Dazu folgende von dem alten 1blu - Forum herüberkopierte Meinungen:
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Wie angedroht hier eine grundsätzliche Stellungnahme zu dem Thema Wehr/Zivildienst, insbesondere zur Beachtung durch uel anempfohlen. Zunächst zitiere ich einen an anderer Stelle veröffentlichten Text von DJ:
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Ich bin für die Abschaffung des Art. 12a und damit des Zwangsdienstes - hatte ich im Verfassungsentwurf auch so dargestellt.
Hier ist vor allem wichtig, dass Art. 12a gegen Art. 3 verstößt, und das gleich mehrfach:
1. Es ist eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
2. Es ist eine schreiende Ungerechtigkeit, wenn die Frage, ob man gezogen wird oder nicht, zum Lottospiel wird.
Hinzu kommen praktische Bedenken: In einer Wehrpflichtarmee sind viele Zeit- und Berufssoldaten damit beschäftigt, unlustige Wehrpflichtige auszubilden und auf diese aufzupassen - im Zeitalter globaler Einsätze (bzw. zumindest der Möglichkeit dazu) eine Verschwendung von Ressourcen!
Und auch das Geschwafel vom "Staatsbürger in Uniform" und "Innerer Führung" ist zum Großteil Makulatur, weil man auch als Wehrpflichtiger auf Befehl die Klappe zu halten hat, selbst wenn Kritik berechtigt ist!
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Ich möchte den Artikel 12a so fassen, dass er 1. die Bedenken von Dj hinsichtlich des Gleichheitsgrundsatzes berücksichtigt und 2. dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz angepasst wird. Es ist völlig unverhältnismäßig, nur zum Zweck der Bereitstellung eines kostenlosen Zeit - und Berufssoldaten - Assessmentcenters für die in Wirklichkeit heute schon bestehende Spezialistenarmee Millionen jungen Menschen ein Jahr ihres Berufslebens wegzunehmen. Die Probanden sind in Wirklichkeit keine echten Soldaten mehr, die in der Form des nicht an einer Verpflichtung interessierten Wehrpflichtigen irgendeine militärische Bedeutung hätten. Es gibt derzeit keine konkrete militärische Bedrohung des Landes, der durch ein Massenheer knapp ausgebildeter nicht - spezialisierter Soldaten begegnet werden muß. Es gibt auch keine aktuellen Verdachtsmomente gegen die "richtigen" Bundeswehrsoldaten, einen Staat im Staate bilden zu wollen und eine auch nur theoretisch denkbare Gefahr für die Demokratie zu bilden.
Beide Gründe für die so extreme Inanspruchnahme der jungen Menschen und die Beeinträchtigung ihrer Berufsfreiheit gehen also von einem öffentlichen Interesse aus, das auf einem nicht hinreichend konkreten (äussere Bedrohung) und einem nicht hinreichend aktuellen (BW = Staat im Staate vermeiden) öffentlichen Interesse beruhen, um die Wehrpflicht in der heutigen Form (1 Berufsjahr futsch) als verhältnismäßigen Eingriff in die Freiheitsrechte der jungen Menschen darstellbar zu machen. Der Artikel 12a ist daher nach meiner persönlichen Rechtsauffassung jetzt schon ein Fall einer sog. verfassungsimmanten Verfassungswidrigkeit, er verstösst gegen den höherrangigen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Es besteht aber noch ein anderes öffentliches Interesse an der grundsätzlichen Beibehaltung der Wehrpflicht: die abstrakte Bedrohung durch ein fremdes Massenheer, die den Schutz des Staatsgebietes durch ein eigenes Massenheer erforderlich macht, weil die aussenpolitischen Rahmenbedingungen sich ändern könnten - vor allem in Russland - und weil die nordeuropäische Tiefebene das ideale Gelände für schnelle Angriffe von Massenheeren darstellt. Ein totaler Neuaufbau eines Massenheeres ohne viele ausgebildete Reservisten könnte möglicherweise nicht schnell genug erfolgen. Daher ist eine kurze Wehrpflicht von 3 Monaten zzgl einiger Wehrübung über Jahre verteilt, die der Bereitstellung von Reservisten für reine Materialeinheiten dient, sicherheitspolitisch geboten und daher verfassungsrechtlich zulässig. Das gleiche gilt auch für die nicht aktuelle Gefahr, dass die BW für die Demokratie gefährlich werden könnte, weil sich da eine fragwürdige Gemeinschaft herausbildet. Diese Gefahr ist dennoch latent, wenn die Materialeinheiten zzgl. Millionen Wehrpflichtiger im Mobilisierungsfall der 200.000 Mann - Profiarmee eindeutig überlegen wären, dann könnte die Bundeswehr nicht mal theoretisch eine Gefahr für die innere Sicherheit werden.
Im Ergebnis bin ich also nicht für eine Abschaffung des Art. 12a, sondern für einen Umbau im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des absoluten Zwangsarbeitsverbotes. Ich möchte eine Formulierung in der Norm, die sich auf das Zwangsarbeitsverbot bezieht und mehr als unbedingt notwendige Beeinträchtigungen der persönlichen Freiheit der jungen Menschen verbietet.
Was die praktischen Gesichtspunkte betrifft, die uel genannt hat (Demographie und Pflegennotstand): Die Formulierung im GG, nach der der Zivildienst nicht länger als der Wehrdienst dauern dürfe, könnte m. E. so konkretisiert werden, dass die Reserveübungen der Wehrpflichtigen berücksichtigt werden und der Zivildienst 1/2 Jahr dauern darf. Das wurde auf politischen Wegen um 1980 herum mal versucht - 18 Monate Zivildienst gegenüber 15 Monaten Wehrdienst - aber das hat nicht hingehauen, die Vorschrift ist zu deutlich, das BVerfG hat das nicht mitgemacht.
Ausserdem meine ich, dass es eine fragwürdige Rechnung ist, den Pflegenotstand mit der Verkürzung des Berufslebens von Millionen junger Männer beheben zu wollen. Da entfallen nämlich vom Durchschnittsverdiener bis zum zukünftigen Nobelpreisträger oder Selfmade - Millionär volkswirtschaftliche Wertschöpfungen, die kaum in Zahlen zu fassen sind.
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21.07.2008 15:59:59 | DJ_rainbow | Re: Verfassungsentwurf Art. 12
@ alex:
Mit einer solchen Interpretation könnte ich mich - auf Kompromissebene - noch anfreunden, auch wenn ich eigentlich etwas anderes erreichen möchte!
Aber einen Zwangsdienst NUR für Männer halte ich für verfassungswidrig nach Artikel 3 (Gleichheitsgrundsatz und Diskriminierungsverbot).
Wenn man schon meint, Wehrdienst wäre nichts für Frauen, MUSS man für Frauen einen sozialen / ökologischen / pädagogischen Zwangsdienst einführen!
Der pädagogische Zwangsdienst als bspw. Hilfskindergärtnerin wäre dann auch hilfreich, ungeeignete Kandidatinnen von Lehramtsversuchen abzuhalten!
DJ
21.07.2008 16:06:48 | AlexRE | Re: Verfassungsentwurf Art. 12
diese problematische rechtliche Formulierung "....gegen sein Gewissen" kann im Einzelfall sowieso nicht überprüft werden, das hat ja nie funktioniert, zu den unsinnigste Ergebnissen geführt und ist praktisch heute zu einem Optionsrecht für den Zivildienst ohne Gewissensprüfung geworden. Da kann man den Begriff "Gewissen" gleich raus nehmen, jedem als persönliches Freiheitsrecht zugestehen, so etwas nicht machen zu müssen, und zu beiden Diensten dann Männer und Frauen heranziehen, von denen sich alle aussuchen können, was ihnen lieber ist, ohne dass der Staat sich mit dem Begriff "Gewissen" weiter selbst veralbert. Damit haben sie früher nur Millionen junger Männer das Staatanlügen beigebracht.
21.07.2008 16:08:23 | DJ_rainbow | Re: Verfassungsentwurf Art. 12
Ja!
Aber eben für Frauen auch als ZWANGS-DIENST
DJ_Rainbow