Uel hat geschrieben:Alice Schwarzer hat zu keinem Zeitpunkt im Fall K gegen eine Unschuldsvermutung verstossen oder ihre Meinung zu einer Tatsachenbehauptung gemacht.
So ganz so unschuldig und zurückhaltend, wie dieser Satz Eindruck erwecken könnte, ist Frau Schwarzer nicht.
Ich erinnere mich ganz genau an den Sinn, nicht aber den genauen Wortlaut einer Ansage von Frau Schwarzer in einer Talkschau ganz kurz vor der Urteilsverkündung, der dahin ging, das Gericht solle beim Urteil unbedingt in Erwägung ziehen, was für eine Auswirkung das Urteil bei zukünftig Vergewaltigten und ihre Bereitschaft zur Anzeige haben würde. Das ist banker Unsinn, dieses erwägen dürfen nur Gerichte in Unrechtstaaten.
Das war eine indirekte Aufforderung an das Gericht zur Rechtbeugung, da können nur solche Überlegungen hinter stecken: Selbst wenn sie Herrn K. freisprechen müssen, so bedenken sie die von mir vorausgesagten Folgen für das Anzeigeverhalten von Frauen im Lande und ändern sie ihr Urteil in diesem spezielle Fall zum Wohle der allgemeinen zukünftigen Justizpraxis im Lande.
Eine so dreiste Aufforderung zur Rechtbeugung zum Nachteil eines Einzelnen nur zum vermuteten Wohl der Allgemeinheit ist mir noch nicht untergekommen, daher erinnere ich mich noch so gut, als wäre es gesten gewesen.
Diese Aussage hat mich sehr nachdenklich und in Folge sehr kritisch gemacht, was das Wertesystem und die Fähigkeit zur Objektivität der Frau Schwarzer betrifft.
Damit das hier ganz klar wird: ich habe kein Problem mit Frauen sondern entschieden mit der Lynchjustiz, denn sie ist es, die immer unter dem Deckmäntelchen des allgemeinen Wohls daher kommt.
Vielleicht habe ich die Sendung gesehen, vielleicht nicht.
Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern jemals etwas von ihr so mitbekommen zu haben, das man es mit einer indirekten Aufforderung zur Rechtbeugung gleichsetzen kann.
Nicht immer ist etwas von einem Sender auch so gemeint gewesen, wie es bei einem Empfänger ankommt.
Alles Interpretationssache, deshalb kann ich nicht beurteilen auf welchem Empfang deine Antennen standen.
Es kann aber nicht angehen, dass bei einem "in dubio pro reo" ein Freispruch umgekehrt zu einem Schuldspruch für die anklagende Partei wird!
Ein solch juristischer Freisruch kann sowohl einen tatsächlichen Freispruch bedeuten wie auch eben nur eine nicht nachgewiesene Schuld.
Keine Wahrheitsfindung bedeutet also, dies weder auf der einen Seite noch auf der anderen Seite zu wissen.
Es ist nichts weiter als ein Urteil.
Keine Wahrheitsfindung.Hier dazu noch einmal A.S. nach dem Freispruch:
Ich verstehe nicht, warum es überhaupt ein so grosses Problem ist, weder die eine noch die andere Seite zu diffamieren.
Das wollen nur Menschen, die damit aus den unterschiedlichsten Selbstläufern ihren persönlichen Rachefeldzug führen.
Und genau das steht aber keinem zu.
Das zu verstehen, erleichtert auch Opfern bei ihrem Heilungsprozess wenigstens anzuzeigen und sich nicht von einem Urteil abhängig zu machen.
Unrecht passiert auf beiden Seiten, genauso gibt es Fehlurteile.
Priorität hat, dass ein Täter vor Gericht steht, nicht das Urteil, hinter dem ja nur vordergründig ein Bestrafungsgedanke steht.
Das Theater um diesen Fall und diesem Freispruch danach, zeigt uns doch, wie fatal es ausarten kann, wenn es eben keine Wahrheitsfindung gegeben hat.
Das gilt für beide Seiten.
Eine Unschuldsvermutung gibt es sowieso nur theoretisch.
Wenn ich ganz streng danach ginge, dürfte ich noch nicht einmal, wenn mir die Handtasche auf der Strasse geklaut wird, rufen:
"Haltet den Dieb!" *lacht zu Sui!