NSU-Prozess

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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon AlexRE » Fr 19. Apr 2013, 22:21

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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon AlexRE » Sa 20. Apr 2013, 07:54

maxikatze hat geschrieben:
. wenn der materiellrechtliche Verfassungsverstoß mit gegen 100 % laufender Wahrscheinlichkeit im Hauptsacheverfahren festgestellt werden würde.


Ja, wenn...
Die Zeit hat das BVG nicht, um das genauer zu prüfen. Oder man lässt den ersten Verhandlungstermin platzen.
Aber aus der Begründung des BVG geht klar hervor, dass deshalb so entschieden wurde, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu giessen. Nur so und nicht anders ist der Satz zu verstehen:
"...Deshalb kann die Eilentscheidung nur auf eine Folgenabwägung gestützt werden"


Auch die Folgenabwägung findet nur statt, wenn der Antrag im einstweiligen Verfahren nicht offensichtlich unbegründet ist. Da muss also auf jeden Fall materiellrechtlich was dran sein.

Meiner Meinung nach ist es hier sogar so, dass da nicht nur was dran ist, sondern dass die Nichtberücksichtigung der Presse der Heimatländer der Opfer von rassistischen motivierten Morden ganz eindeutig (insbesondere wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes) verfassungswidrig ist.
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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon maxikatze » So 21. Apr 2013, 13:04

...und noch eine Klage, mit der sich das VG befassen soll:
Ein Kläger fordert, dass in einem anderen Gerichtssaal die Verhandlung per Video übertragen werden soll.

http://www.radioberg.de/berg/rb/1015838 ... hland_welt
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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon maxikatze » So 21. Apr 2013, 18:59

AlexRE hat geschrieben:
Meiner Meinung nach ist es hier sogar so, dass da nicht nur was dran ist, sondern dass die Nichtberücksichtigung der Presse der Heimatländer der Opfer von rassistischen motivierten Morden ganz eindeutig (insbesondere wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes) verfassungswidrig ist.


Wenn neu verlost wird, gibt es doch auch wieder Ärger. Weil Journalisten, die bereits Plätze hatten, möglicherweise nicht mehr zum Zug kommen. Wo bleibt der Gleichheitsgrundsatz, wenn von vornherein 4 türkische Plätze reserviert werden?
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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon AlexRE » So 21. Apr 2013, 19:12

maxikatze hat geschrieben:Wo bleibt der Gleichheitsgrundsatz, wenn von vornherein 4 türkische Plätze reserviert werden?


Der richtig verstandene Gleichheitsgrundsatz erfordert das sogar zwingend:

(...)

Überblick [Bearbeiten]

Es gibt im deutschen Verfassungsrecht einen – immer (nur) auf Aristoteles zurückgeführten, tatsächlich aber mindestens 1.400 Jahre weiter auf Abraham[1] zurückführbaren – allgemeinen Gleichheitssatz und verschiedene spezielle Gleichheitssätze. Der allgemeine Gleichheitssatz verpflichtet die öffentliche Gewalt, vergleichbare Fälle gleich zu behandeln. „Gleiche Fälle sollen gleiche Regeln treffen“ (Konrad Hesse) oder: wesentlich Gleiches sei rechtlich gleich und wesentlich Ungleiches seiner Eigenart entsprechend rechtlich ungleich zu behandeln (Bundesverfassungsgericht). Die speziellen Gleichheitssätze legen fest, in welchen Fällen wesensgemäß Verschiedenes dennoch rechtlich gleich zu behandeln ist, z. B. die Gleichheitssätze in Art. 3 GG.

(...)


https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichheitssatz

Das berechtigte Interesse der türkischen und deutsch-türkischen Öffentlichkeit daran, dass zumindest einige wenige Pressevertreter aus dem Land der Opfer den Prozess gegen rassistisch motivierte Mörder unmittelbar beobachten können, ist so groß bzw. schutzbedürftig und schutzwürdig, dass der Beschluss des BVerfG wegen des oben rot markierten Wesenszuges des Gleichheitsgrundsatzes unausweichlich war.
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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon maxikatze » So 21. Apr 2013, 19:24

Vor dem Lostopf sind eben nicht alle gleich!


Nun hat das Gericht das Verfahren neu ausgeschrieben, seit Freitag, 12 Uhr, können sich Medien neu bewerben. Damit die Vergabe diesmal nicht wieder zu Chaos führt, haben die Juristen vorgesorgt: Sechs Seiten ist die Verfügung lang, die am Freitagvormittag verschickt wurde.

Über den Erfolg bei der Akkreditierung entscheidet das Zufallsprinzip, allerdings gibt es feste Kontingente. Vier Plätze werden für türkische Medien reserviert, weil acht der zehn NSU-Opfer türkischer Abstammung waren. Auch ein griechischsprachiges und sogar ein persischsprachiges Medium haben einen garantierten Platz - eines der Münchner Opfer war Grieche, bei einem Sprengstoffattentat in Köln wurde eine Deutsch-Iranerin schwer verletzt. Allerdings hat bislang weder eine griechisches noch ein persisches Medium gesteigertes Interesse an einer Teilnahme am Prozess bekundet.

Auch Nachrichtenagenturen, Fernsehen, Rundfunk, Tagezeitungen und Wochenzeitungen teilte das Gericht ein festes Kontingent zu. Während Fernsehen und Rundfunk zehn Plätze haben, erhalten Tageszeitungen aber nur acht garantierte Plätze, eine Differenzierung zwischen regionalen und überregionalen Medien fehlt. Es wäre also möglich, dass große Tageszeitungen nun leer ausgehen.


http://www.sueddeutsche.de/politik/sitz ... -1.1653276

http://www.sueddeutsche.de/politik/sitz ... .1653276-2
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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon AlexRE » So 21. Apr 2013, 19:31

maxikatze hat geschrieben:Vor dem Lostopf sind eben nicht alle gleich!


Nun hat das Gericht das Verfahren neu ausgeschrieben, seit Freitag, 12 Uhr, können sich Medien neu bewerben. Damit die Vergabe diesmal nicht wieder zu Chaos führt, haben die Juristen vorgesorgt: Sechs Seiten ist die Verfügung lang, die am Freitagvormittag verschickt wurde.

Über den Erfolg bei der Akkreditierung entscheidet das Zufallsprinzip, allerdings gibt es feste Kontingente. Vier Plätze werden für türkische Medien reserviert, weil acht der zehn NSU-Opfer türkischer Abstammung waren. Auch ein griechischsprachiges und sogar ein persischsprachiges Medium haben einen garantierten Platz - eines der Münchner Opfer war Grieche, bei einem Sprengstoffattentat in Köln wurde eine Deutsch-Iranerin schwer verletzt. Allerdings hat bislang weder eine griechisches noch ein persisches Medium gesteigertes Interesse an einer Teilnahme am Prozess bekundet.

Auch Nachrichtenagenturen, Fernsehen, Rundfunk, Tagezeitungen und Wochenzeitungen teilte das Gericht ein festes Kontingent zu. Während Fernsehen und Rundfunk zehn Plätze haben, erhalten Tageszeitungen aber nur acht garantierte Plätze, eine Differenzierung zwischen regionalen und überregionalen Medien fehlt. Es wäre also möglich, dass große Tageszeitungen nun leer ausgehen.


http://www.sueddeutsche.de/politik/sitz ... -1.1653276

http://www.sueddeutsche.de/politik/sitz ... .1653276-2


Natürlich sind nicht alle gleich, es haben ja auch nicht alle ein gleich schutzwürdiges Interesse an der Prozessbeobachtung. Also darf man sie gar nicht über einen Kamm scheren, wenn man den (wie gesagt: richtig verstandenen) Gleichheitsgrundsatz nicht verletzen will.

Bei dem jetzt durch das BVerfG erzwungenen Verfahren könnte man allenfalls noch rein theoretisch hinterfragen, ob nicht auch die Presse des Landes der Angeklagten (also die deutsche) Plätze reserviert bekommen müsste. Aber das würde nur praktisch relevant, wenn sie bei der nächsten Ziehung ganz unwahrscheinliches Lospech haben sollten.
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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon AlexRE » Mo 29. Apr 2013, 18:27

Nach der Verlosung der Plätze im NSU - Prozess bleiben einige große Medien wie die FAZ außen vor (und prüfen laut FAZ eine neue Klage), während kleinere lokale Zeitungen und die Brigitte einen Platz gewonnen haben:

http://www.faz.net/aktuell/politik/nsu-prozess/nsu-prozess-die-ausgelosten-medien-im-ueberblick-12166808.html

Das habe ich auf Facebook dazu geschrieben:

Wenn das mal nicht den nächsten Verfassungsrechtsstreit ergibt. Das könnte man vielleicht reparieren, wenn das Gericht den Losgewinnern aufgibt oder zumindest erlaubt, den gewonnenen Platz gegen kostenlose Nachdruckrechte an fachlich spezialisierte Kollegen abzutreten.

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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon Staber » Mo 29. Apr 2013, 19:07

AlexRE hat geschrieben:Nach der Verlosung der Plätze im NSU - Prozess bleiben einige große Medien wie die FAZ außen vor (und prüfen laut FAZ eine neue Klage), während kleinere lokale Zeitungen und die Brigitte einen Platz gewonnen haben:

http://www.faz.net/aktuell/politik/nsu-prozess/nsu-prozess-die-ausgelosten-medien-im-ueberblick-12166808.html

Das habe ich auf Facebook dazu geschrieben:

Wenn das mal nicht den nächsten Verfassungsrechtsstreit ergibt. Das könnte man vielleicht reparieren, wenn das Gericht den Losgewinnern aufgibt oder zumindest erlaubt, den gewonnenen Platz gegen kostenlose Nachdruckrechte an fachlich spezialisierte Kollegen abzutreten.

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Ich verstehe eines nicht Alex,was hacken denn eigentlich so viele auf der Brigitte rum ? Gleiches Recht ( bzw. Losglück ) für alle.Warum soll die Brigitte denn nicht über den Prozeß berichten können oder dürfen. Wie überheblich und kurz gedacht ist das denn. Aus der Warte z.B. Familie, Frauen, Integration und gegen Rechtsradikalismus war und ist die Brigitte immer auch politisch in ihren Artikeln.Oder sehe ich das falsch! So werden auch Leute erreicht, die nicht unbedingt politische Artikel und Kommentare in den dafür„ seriösen" angesehen Printmedien lesen.
Das lohnt sich doch und ich denke, die Brigitte wird ihre Chance nutzen.

gruß horst
Auf , deutsches Volk , erwache !
Gesund bleiben !
Gruß Staber
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Re: NSU-Prozess: Türkische Zeitung prüft Klage

Beitragvon Uel » Mo 29. Apr 2013, 19:41

... bei den finanziellen Engpässen so mancher kleinen Zeitung wird es ein kurzfristiger wirtschaftlicher Segen sein, wenn große Zeitungen mal kleine Reporter von nicht Mainstream-Zeitungen großzügig für ihre Reportagen honorieren dürfen und endlich mal wieder etwas in Richtung Chancengleichheit auf dem Pressemarkt geht. Vielleicht wird ja auch über diesen ungewöhnlichen Weg ein Gerichtsreporter-Talent jenseits der eingefahrenen Wege entdeckt.

Diese Journalisten-Bande hat das Wort Chancengleichheit im Monopolisierungsfieber der ganz Großen wohl völlig aus den Augen verloren.
Liebe Grüße
von Uel

Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke: --- Kein Plan übersteht den ersten Feindkontakt --- (gefunden bei Vince Ebert) Mein Zusatz: ... der Feind kann auch Realität heißen!
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