Boris Reitschuster hadert mit dem Mainstream - Journalismus. Hier prangert er an, dass der vermeintlich skandalöse Umgang der Justiz mit einem schweren Verbrechen von der "Welt" verharmlost bzw. die wesentliche Info im Text "versteckt" wird:
Tod nach 15 Messerstichen - nur Körperverletzung?
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und erst im vierten Absatz - also da, bis wohin sich wohl die meisten gar nicht durchkämpfen in diesen hektischen Zeiten, kommen dann die entscheidenden Informationen in dem Text der Welt:
(...)
Im vorliegenden Fall würde ich als Journalist, der jahrelang Polizeimeldungen schrieb und auch Gerichtsberichte, sagen: Dass bei einem besonders grausamen Tötungsdelikt, das die Staatsanwaltschaft für Mord hält, das Gericht offenbar nicht einmal eine Anklage wegen Totschlags zugelassen hat, sondern von vorne herein nur wegen "Körperverletzung mit Todesfolge" ermittelt, ist der Aspekt, der journalistisch das größte Interesse darstellt, und im Mittelpunkt eines Berichts stehen sollte - und damit auch in der Überschrift oder zumindest im Vorspann.
(...)
https://www.reitschuster.de/post/messersticheIn Wahrheit liegt aber gar kein Justizskandal vor und die entscheidende Info in dem Welt - Artikel war nicht nur versteckt, sondern vor allem total falsch. Nach erster Ansicht der Diskussion auf Boris Reitschusters Facebook - Profil hatte ich das auch noch nicht begriffen und mich zu dem dort diskutierten Thema der Mordmerkmale geäußert:
>> Wenn dabei die Mordmerkmale nicht gegeben sind, wann dann? <<
Rache ist nur dann ein "sonstiger niedriger Beweggrund", wenn das Motiv für die Rache selbst sittlich besonders niedrig stehend ist. Wer sich also an einem Gewalttäter rächt, hat nicht selbstverständlich ein Mordmerkmal verwirklicht, das muss man schon genau begründen.
Totschlag dürfte hier aber sehr wohl vorliegen, und den kann das Gericht in besonders schweren Fällen auch mit lebenslänglich ahnden. Körperverletzung mit Todesfolge ( = vorsätzliche Körperverletzung + fahrlässige Verursachung des Todes) ist für mich hier absolut nicht nachvollziehbar.
Später habe ich aber eine korrekte Darstellung des Sachverhalts im Westfalenblatt gefunden und konnte die von der Welt und anderen Publikationen verursachten Irritationen aufdröseln:
Bei näherer Betrachtung des Sachverhalts (ich musste einige Artikel googeln, um eine nüchterne Info zu finden) ist die Entscheidung des Gerichts nun doch nachvollziehbar:
https://m.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis- ... nyme-BriefEs gibt erhebliche Beweisprobleme. Man weiß nicht, welcher der beiden Angeklagten zugestochen hat und kann dem anderen nicht nachweisen, dass der Tötung ein gemeinsamer Tatplan zugrunde lag.
Da bleibt nur, beide wegen der Straftat anzuklagen, die demjenigen, der nicht zugestochen hat, vorgeworfen werden kann.
Das heisst aber nicht, dass eine Verurteilung wegen Mordes oder Totschlags beider oder eines der Angeklagten jetzt ausgeschlossen wäre. Das ist nach der Beweisaufnahme immer noch möglich.
... und ...
Jedenfalls ist die Berichterstattung der "Welt", die Herr Reitschuster verlinkt hat, grob irreführend. Die Entscheidung des Gerichts, vorläufig nur eine Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge zuzulassen, hat mit fehlenden Mordmerkmalen absolut nichts zu tun.