. Der Hass kann in Familien sogar über Generationen vererbt werden. Der kann sogar über die Generationen noch anwachsen, siehe z.B. die Palästinenser, dann wird sogar selbstschädigendes Verhalten zelebriert und zum nationalistischen Muss.

Wenn dazu noch Scham kommt, wird es noch ne Nummer emotionaler. Das wird auch vermutlich auf viele Russen zutreffen, wenn sie sich die Bilder eines strauchelnden, lallenden alkoholisierten Jelzin auf dem Internationalen Parkett in Erinnerung rufen, wo er dann Verträge unterschrieb. Da würden selbst vorzügliche Verträge unter Verdacht geraten.

Die einzige Rosine, die die Annährung für Russland hergab, - sichere und volkswirtschaftlich notwendige Einnahmen aus Gasverkäufe an Nord-Westeuropa, - wurde auch noch versalzen durch die ständigen US-Drohungen gegen Weiterentwicklungen mit der gigantischen Investitions-Ruine Nordstream 2.

Auch die Zusage, keine Nato-Truppen in Grenzländern zu Russland zu verlegen, hat man mit dem Trick der Rotation ad absurdum geführt. Ihr könnt mir ja mal helfen auf der Suche nach dem einzigen vorteilhaften Sachverhalt im Nachgang zum "„Come here to this gate! Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ langfristig für Russland, außer den realisierten Gaseinnahmen. Damit hier keine Mißverständnisse aufkommen. Besonders wir Deutschen waren die Gewinner, und das ist auch gut so, dank Bahr und Brandt sowie Kohl als Chancennutzer.

Lieber Alex, dies ist keine Entschuldigung von Kriegverbrechen in der Ukraine, sondern verstehen wollen, was diese Katastrophe über die Zeit auslösen konnte und warum Putin so wenig wirklichen Gegenwind im eigenen Land hat. Selbst liberale Russen haben wir geschädigt, indem wir den harten Nationalisten die Argumente geliefert haben. Alles allein mit der Niedertracht Putins erklären zu wollen, ist etwas für simple Geister.

Die Lehre aus dem 1.Weltkrieg, dass "the winner takes it all" kein guter Plan ist, sondern der Marshallplan ein Erkenntnisgewinn darstellte, haben die meisten Politiker in den 90er und 2000er Jahre vergessen oder bewusst ignoriert.
Mangel an Weisheit ist sicherlich keine Schuld, es wird aber für Historiker ewig ein politischer Fehler bleiben.

Liebe Grüße
von Uel

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Re: Ukraine

Beitragvon AlexRE » Mo 7. Nov 2022, 20:40

Manchmal muss der Gewinner eben alles nehmen. Die unterlegenen Südstaatler mussten nach dem Bürgerkrieg 1865 ALLE Sklaven abgeben, weil man die Sklaverei nicht nur ein bisschen abschaffen konnte, sondern nur ganz oder gar nicht.

Ebenso muss man die befreiten baltischen Staaten als vollständig souverän ansehen, auch das geht nicht nur ein bisschen. Dazu gehört auch das Recht, der Nato beizutreten. Putin hat bei seinem ständigen Lamento über die größte aller geopolitischen Katastrophen wiederholt über den tragischen Verlust Lettlands gejammert, wo er immer mit seiner Mama Urlaub gemacht hat. Ich glaube nicht, dass die baltischen Staaten ohne die Nato noch unabhängig wären.

Wenn das alles so historisch falsch war, ist die Idee von Freiheit und Recht eben falsch und den Byzantinern gehört die machtpolitische Zukunft. Viel Wohlstand wird die Herrschaft von Russen, Serben, Bulgaren und vor allem Griechen aber nicht generieren.
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Re: Ukraine

Beitragvon AlexRE » Mo 7. Nov 2022, 22:44

Übrigens hat das Ende der Kolonialzeit nicht nur bei Russen Hass und Wut ausgelöst. Einige Franzosen haben sogar versucht, Charles de Gaulle zu ermorden, weil er Algerien freigegeben hat:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Attenta ... it-Clamart

Damit konnten sie den Lauf der Geschichte aber nicht aufhalten und auch Putin wird die überkommenen imperialen Ansprüche nicht wiederbeleben können. Er kann allenfalls bei dem gescheiterten untauglichen Versuch dazu Millionen Tote hinterlassen.
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Re: Ukraine

Beitragvon AlexRE » Mi 9. Nov 2022, 18:21

Die Russen kündigen ihren Abzug aus Cherson an:

https://www.tagesschau.de/ausland/europ ... g-101.html

Mancher befürchtet da einen Bluff bzw. eine Falle. Wahrscheinlicher ist aber wohl, dass der drohende blutige Häuserkampf und die schlechte Versorgungslage, durch die die Niederlage vorprogrammiert ist, innenpolitisch zu brisant für Putin sind.
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Re: Ukraine

Beitragvon Uel » Mi 9. Nov 2022, 20:43

Übrigens hat das Ende der Kolonialzeit nicht nur bei Russen Hass und Wut ausgelöst. Einige Franzosen haben sogar versucht, Charles de Gaulle zu ermorden, weil er Algerien freigegeben hat:


Natürlich löst Macht- und Reichtumsverlust immer seit je her Hass und Wut aus, war so und wird immer so bleiben. Kluge Politik, wie ich sie verstehe, versucht Mittel und Wege zu finden, um Hass- und Wutausbrüche möglichst zu verhindern oder abzufedern. Das müssen natürlich echte Angebote sein und keine schönen Worthülsen. Und zukünftige Historiker werden natürlich nach den dann geltenden Werten die politische Versäumnisse der Vergangenheit bewerten.

Manchmal muss der Gewinner eben alles nehmen. Die unterlegenen Südstaatler mussten nach dem Bürgerkrieg 1865 ALLE Sklaven abgeben, weil man die Sklaverei nicht nur ein bisschen abschaffen konnte, sondern nur ganz oder gar nicht.


Ja, kann schon mal passieren, wenn es das Hauptziel der Auseinandersetzung war. Die Südstaatler können ja sehr froh sein, dass der Norden keine Bodenreform gegen die wirtschaftliche Machtgrundlage der "Landlords" durchgeführt hat und übergroße Ländereien an Kriegsveteranen als Kriegsbeute verteilt hat. Wär unter gerade wieder aktuellen Trump-Signalen aus den USA diesen vielleicht langfristig ganz gut bekommen. Will sagen: der Süden ist damals billig davon gekommen, denn die Farbigen konnte man ja als "freie" billige Lohnsklaven bis in die Mitte der 60er Jahre immer noch grottenschlecht behandeln, weil nicht alle in den Norden umziehen wollten oder konnten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Marsch_auf_Washington_f%C3%BCr_Arbeit_und_Freiheit
https://de.wikipedia.org/wiki/In_der_Hi ... acht_(Film)

Ich glaube nicht, dass die baltischen Staaten ohne die Nato noch unabhängig wären.

Ich denke, vielleicht nicht Putin aber die Russen hätten den Verlust des Baltikums insbesondere gedenk der kriminellen Einsackung dieser Territorien zum Ende des Weltkriegs II schon gut verkraften können. Ein neutrales Baltikum im Verbund mit Schweden und Finnland hätte ganz andere Signale senden können als dort anrückende Natokräfte. Wieso ein Bündnis von europäischen neutralen Staaten mit Schweden, Baltikum, Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz undenkbar war, wird ein Geheimnis für zukünftige Generationen sein. Gibt es in der UN überhaupt eine Nachfolge-Gruppe für die gescheiterte Formation er Blockfreien Staaten?

Beim aufkommenden Machtpoker zwischen USA - Nato - China - Indien - Russland wäre eine zahlenmäßig große, wirtschaftliche starke Gruppe neutraler Staaten in der UN sehr wichtig. Vielleicht bringt der notwendige Klimaschutz ja soetwas doch noch hervor, - eine Gruppe der zivilisiert Gutwilligen.
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Ukraine

Beitragvon AlexRE » Do 10. Nov 2022, 09:27

Uel hat geschrieben:Ja, kann schon mal passieren, wenn es das Hauptziel der Auseinandersetzung war. Die Südstaatler können ja sehr froh sein, dass der Norden keine Bodenreform gegen die wirtschaftliche Machtgrundlage der "Landlords" durchgeführt hat und übergroße Ländereien an Kriegsveteranen als Kriegsbeute verteilt hat. Wär unter gerade wieder aktuellen Trump-Signalen aus den USA diesen vielleicht langfristig ganz gut bekommen. Will sagen: der Süden ist damals billig davon gekommen, denn die Farbigen konnte man ja als "freie" billige Lohnsklaven bis in die Mitte der 60er Jahre immer noch grottenschlecht behandeln, weil nicht alle in den Norden umziehen wollten oder konnten.


Natürlich, die siegreichen Nordstaaten waren in mancher Hinsicht sehr großzügig gegenüber den Besiegten, weil sie eine Spaltung der Nation auf unabsehbare Zeit vermeiden wollten. Meine Formulierung, dass der Sieger manchmal alles nehmen müsse, weil man eben manche Dinge nicht halbherzig handhaben kann, bezog sich allerdings ausschließlich auf die Grundfrage der Sklaverei selbst. Alle anderen offenen Fragen konnten nach dem Bürgerkrieg mit friedensfördernden Kompromissen geregelt werden, die Frage der Sklaverei aber nicht.

So ähnlich ist das mit der Souveränität von Staaten auch. Die Ukraine ist frei und kann nicht mit Gewalt gezwungen werden, ein kleines bisschen zur russischen Kolonie zu werden. Das ist mit dem Begriff "Souveränität" nicht vereinbar. In allen anderen offenen Fragen sind m. E. auch heute noch Kompromisse in der Art von Minsk II diskutabel, wenn man dadurch horrende Verluste auf beiden Seiten vermeiden und eine friedliche Zukunft ermöglichen kann.

Immerhin war die Krim tatsächlich eindeutig russisch, bis Chrustschow sie aus schwer nachvollziehbaren Gründen an die Ukraine angegliedert hat. Ich vermute ja mit Blick auf den Kaukasus, wo zu sowjetischer Zeit ähnlich fragwürdige Grenzziehungen vorgenommen wurden, dass das nur der Vorsorge für den Fall einer innenpolitischen Schwächephase einer künftigen kommunistischen Regierung der SU dienen sollte.

Wahrscheinlich war das Kalkül: Wenn nationalistische Kräfte erstarken sollten, können sie sich jedenfalls nicht alle gegen die Kommunisten verbünden, weil sie sich angesichts unnatürlicher Grenziehungen sofort gegenseitig an die Gurgel gehen.
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