Historisches Unrecht in aktuellen Rechtsstreitigkeiten

Hier soll besprochen werden, wie die künftige Entwicklung der UN im Hinblick auf zuverlässigeren internationalen Rechtsschutz einzelner Staaten und Volksgruppen aussehen könnte.

Historisches Unrecht in aktuellen Rechtsstreitigkeiten

Beitragvon AlexRE » Sa 15. Jan 2011, 16:16

Anlässlich der aktuellen Entscheidung der griechischen Regierung, dem Rechtsstreit zwischen Deutschland und Italien um ein deutsches Kriegsverbrechen im griechischen Distomo im Jahre 1944 vor dem Internationalen Gerichtshof beizutreten, eröffne ich einen thread zu der generellen Frage, wie mit historischem Unrecht umgegangen werden sollte, mit dem die heute lebenden und in Prozesse involvierten Menschen persönlich nichts zu tun haben.

In dem aktuellen Streit um das Verbrechen von Distomo sind die Fronten jedenfalls verhärtet:

Außenminister Guido Westerwelle hat den Entschluss Griechenlands scharf kritisiert, eine Schadenersatzklage von Opfern deutscher Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg zu unterstützen. "Ich habe kein Verständnis für die Entscheidung der griechischen Regierung“, sagte der FDP-Politiker.


Quelle: welt.de

Dort geht es hauptsächlich um das völkerrechtliche Prinzip der Staatenimmunität. Zu dem Gesamtthema dieses threads gehören aber auch einige Gerichtsverfahren um historisches Unrecht zwischen Privatpersonen, Unternehmen usw., die vornehmlich in den USA von Nachkommen der Ureinwohner und in die neue Welt zwangsverschleppter Sklaven geführt werden.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Historisches Unrecht in aktuellen Rechtsstreitigkeiten

Beitragvon Uel » So 16. Jan 2011, 13:54

In diesem Zusammenhang, wo will man anfangen, wo aufhören???

Ich habe was Aktuelles, weil es gerade heute auf WDR5 Dok5 zwischen 11:00 und 12:00 gesendet wurde. Der Fall Lumumba, oder „Wir haben ihn in Stücke geschnitten“ (… und in Säure aufgelöst).

Der Kongo, als sehr rohstoffreiches Land, hätte mit seinem 1. Präsidenten Lumumba nach der Unabhängigkeit eine realistische Chance auf eine gute Zukunft gehabt. Aber die Bosheit, in Gestalt des Belgischen Königs, der Belgischen und Amerikanischen Geheimdienste, des Amerikanischen Präsidenten und einer parteiischen, teilweise gekauften nicht helfen wollenden Uno und natürlich die großen Minengesellschaften wollten nicht zurückstecken und auf ihre unangemessene Anteile an ergaunerten Pfründen verzichten. Sie wollten einer demokratischen nationalen Entwicklung (Unabhängigkeit) nicht wirklich zustimmen und mussten somit zu gemeinsten Mördern werden, wenn sie es nicht schon längst waren. Mir ist nicht bekannt, dass der Belgische Staat oder das Belgische Königshaus je einen Cent an den Kongo entschädigt hätte, einem Kongo, wo das Grauen aus dem Reichtum an Bodenschätzen und durch die Habgier inländischer und ausländischer Ausbeuter bis heute anhält.

Das Belgische Königshaus muss besonders erwähnt werden, hatte doch der Belgische König Leopold_II, der die Kolonie errichtete, sie nicht als erweitertes Belgisches Staatsgebiet sondern als seinen persönlichen Privatbesitz aufgefasst und sich entsprechend bereichert. Dieser Zusammenhang ist einer der grauenvollsten in der europäischen Kolonialgeschichte. Und diese Geschichte war nicht 1945 wie die Deutsche Barbarei zu Ende, sondern fand 1961 mit der Unabhängigkeit nur ein vordergründiges Ende, denn ein wirklicher Befreiungsschlag wurde durch die Ermordung Lumumbas erfolgreich abgewehrt.

http://www.wdr5.de/sendungen/dok-5/s/d/16.01.2011-11.05.html
In der Hörprobe ist Lumumbas Redebeitrag zur Unabhängigkeitsfeier wirklich hörenswert.
Liebe Grüße
von Uel

Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke: --- Kein Plan übersteht den ersten Feindkontakt --- (gefunden bei Vince Ebert) Mein Zusatz: ... der Feind kann auch Realität heißen!
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Re: Historisches Unrecht in aktuellen Rechtsstreitigkeiten

Beitragvon AlexRE » Mi 19. Jan 2011, 20:32

Heute auf unserem Partnerforum realization geschrieben:

Friedans hat geschrieben:Ich schaue mal in die nahe Vergangenheit, Vietnam - die Franzosen waren drinn, die Amerikaner waren drinn......
China - die Japaner waren drinn und bei den Philipienen waren die doch auch......

Die Italiener waren doch auch in Afrika - oder nicht.......

Also Deutschland wird bestimmt wieder Zahlen müssen.......



Friedans hat geschrieben:Also Deutschland wird bestimmt wieder Zahlen müssen.......


Das sieht derzeit nicht so aus. Deutschland hat in der Vergangenheit für spezifische Nazi - Verbrechen (rassische oder politisch - ideologische Verfolgung) mehr oder weniger freiwillig gezahlt, das meiste an Israel, aber auch an alle anderen Länder, in denen es Nazi - Opfer gab, an Griechenland z. B. 125 Mio. DM im Jahre 1962. Wie gesagt, das bezieht sich auf politisch motivierte Verbrechen der Nazis und nicht auf herkömmliche Kriegsverbrechen ohne politische Motive.

Reparationen will die deutsche Regierung defintiv nicht zahlen, so ist schon der 2 + 4 - Vertrag angelegt:


Die Annahme des Zwei-plus-Vier-Vertrages war Voraussetzung der Vier Mächte zu deren Zustimmung zur deutschen vollständigen[24] Souveränität, da ein Friedensvertrag nach dem Zweiten Weltkrieg nicht abgeschlossen wurde und auch seither „weder geplant ist noch Sinn machte“.[25] Denn ein Friedensvertrag ist völkerrechtlich nicht die einzige Möglichkeit der Kriegsbeendigung. Diese kann auch durch einseitige Erklärungen,[26] gestufte Teilregelungen oder schlicht durch faktische Wiederaufnahme der friedlichen Beziehungen erfolgen.[27] Das bestehende Einverständnis findet sich im übertragenen Sinne in der Sprachregelung anstatt eines Friedensvertrages wieder; diese wurde auch getroffen, um „u. a. eventuell noch nicht erledigte[n] Reparationsforderungen einzelner Drittstaaten“[28] nicht nachkommen zu müssen. Es „hätte zwangsläufig alle früheren Kriegsgegner des Deutschen Reiches als potentielle Vertragspartner auf den Plan gerufen […]“,[28] woran aber „[w]eder die Vier Mächte noch die beiden deutschen Staaten […] ein Interesse [haben konnten]“.[28] Diese Frage „kann materiell als erledigt betrachtet werden, nachdem bereits 1953 Polen und die Sowjetunion ihren Verzicht erklärt haben.“[29] Bei der Londoner Schuldenkonferenz war festgelegt worden, dass alle Reparationsforderungen nach einem Friedensvertrag ausgehandelt würden. Zudem war besonders für die Bundesrepublik der Begriff des Friedensvertrages seit dem Versailler Vertrag negativ besetzt und war nicht zuletzt auch angesichts der Zeit, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs vergangen war – er sei „vielfach als ‚anachronistisch‘ empfunden“ worden[30] –, und der veränderten politischen Realität nicht angemessen.


http://de.wikipedia.org/wiki/Zwei-plus-Vier-Vertrag

Der Vertrag regelt alles, was nach der Interessenlage der beiden deutschen Staaten und der vier Mächte regelungsbedürftig war, stellt insbesondere die uneingeschränkte Souveränität Deutschlands endgültig außer Frage, vermeidet aber den Begriff "Friedensvertrag", der laut Londoner Schuldenabkommen die Reparationsfrage auf die Tagesordnung gebracht hätte.

Deshalb sind auch die Fronten zwischen der deutschen und der griechischen Seite in der Frage des Kriegsverbrechens von Distomo so verhärtet. Es geht da nicht nur um 28 Millionen Euro Schadensersatz wegen dieses einen Verbrechens, sondern um`s Prinzip. Die griechische Regierung vertritt schon seit Inkraftreten der 2 + 4 - Verträge die Auffassung, dass die nach Kriegsende von den Siegermächten festgesetzten und auf die ehemaligen Kriegsgegner verteilten Reparationsansprüche, die dann im Londoner Schuldenabkommen bis zum Friedensvertrag ausgesetzt wurde, nach der Wiedervereinigung fällig geworden seien.

Allein Griechenland hatten die Siegermächte vor dem Londoner Schuldenabkommen 7,5 Milliarden US - $ Reparationen zugewiesen. Das wären heute mit Zinsen an die 100 Mrd. Euro. Darum geht es in Wirklichkeit.

Damit werden die Griechen und Italiener aber nicht durchkommen, die Deutschen sind sich in dieser Angelegenheit mit den 4 Hauptsiegermächten des 2. WK einig - und das sind eben die UN - Sicherheitsratsmitglieder und Atommächte, die in grundsätzlichen Fragen auch heute noch bestimmen, wo es langgeht.
Der Stuttgarter OB Rommel:

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Re: Historisches Unrecht in aktuellen Rechtsstreitigkeiten

Beitragvon Nachbar » Do 20. Jan 2011, 20:56

Ein Poem ... für die Mordopfer von Dístomo

Wir vergessen euch nicht.
Unsere Herzen sind ein grenzenloser Auferstehungsacker.
Blutüberströmt wart ihr,
übersät mit Einschusslöchern und Erdkrumen,
wir haben euch gewaschen, angekleidet.
Könnt unser Schweigen ihr vernehmen, so erhört es,
Schwestern und Brüder. Vergebet uns.
Wir vergessen euch nicht!

(Nikofóros Vrettákos)

Ein PDF-Beitrag zu den Ereignissen in Distomo
http://www.fontanafilm.ch/DOKFILME/argyris/pdf/DI-10062005.pdf
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Re: Historisches Unrecht in aktuellen Rechtsstreitigkeiten

Beitragvon Nachbar » Do 20. Jan 2011, 20:58

Ein Beitrag des Deutschen Fernsehens zum Thema:

ARD-Mediathek Sendung REPORT: Die Deutschen Kriegsverbrechen
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=4213306
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Re: Historisches Unrecht in aktuellen Rechtsstreitigkeiten

Beitragvon maxikatze » Sa 24. Dez 2016, 11:14

Enttäuschte Gesichter in Israels Regierung - zur Freude der Palästinenser. Denn nur ein Ende des Siedlungsbaus auf Pali-Gebiet erhöht die Chancen für den Frieden im Nahen Osten.
Der UN-Sicherheitsrat fordert von Israel den Siedlungsbau in den Palästinensergebieten sofort und endgültig einzustellen. Die USA legte, anders als zu erwarten war, kein Veto ein. Das hätte meiner Meinung nach alles schon viel früher passieren müssen und nicht erst 5 Minuten vor Obamas Ende der Präsidentschaft.

https://www.welt.de/politik/article1605 ... sbaus.html
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Re: Historisches Unrecht in aktuellen Rechtsstreitigkeiten

Beitragvon AlexRE » Sa 24. Dez 2016, 19:24

maxikatze hat geschrieben:Enttäuschte Gesichter in Israels Regierung - zur Freude der Palästinenser. Denn nur ein Ende des Siedlungsbaus auf Pali-Gebiet erhöht die Chancen für den Frieden im Nahen Osten.
Der UN-Sicherheitsrat fordert von Israel den Siedlungsbau in den Palästinensergebieten sofort und endgültig einzustellen. Die USA legte, anders als zu erwarten war, kein Veto ein. Das hätte meiner Meinung nach alles schon viel früher passieren müssen und nicht erst 5 Minuten vor Obamas Ende der Präsidentschaft.

https://www.welt.de/politik/article1605 ... sbaus.html


UN - Resolutionen alleine bewirken gar nichts, die verschaffen nur den Aktionen von Großmächten nicht unbedingt benötigte Legalität. Wenn Trump im Amt ist, werden die Palästinenser erst einmal wenig Grund zur Freude haben:

Trumps erster Schritt in die Nahostpolitik sorgt für Unruhe - der designierte US-Präsident hat nicht nur seinen Berater David Friedman, einen orthodoxen Juden, zum US-Botschafter in Israel berufen. Er kündigte auch an, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Die Palästinenser sind empört.


http://www.heute.de/kuenftiger-us-praes ... 31918.html
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