FOCUS ONLINE Perspektiven - "Zwischen Freiheit und Gesundheit„Wurden aktiv angehustet“: Polizist berichtet über die Gratwanderung auf Corona-Demos""[...]
Der Spagat zwischen staatlicher Fürsorge und individueller Freiheit fällt auch mit zunehmenden Lockerungen schwer, wie die teils verstörenden Bilder großer Corona-Demos vom vergangenen Wochenende deutlich machen.
Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit traf hier auf die Auflagen des Infektionsschutzgesetzes: Demonstrieren ja – aber nur mit Atemschutzmaske und 1,50 Meter Abstand, so die eindeutige Vorgabe. Für die Polizei vor Ort ist die Lage jedoch deutlich komplexer. Sie verlangt „verhältnismäßiges Handeln“, wie es in der Polizeisprache heißt.
Polizei entschied sich gegen Auflösung der Demonstration an der Kölner DomplatteRalf Krämer war als Einsatzleiter am vergangenen Samstag an der Domplatte in Köln vor Ort, als ein bunter Mix aus Impfgegnern, Corona-Leugnern und Personen aus rechter und linker Szene zum Corona-Protest aufmarschierte, getarnt als „Spaziergang“, ohne Masken und ohne Mindestabstand. „Bei einem Aufmarsch von 500 Menschen ist das natürlich schwer, die Auflagen des Infektionsschutzes bis ins Kleinste durchzusetzen“, sagt Krämer, gerade wenn solche Situationen plötzlich auftreten würden.
Doch warum lösten die Einsatzkräfte die Veranstaltung angesichts der offensichtlichen Verstöße nicht auf? Ein Grund war die unerwartet große Anzahl unangekündigter Demonstranten, doch es gibt weitere Faktoren, die die Polizei bei der Entscheidung über eine Auflösung berücksichtigte. „Bei einer Auflösung müsste man die Menschen quasi einkesseln und würde so neue Gefahrenherde schaffen“, gibt Krämer Einblick in den Entscheidungsprozess.
Corona-Demo in KölnDie Polizei entschied sich deswegen, den Aufmarsch zu begleiten, „um so den Rest der Bevölkerung zu schützen“, sagt Krämer. Mehrere Demonstranten hatten umstehende Passanten aufgefordert, ihre Masken auszuziehen. Teilweise wurden „Polizisten und unbeteiligte Passanten aktiv angehustet“, sagt der Pressesprecher der Polizei Köln, Wolfgang Baldes und ergänzt, dass die Beamten künftig gegen derartige Fälle der aktiven Gefährdung entschieden vorgehen werden.
Auch unter den Beamten sorgen die Corona-Lage und das Verhalten mancher Demonstranten für Unmut. „Wenn die Menschen einen bewusst anhusten, dann ballt man schon mal die Faust in der Tasche zusammen - dann ist die Grenze überschritten“, berichtet Einsatzleiter Krämer. Das erhöhte Ansteckungsrisiko, dem er und seine Kollegen ausgesetzt seien, führe bei Einsätzen zu zusätzlicher Anspannung.
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Ausführlich dazu die Quelle:https://www.focus.de/perspektiven/zwisc ... 86409.htmlKommentar
Natürlich ist die Lage vor Ort komplexer. Und genau deshalb muss die Arbeit im Vorfeld präziser erfolgen. Wenn man dort zu dem Schluss kommen muss, dass die Gefährdungslage das nicht erlaubt, dürfen solche Demonstrationen eben gar nicht stattfinden und es ist jede Form der Zusammenrottung von vornherein zu unterbinden, so dass es hinterher gar kein großes Einkesseln geben muss.
Wenn die Polizei nicht in der Lage ist eine Klein-Demonstration von 500 Teilnehmern aufzulösen, dann Prost Mahlzeit. Was wollen die dann bei einer richtigen nicht angemeldeten Demo machen? Natürlich schafft ein, wenn notwendig, Einkesseln, neue Gefahrenherde. Deshalb ist ja auch nach Möglichkeit vorher einzuschreiten. Das geht, wenn nötig, relativ schnell, wenn man es richtig macht. Habe ich alles schon persönlich erlebt, bei einer deutlich größeren Veranstaltung die ebenfalls unangemeldet stattfand und wo man sich dann als Bürger beim Einkaufen plötzlich mittendrin befand, eingekesselt von gleich mehreren Phalangen aus Bereitschafts- und normaler Schutzpolizei. Dort waren sogar SEK-Greifer-Kommandos von je 6 Mann im Einsatz, die Rädelsführer gleich abgefischt haben. Der Einsatz ist in die Polizei-Historie eingegangen, gradlinig, effizient, effektiv. So etwas kriegen die anscheinend heute nicht mehr auf die Reihe bei der ständigen angeblich "verhältnismäßigen", oft aber leider nur verweichlichten Vorgehensweise.
Ein Zyniker könnte bei solchen Egomanen-Demos von unter anderem Corona-Leugnern eben genau von denen die Personalien aufzunehmen und in ein Triage-Register aufzunehmen. Da deren Ansicht zufolge ja alles nicht so ernst ist, könnte man das Register dann bei einer zweiten Welle im Herbst/ Winter heranziehen um Engpässe in Kliniken zu vermeiden. Die bekämen dann als letzte ein Beatmungsgerät, falls erforderlich. Das erleichterte eine Triage ungemein.
Eins zeigen derartige Krisen in der Krise mehr als deutlich: Der Nächste Punkt auf der Liste der nach der Corona-Krise unbedingt in Angriff zu nehmenden Probleme ist der, dass die Rangordnung der Grundrechte endlich einmal für jeden verbindlich und verständlich klar gestellt wird. ("Für jeden verbindlich" ist in dem Fall etwas unscharf, da es sich bei den Grundrechten ja ausschließlich um Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat handelt.)