OPFER ALS TÄTER
Wenn Journalisten und Gutachter Urteile fällen
"Die Kinder", klagt Gastgeber Professor Köhnken gleich zu Beginn des Symposiums, seien solange "konsequent und systematisch unter Befragungsdruck gesetzt" worden, bis sie die "erwartungsgemäßen Antworten" gaben und schließlich die "implantierten" Erlebnisse als wahre Erlebnisse "erinnerten". Prof. Köhnken: "Das wird als Aufdeckungsarbeit bezeichnet."
Wer es noch nicht begriffen hatte, dem wird es spätestens hier in Kiel klar: In Deutschland ist es immer wieder dieselbe Clique von Sachverständigen, die überraschende Freisprüche in Missbrauchsverfahren bewirkt. In den wenigen Fällen, die als "Nordhorn", "Montessori" und "Worms I, II und III" Aufsehen erregten, ebenso wie in den zahlreichen kleinen, die schlicht "Strafsache gegen Meier" heißen oder "Familiensache Schmidt".
In der Summe verkünden diese Gutachter fast in jedem Fall: Die Angeklagten werden zu Unrecht verdächtigt! Den Kindern wird durch "Suggestion" der Missbrauch nur eingeredet! Die eigentlich Schuldigen sitzen nicht auf der Anklagebank, sondern in feministischen Projekten, von wo aus sie zur "Hexenjagd" auf Männer blasen!
Und die Justiz? Die folgt den "renommierten Experten" gläubig. Gerade in dem so heiklen Bereich der Sexualgewalt verlassen sich die verunsicherten Juristen mehr und mehr auf die Psychologen. Diese "heimlichen Richter in Weiß" sagen den Richtern in Schwarz, wie sie zu entscheiden haben, und die beugen sich dem psychologischen Diktat.
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Das Duo Gerhard Mauz & Gisela Friedrichsen saß prompt auf der Pressebank, als Prof. Undeutsch im Zeugenstand sprach. "Das Gutachten des 76 Jahre alten, intellektuell noch immer präsenten, souveränen Psychologen, eines großen alten Mannes der Gerichtspsychologie, illuminierte die verdunkelte Szene der Hauptverhandlung", schwärmten Mauz & Friedrichsen im Spiegel.
Dabei hatte der "große alte Mann" gar kein "Gutachten" verfasst. Im Mai 94 wurde er lediglich "freibeweislich angehört". Ohne ein einziges Gespräch mit den Kindern war Prof. Undeutsch sich von Anfang an sicher, daß die "Beweislage durch unsachgemäße Befragung der kindlichen Zeugen" und "die Wucht suggestiver Einflüsse fanatischer Missbrauchsgegnerinnen verdorben" worden sei. Prompt entließ das Münsteraner Gericht den angeklagten Erzieher aus der Untersuchungshaft.
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Da lässt Gerhard Mauz seine "Kollegin Gisela" allein in der letzten Reihe zurück und kommt die Treppe herunter. Ein alter Mann in Schwarz mit weißem Haar und dunkel getönter Brille. Wie ein Wanderprediger sieht der "Nestor" des psychologisierenden Gerichtsjournalismus aus, dessen Einfühlungsvermögen seit jeher die Opfer vernachlässigt und den Angeklagten nützt: Aus dem reaktionären Kopf-ab-Tenor von einst machte u.a. Mauz den fortschrittlichen Der-arme-Täter-Tenor, wo die Mutter immer schuld ist.
Der 72-jährige Mauz geht gebückt, so, als hätte er das ganze Leid der Welt zu tragen. Und wirklich! Als er endlich unten am Rednerpult angekommen ist, beschwört der Journalist die Apokalypse herauf – sprich: "die Entliberalisierung des deutschen Strafrechts". Heutzutage werde nicht mehr "differenziert": "Wer böse ist, ist böse. Wer gut ist, ist gut. Man will nicht mehr wissen, daß jede Tat aus dem gesellschaftlichen Umfeld des Täters heraus entsteht", donnert der Spiegel-Reporter in Mikrophon.
Doch dann senkt Gerhard Mauz die Stimme. Es scheint, als ob er gleich zu weinen begänne. "Gisela und ich", flüstert der Spiegel-Mann und sieht die Frau in der letzten Reihe an, "wir haben uns nicht danach gedrängt, über sexuellen Missbrauch zu berichten." "Hineingezogen" worden seien sie, ja, geradezu "hineingezerrt". Von wem? Von den Opfern? Nein, von den Angeklagten. "Wir kennen das Elend der zu Unrecht Beschuldigten. Gisela und mir ist es schon oft kalt über den Rücken gelaufen." Nun hebt Gerhard Mauz wieder die Stimme. "Die Opfer! Die Opfer!" dröhnt es durch den Hörsaal H im Kieler Audimax: "Müssen wir uns nicht endlich darüber unterhalten, ob die Opfer wirklich Opfer sind – oder eher die Angeklagten, als Opfer eines blinden Verdachts?"
Und wir, die PsychologInnen und JournalistInnen da unten – müssen wir uns nicht endlich darüber unterhalten, ob die Experten an der Spitze wirklich Experten sind – oder eher Sympathisanten skandalöser Machenschaften?!
http://www.emma.de/ressorts/artikel/mis ... ontessori/Noch Fragen, WARUM eine G. F. so agiert im Fall K. ???