Über Osama bin Laden zu schreiben, ist gefährlich. Schnell kann man sich dem Verdacht ausgesetzt sehen, wahlweise ein Sympathisant dieses Mannes, ein obskurer Verschwörungstheoretiker oder aber ein Feind des Islams an sich zu sein. Manche meinen, er habe nie existiert. Andere glauben, er sei vom CIA finanziert worden. Dritte wiederum halten ihn für einen Freiheitskämpfer, einen Rebellen im Kampf gegen die Vormachtstellung der Vereinigten Staaten.
Ich nicht. Für mich ist bin Laden kaum mehr als ein fanatisierter Massenmörder und der vielleicht schlimmste Terrorist der Menschheitsgeschichte. Als ich ihm heute vor genau zehn Jahren - plusminus ein paar Tage - das erste und einzige Mal begegnet bin, wirkte er jedoch ganz anders. Er war charmant, gastfreundlich und wissensdurstig. Er lobte die Schönheit Deutschlands (welches er jedoch nie besuchen konnte) und fragte mich, wie ich den Orient mochte. Wir lasen gemeinsam Zeitung am Brunnen unter der Sonne. Sein Englisch war dialektfrei, mein Arabisch hingegen nur rudimentär. Das fand er drollig.
Vor knapp drei Jahren, im Mai 2011, wurde Osama bin Laden schlussendlich von US-amerikanischen Truppen gestellt und hingerichtet. Was er hinterlässt, war sein großer Traum: Eine Welt in Krieg und Scherben, von tiefer Feindschaft zwischen Teilen der westlichen und der islamischen Kultur geprägt. Seine Anhänger verüben mittlerweile Massaker und Bombenanschläge von Djerba in Westafrika bis Jakarta in Indonesien. Ganze Tausendschaften erheben sich, um in von ihnen ausgelösten Bürgerkriegen gewaltige Landstriche für das Kalifat Al Kaidas zu erobern: In der Wüste Malis beispielsweise, im subtropischen Südjemen, in den Bergen Afghanistans und den Städten Syriens.
Und die Beliebtheit des mafiös agierenden Terrornetzwerks wächst weiter. "Bei Meinungsumfragen im Frühjahr 2012 in Palästina, Ägypten und in Indonesien äußerten 25 Prozent der Befragten Sympathien für Al-Qaida", schreibt das Bundesministerium für Verteidigung in einer kürzlich veröffentlichten Detailstudie zu Struktur und Zielsetzung der Organisation Osama bin Ladens.
http://tinyurl.com/mg9w5zs
Vieles davon führte auch ich bereits in einer am 20. April 2012 veröffentlichten Analyse an (Seite acht).
http://tinyurl.com/lhvqldy
Wie es der Zufall manchmal so will, saß gestern - also genau zwei Jahre später - einer neben mir am Biertisch, der neben diversen Punk-Buttons auch den unten abgebildeten bin Laden-Anstecker an seiner Schirmmütze trug. Er hatte ihn auf einem Flohmarkt erworben, erzählte er mir, und ich kaubelte ihn ihm ab. Nicht, weil ich Sympathien für den Terrorfürsten hegte, sondern weil dieser in mir Erinnerungen wachrief: An jenen Moment von vor genau zehn Jahren - plusminus ein paar Tage - und an die wohl merkwürdigste Begegnung meines bisherigen Lebens.
Schönen Wochenbeginn Euch allen!
Bin Laden hat Dich persönlich gekannt?
Das ist ja mal ein genialer militärischer Schachzug. Man schicke total harmlos wirkende Westler zu ihm, dann hält er den Westen für endgültig in Dekadenz versunken, wird unvorsichtig und schwupps - haben ihn die Amis an den Eiern.
Ich habe immer noch das Bekenner - Video zu 9/11 in Erinnerung. "80 Jahre des Unrechts sind nun vorbei" - mehr muss man nicht wissen, um den vermeintlichen religösen Fanatismus als verspätete orientalische Variante des europäischen Faschismus`der Zwischenkriegszeit einordnen zu können. Die Araber haben sich bei der Neuordnung der Welt nach 1918 genauso von den Hauptsiegermächten betrogen gefühlt wie u. a. Italiener, Japaner und natürlich die Kriegsverlierer. Dazu hatten sie ja auch gute Gründe. Mit Religion haben die allerdings nicht zu tun, die wird von den arabischen Faschisten nur vorgeschoben. So kann man die ganze muslimische Welt nach nützlichen Idioten abgrasen.
Ich halte übrigens die religiöse Komponente (die unter bin Laden tatsächlich noch vorhanden war) mittlerweile nur noch vorgeschoben. Das Interesse an lukrativen Drogengeschäften dominiert nun die Aktionen dieser Organisation. Zuletzt hatte ich dazu auch einen interessanten Artikel gelesen über die vielfältigen Kontakte Al Kaidas zu lateinamerikanischen Kali-Kartellen.
http://www.mirror.co.uk/news/uk-news/al ... rs-1857934
Die religiöse Komponente halte ich seitens Bin Laden persönlich für von Anfang an vorgeschoben, das wurde in den ersten Jahren nur besser kaschiert, z. B. in Sachen Drogengeschäfte. Mittlerweile lässt die Disziplin nach, der Chef ist ja nicht mehr da.
Moment. Muss kurz die Freundschaftsanfrage der NSA beantworten.
Schöne Grüße von mir.
Sehr interessant bezüglich der internen Strukturen Al Kaidas sind übrigens auch die in diesem (ziemlich witzigen) Video erwähnten, kürzlich gefundenen Dokumente:
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