Ricarda hat geschrieben:Waldbaum hat geschrieben:Hat jemand auch den SPIEGEL-Artikel zu diesem Thema gelesen?
Die kommen auch zu keinem anderen Ergebnis wie ich:In tropischen Kolonien hingegen gab es meist nur eine kleine europäische Siedlerelite, die die einheimische Bevölkerung als Plantagen- oder Minenarbeiter versklavte. Hier konnten sich nie gesellschaftliche Institutionen herausbilden, die Wachstum begünstigt hätten. Das rächte sich nach der Entkolonialisierung: Die weiße Ausbeuterelite wurde in vielen Fällen lediglich gegen eine farbige ausgetauscht.
aus: http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 93,00.html
Die These, dass Staaten selbst durch Revolutionen sich selbst bereichernde Eliten nicht mehr loswürden, scheint mir doch sehr fragwürdig:
Kleine Unterschiede zwischen Staaten führen in entscheidenden Momenten zu unterschiedlichen Weichenstellungen, und von diesem einmal eingeschlagenen Pfad wieder herunterzukommen, ist dann sehr schwer. Wenn ein Staat einmal mit einer Elite geschlagen ist, die sich vor allem selbst bereichert - dann wird auch eine Revolution daran wenig ändern.
Das sah nach den Revolutionen in Nordamerika und Frankreich im 18. Jahrhundert und in Russland im 20. Jahrhundert dann wohl doch etwas anders aus.
Wenn man allerdings mit dem durch die Revolution geschaffenen neuen Recht nicht gleichzeitig das Prinzip etabliert, dass dieses neue Recht unbedingt verbindlich ist und auch für die neuen Machthaber gilt, wechselt man tatsächlich nur die Ausbeuter aus und kann die Ausbeutung selbst nicht überwinden.
Was Rechtlosigkeit bzw. das Recht des Stärkeren ökonomisch bedeuten, versuche ich immer an einem selbst erlebten Beispiel zu erläutern: Eines meiner ersten Autos war ein VW - Käfer, bei diesem Typ sind die Türschlösser vergleichsweise schwer zu knacken. Ein Krimineller hat erfolglos versucht, die Schlösser aufzubohren und beide zerstört, ohne die Fahrer- oder Beifahrertür aufzubekommen. Dann hat er eine Scheibe eingeschlagen und den Radiorecorder gestohlen. Der Schaden machte ungefähr den 10 - fachen Wert des gestohlenen Gegenstandes aus. Wenn man - um sich volkswirtschaftlichen Maßstäben anzunähern - meine wirtschaftlichen Interessen und die des Dieb moralisch wertfrei als Gesamtheit betrachtet, ist somit ein ökonomischer Gesamtschaden entstanden. Das ist die Grundgesetzmäßigkeit der Rechtlosigkeit / des Rechts des Stärkeren. Meiner Ansicht nach ist deshalb für den Wohlstand von Nationen von allererster Bedeutung, wie gut die jeweilige Rechtsordnung funktioniert.
Da die heute noch vorhandenen Staatsgrenzen in Afrika von Kolonialmächten gezogen wurden und sehr oft Stammesgebiete willkürlich zerschneiden, haben es die unterschiedlichen Ethnien in vielen afrikanischen Staaten schwer, einen gemeinsamen Nenner für eine gut funktionierende Rechtskultur zu finden.