Kapitalismus und Familie

Hier wird unsere Idee der einmaligen Vermögensabgabe und der zweckgebundenen Erbschaftssteuer erörtert. (2. Lastenausgleichsgesetz)

Kapitalismus und Familie

Beitragvon AlexRE » So 16. Dez 2012, 18:43

Ein FAZ - Interview mit einem Wirtschaftsphilosophen:

Philosoph Dieter Thomä
„Der Kapitalismus zersetzt die Familie - ganz subtil“

(...)

Ausgerechnet der große Kapitalismusverteidiger Joseph Schumpeter kam zu der Erkenntnis, dass der individualistische Utilitarismus, den der Kapitalismus generiert, die Gesellschaft und damit die Familie zersetzt. Dieser Utilitarismus passt nicht zur der Aussicht, dass man zum Beispiel von seinen Kindern in der Pubertät zwei Jahre lang unablässig beleidigt werden könnte. Die Erkenntnis dieses Konflikts ist tatsächlich keineswegs neu. Wer Familie hat, scheint darüber hinaus auch weniger frei zu sein...

...was einem Kapitalisten ja auch nicht gefallen kann.

Keinesfalls. Das ist die zweite, neuere Konfliktlinie. Ein Kapitalist will flüssig sein. Flüssiges Kapital, ein flüssiges Leben, hohe Flexibilität und Wandlungsfähigkeit in jeder Hinsicht. Der Kapitalist fürchtet die Festlegung wie der Fluss den Frost. Entscheidet man sich für Familie, legt man sich aber in hohem Maße fest - nicht nur mit seinem Kapital.

(...)


http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/m ... 94613.html

Von den Spätfolgen der Kinderlosigkeit - insbesondere dem Auseinanderbrechen des Rentensystems - ist da noch nicht einmal die Rede. Nach dieser Betrachtung sieht es insgesamt so aus, als würde der Kapitalismus notwendigerweise zunächst ganze Völker und dann sich selbst zerstören. Das ist aber m. M. n. nur dann der Fall, wenn man sich von der ursprünglichen Idee der freien und sozialen Marktwirtschaft endgültig verabschiedet, anstatt zu ihr zurückzukehren.

Ein völlig unregulierter Kapitalismus hat auch noch viele andere zerstörerische Potentiale, die in der Vergangenheit vorübergehend katastrophale Folgen gezeitigt haben, wie z. B. massive Bodenerosion durch Abholzen ohne Wiederaufforstung und Überfischung von Flüssen, Seen und großen Meeresregionen. Das alles konnte man aber mit Gesetzen unter Kontrolle bringen.

Das Sozialstaatsprinzip wäre so ein Regulativ gegen die zerstörerische Überbeanspruchung der Ressource "Mensch", wenn denn Gesetze - insbesondere Verfassungen - im Sinne der Erfinder funktionieren würden. Das ist aber gegenwärtig leider nicht der Fall ...
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon GasGerd » Di 18. Dez 2012, 17:09

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hat eine aktuelle Studie zu den Gründen für die niedrige Geburtenrate vorgelegt:

"Deprimierend klingt, dass heute von vielen Deutschen Kinder nicht als Bereicherung empfunden werden. Nicht einmal die Hälfte der Kinderlosen zwischen 18 und 50 Jahren denkt, dass ein Kind innerhalb der nächsten drei Jahre ihre Lebensfreude verbessern würde. Ganze 88 Prozent der Väter von Kindern unter 18 Jahren meinen, dass sich Familie und Beruf nicht gut miteinander vereinbaren lassen, bei den Müttern sind es 78 Prozent."

Dieses Ergebnis der Studie passt zu den Betrachtungen des Philosophen Dieter Thomä, der die geringe Geburtenrate in eine grundsätzliche Kapitalismuskritik fasst:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/menschen-wirtschaft/philosoph-dieter-thomae-der-kapitalismus-zersetzt-die-familie-ganz-subtil-11994613.html

Dabei ist allerdings fraglich, ob ein als freie und soziale Marktwirtschaft früherer Prägung geordneter Kapitalismus und die damit verbundene (Lebens-) Planungssicherheit für alle Menschen eine ebenso rational - "egoistische" Denkweise der Menschen in familiären Fragen hervorbringen würde wie der heutige asoziale Kapitalismus (bzw. der heraufziehende neue Feudalismus).

Wer keine langfristig gesicherten Perspektiven hat, plant auch nichts mehr langfristig.


http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post/17148876?sp=133#jump
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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon AlexRE » Mo 24. Dez 2012, 16:45

Für die FDP ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit die Abwendung der heraufziehenden demographischen Katastrophe weiterhin nachrangig:

Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Rösler blockiert von der Leyens und Schröders Elternzeit-Pläne

Die Ministerinnen von der Leyen und Schröder wollen die Elternzeit flexibilisieren, eine Großelternzeit einführen und einen Rechtsanspruch verankern. Wie FOCUS erfuhr, ist Wirtschaftsminister Rösler damit allerdings nicht einverstanden.


(...)

Das Rösler-Ressort entgegnete am Sonntag in einer Stellungnahme: „Es gibt keine Blockade. Allerdings wird nicht alles machbar sein, was vielleicht wünschenswert ist. Die Bundesregierung hat sich auf ehrgeizige Ziele bei der Haushaltskonsolidierung verständigt. Zudem wird das wirtschaftliche Umfeld schwieriger. Jetzt gilt es, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, um Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. Das muss unser Maßstab sein.“


http://www.focus.de/politik/deutschland/vereinbarkeit-von-familie-und-beruf-roesler-blockiert-von-der-leyens-und-schroeders-elternzeit-plaene_aid_887370.html

Nachdem mit der Agenda 2010 der maximal wettbewerbsfähige Exportweltmeister Deutschland seine Spitzenposition bei der Arbeitsproduktivität durch einen großen Billiglohnsektor ergänzt und so eine den innereuropäischen Handel und den Welthandel massiv störende bzw. gefährdende Hyperwettbewerbsfähigkeit hergestellt hat, die maßgeblich für die Schuldenkrisen in anderen Ländern mitursächlich ist, meint Herr Rösler sich also jetzt immer noch oder schon wieder um die "Wettbewerbsfähigkeit" der wettbewerbsverzerrenden deutschen Geldproduktionsmaschinerie (und andernorts Schuldenproduktionsmaschinerie) sorgen zu müssen.

Ich kann das alles nicht mehr glauben. Dieses Wettbewerbsgeschwurbel kann der vernageltste Neoliberale nicht wirklich ernst meinen. Da geht es nur noch darum, der eigenen Klientel um wirklich ausnahmslos jeden Preis die maximalen kurzfristigen Profite zuzuschustern, und wenn man der Substanz des eigenen Staatsvolkes damit den Rest gibt und selbst den Geschäftsgrundlagen für den Reichtum dieser Klientel über die Beschädigung des globalen Wirtschaftssystems langfristig massiven Schaden zufügt.

Diese FDP zu wählen, bedeutet also selbst für Besserverdiener, an dem Ast zu sägen, auf dem man selbst sitzt.
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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon Livia » Di 25. Dez 2012, 10:25

„Wir bleiben bei unserer Position“
Von der Leyen und Schröder wollen die Elternzeit flexibilisieren, eine Großelternzeit einführen und einen Rechtsanspruch verankern, von Teilzeit auf Vollzeit zu wechseln. Nach FOCUS-Informationen lehnt Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) das jedoch ab: „Wir bleiben bei unserer Position“, schrieb der Minister und Vizekanzler per Hand auf einen internen Vermerk seines Hauses. Um den Streit zu schlichten, hat Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) die Minister für Mitte Januar ins Kanzleramt bestellt.


Von Teilzeit auf Vollzeit wechseln wäre das Richtige, aber die Grosseltern dazu verpflichten die Kinder mit Rechtsanspruch (was das auch immer heissen soll) ihnen aufzubürden, finde ich schon sehr übertrieben. Nicht alle Grosseltern fühlen sich noch fähig oder sind dazu imstande, die heutige Generation mitzutragen, da sich das ganze Umfeld massiv verändert hat und viele Grosseltern damit überfordert wären.
Viele Leute würden bereitwillig zugeben, dass sie sich langweilen; aber kaum einer würde zugeben, dass er langweilig ist.

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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon AlexRE » Di 25. Dez 2012, 17:31

Livia hat geschrieben:
„Wir bleiben bei unserer Position“
Von der Leyen und Schröder wollen die Elternzeit flexibilisieren, eine Großelternzeit einführen und einen Rechtsanspruch verankern, von Teilzeit auf Vollzeit zu wechseln. Nach FOCUS-Informationen lehnt Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) das jedoch ab: „Wir bleiben bei unserer Position“, schrieb der Minister und Vizekanzler per Hand auf einen internen Vermerk seines Hauses. Um den Streit zu schlichten, hat Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) die Minister für Mitte Januar ins Kanzleramt bestellt.


Von Teilzeit auf Vollzeit wechseln wäre das Richtige, aber die Grosseltern dazu verpflichten die Kinder mit Rechtsanspruch (was das auch immer heissen soll) ihnen aufzubürden, finde ich schon sehr übertrieben. Nicht alle Grosseltern fühlen sich noch fähig oder sind dazu imstande, die heutige Generation mitzutragen, da sich das ganze Umfeld massiv verändert hat und viele Grosseltern damit überfordert wären.


Großeltern sollen doch zu nichts zwangsverpflichtet werden:

http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Felternzeit


Es geht darum, dass solche Großeltern, die selbst noch im Berufsleben stehen, an der Stelle von Mutter oder Vater eine Erziehungszeit beanspruchen können. Zum Ende des Berufslebens hin würde das in vielen Fällen auch weniger karriereschädlich sein als wenn Vater oder Mutter in einem früheren Stadium des Berufslebens pausieren.
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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon Livia » Mi 26. Dez 2012, 09:50

Alex hat geschrieben
Es geht darum, dass solche Großeltern, die selbst noch im Berufsleben stehen, an der Stelle von Mutter oder Vater eine Erziehungszeit beanspruchen können. Zum Ende des Berufslebens hin würde das in vielen Fällen auch weniger karriereschädlich sein als wenn Vater oder Mutter in einem früheren Stadium des Berufslebens pausieren.


Ach so, das heisst also, dass solche Grosseltern später keine Renteneinbusse hinnehmen müssen ?
Viele Leute würden bereitwillig zugeben, dass sie sich langweilen; aber kaum einer würde zugeben, dass er langweilig ist.

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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon AlexRE » Mi 26. Dez 2012, 16:33

Livia hat geschrieben:
Alex hat geschrieben
Es geht darum, dass solche Großeltern, die selbst noch im Berufsleben stehen, an der Stelle von Mutter oder Vater eine Erziehungszeit beanspruchen können. Zum Ende des Berufslebens hin würde das in vielen Fällen auch weniger karriereschädlich sein als wenn Vater oder Mutter in einem früheren Stadium des Berufslebens pausieren.


Ach so, das heisst also, dass solche Grosseltern später keine Renteneinbusse hinnehmen müssen ?


Ich glaube nicht. Und wenn, dann nicht mehr als Väter und Mütter, die die Elternzeit in Anspruch nehmen.
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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon AlexRE » So 4. Okt 2015, 21:03

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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon Staber » So 4. Okt 2015, 22:09

Wer Augen hat um zu sehen und ein Gehirn um zu denken ,wird erkennen ,das unser ganzes Sozialsystem zwar gut gemeint ist von Staat und sicherlich auch Vorteile bringt. Es zerstört aber die Gesellschaft. Warum Kinder wenn ich Rente bekomme? Warum arbeiten wenn ich Harz4 bekomme. Die Menschen werden vom Staat derart behütet ,das sie jegliche Eigeninitiative verlieren. Diese ganze Reguliererei macht uns unfähig. Wir haben hier im Westen verlernt, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, überversichert, überreguliert und unterbeschäftigt. Keine Kinder, denn die sind nur Last statt Freude, keine Zukunft. Aber statt dessen wird weiter umverteilt. Es muss ein Ungleichgewicht her, denn je höher die Rechnung desto härter muss ich arbeiten.
Eine Träne zu trocknen ist ehrenvoller als Ströme von Blut zu vergießen.
Lord George Gordon Noel Byron
Gesund bleiben !
Gruß Staber
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Re: Kapitalismus und Familie

Beitragvon Uel » Mo 5. Okt 2015, 14:41

Warum Kinder wenn ich Rente bekomme?(1.) Warum arbeiten, wenn ich Harz4 bekomme? (2.)


Lieber Staber,
ausnahmsweise mal Widerspruch: Da sind Dinge zusammengerührt oder absolut gesetzt, denen ich in der Form nicht zustimmen mag:

1.) Rente sollte man bekommen, weil man sie nötig hat und wir uns ein Gesellschaftssystem leisten, bei dem die Versorgungssicherheit nicht auf Großfamilien und Clanstrukturen gegründet ist sondern dem Menschenrecht der ausreichenden Versorgung des Einzelnen geschuldet ist. Zukünftige Generationen werden sicherlich mal darüber nachdenken müssen, ob jemand, der im Berufsleben stetig Glück hatte dann in seinem Rentnerleben daraus folgend auch noch zeitlebens großzügiger bedient werden muss als die Pechvögel. Denn ein Mehr an Mitteln hat er aus den Früchten seiner Berufstätigkeit ja ohnehin noch durch Zinsen, Wertanlagen ect., wenn er das Verdiente nicht alles verprasst hatte.

Steuerfinazierungen werden auch bedacht werden müssen, wenn die beruflichen Lebensläufe mit Lücken zunehmen werden, was bei dem Sich-Ausbreiten mit "Outsourcen" in weniger lukrative Jobs in Tochterfirmen und generellen neoliberalen Einstellungen in Wirtschaft und Behörden zwangsläufig sein wird. Das "Abwracken" von vielen Arbeitnehmern, sobald sie 50 Jahre alt sind, ist dabei auch angemessen einzurechnen. Auch das Verabschieden Besserverdienender aus dem allgemeinen Rentensystem wird sich in einer gerechteren Gesellschaft nicht halten können. Die Renten sind solange sicher, solange die entscheidende Generation genügend gesellschaftliche Kreativität besitzt, den Wohlstand angemessen zu verteilen und Gerechtigkeit ausreichend Konjunktur hat. Kinder haben nichts mit der Rente zu tun, Ansprüche daraus können bayrisch gesagt höchstens nur als "Schmankerl" oben drauf kommen.

2.) Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass wir bei Weiterentwicklung der Computerei und der Automatisation durch Industrie-, Pflege- und Haushaltsroboter ect. nicht für jeden Arbeitswilligen eine bezahlte Beschäftigung werden bereitstellen können. Zumal es auch Tätigkeiten gibt, wo man heute schon den Leuten Geld geben sollte, damit sie ihre Tätigkeit nicht mehr ausführen müssten, wegen der Folgekosten wär es z. T. billiger für die Gemeinschaft. Vor diesem Szenario ist die Umwandlung des H4-Systems in ein bedingungsloses Grundeinkommen unumgänglich, wenn man gesellschaftlichen Fortschritt als Zielgröße vor Augen hat und nicht den sozialen Absturz in archaische Zustände. In unserem, die natürliche Umwelt ruinierendes Wachstums-Wirtschaftssystem ist fast jeder, der nicht arbeitet ein Segen für die Natur. [Heute im Radio: A.) Freiflächen werden knapp: in NRW wird trotz bislang (ohne den Flüchtingsboom) fast stagnierender Bevölkerung 1 Quadratkilometer täglich zubetoniert. B.) In Singapore bekommen Kinder schulfrei, weil Rauch von über 1000 illegalen Brandrodungen aus Indonesien die Luft derart verpestet, dass ihnen der Schulweg nicht mehr zugemutet werden kann http://earthsky.org/todays-image/fires-in-indonesia]
Liebe Grüße
von Uel

Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke: --- Kein Plan übersteht den ersten Feindkontakt --- (gefunden bei Vince Ebert) Mein Zusatz: ... der Feind kann auch Realität heißen!
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