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Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Do 8. Apr 2010, 10:36
von Sall May
Demokratie, was ist das? Diese Frage neben vielen allen anderen, die sich permanent wiederholen, höre auch ich jeden Tag. Ich kenne kaum jemanden der Frau Merkel gewählt haben will. Wie und was in den Köpfen der Bürger/Bürgerinnen abläuft das kann man heute nicht mehr so wirklich wissen. Denn der über Medien stark beinflussste Mainstream ist nicht mehr tatsächlich zu analysieren.

Wenn Frau Merkel oder andere also die Ansicht vertreten sich nicht mehr von Meinungsumfrageinstituen beeinflussen lassen, ist das, dass Eine. Was nun aber gar nicht geht ist des Volkesmeinung auszublenden. Dann heißt das Kind nämlich nicht mehr Demokartie.

Sich gegen den eigenen Chef, das ist in der Tat der Souverän, der das Gehalt für die Damen und Herren zahlt die ihn in seinen Interessen und zu seinem Wohlergehen vertreten möge, ist nicht azeptabel. Denn es kommt vielen einer Entmündigung gleich. Erwachsene Menschen in einem freien Land das sich eine der besten Verfassungen überhaupt gegeben hat, hat man zu hören und nicht zu befehligen oder über die Köpfe derer hinweg zu entscheiden.

Was nun den Souverän anbelangt, so weiß wie es weiter oben steht schon kaum jemand mehr wie dieser tickt. Denn alles wurde mit der Zeit unterdrückt und teils zu tükischem Verhalten erzogen. Wir können heute kaum noch wissen wer was meint, denn uns wird ja permanent eingehämmert das wir ohnehin alle lügen. Natürlich ist das Misstrauen somit untereinander groß. Nur, wenn dem so wäre das wir alle nur lügen, was tun dann die Damen und Herren die unsere Rechte, Anliegen und somit uns alle vertreten? Sind die Übermenschen und lügen nicht?

Schlimm ist es, das vorher bewußt Wahlversprechen gegeben worden zu sein scheinen, von denen man sich dann, wie hier zu sehen einfach und mit läppischen Worten distanziert.

Wenn die Volksvertreter ein einziges Mal gegen den Willen der Mehrheit verstoßen, oder diesen beugen, dann iste das Alarmstufe rot in den Köpfen aller sein, oder?

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Do 8. Apr 2010, 12:04
von AlexRE
DJ_rainbow hat geschrieben:kotzen würde ich das nicht nennen, ich finde es nur äußerst naiv. Unabhängig von der verfassungswidrigen angeblichen Partei Die Linke - wenn Reden und Handeln nicht übereinstimmen, sind sie nicht wählbar.


Das mit der Verfassungswidrigkeit der Linkspartei ist Blödsinn. Guck`Dir mal die Absätze 2 und 3 des auch in Deinem Verfassungsentwurf unveränderten Artikel 14 an und erkläre dann, was an dem Programm der Linkspartei verfassungswidrig sein soll:

viewtopic.php?f=42&t=93

Die derzeitige Bauernlegerei der etablierten Parteien zu Lasten der Rechte der Bevölkerungsmehrheit und zu Gunsten von ein paar tausend stinkreichen Familien ist glatt verfassungswidrig. Das hat mit dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG und mit Art. 14 Abs. 2 und 3 nichts mehr zu tun.

Ich erwarte zwar auch keine politisch konstruktive Arbeit von einer Regierung mit Linkspartei - Beteiligung, aber ich kann Peter trotzdem verstehen. Mit der Wahl der Linkspartei kann man dem pflichtvergessenen Berufspolikiter - Establishment wenigstens im wahrsten Sinne des Wortes die rote Karte zeigen. Mehr demokratische Beteiligungsmöglichkeiten gibt es derzeit nicht, politisch - inhaltlich können die Deutschen in ihren eigenen Angelegenheiten absolut nichts mitbestimmen. Das ist für mich ein guter Grund für die rote Karte, die Inhalte sind ja sowieso für die Wähler kein Thema. Also auch nicht die Inhalte der Linkspartei, die ja auch nach Deiner Darstellung sowieso nicht in die reale Politik einfliessen, wenn die Linkspartei an der Macht beteiligt werden muss.

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Do 8. Apr 2010, 12:38
von DJ_rainbow
Die Linkspartei ist ihrem Programmentwurf zufolge ganz klar verfassungswidrig, sie will das von der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG geschützte ewige Demokratieprinzip aushöhlen:

Ausweislich dieses Entwurfs strebt die sog. Partei Die Linke u. a. an, politische Streiks und Generalstreiks zuzulassen.

Dieser Punkt stellt ausdrücklich Partikularinteressen über das in Art. 20 Abs. 1 GG (und durch den Art. 79 Abs. 3 GG ausdrücklich geschützte) Demokratieprinzip und versucht, den Art. 38 Abs. 1 GG über die Unabhängigkeit der Abgeordneten dahingehend auszuhebeln, dass der Gesetzgeber zu bestimmten Handlungen bzw. zu deren Unterlassen geradezu genötigt werden soll.

Ich als gebranntes Kind kann und will mich aber nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass das Mauermörderverharmlosungsgesindel, das (zumindest im Osten) schon damals immer oben geschwommen ist, heute wieder Fettauge auf der Brühe sein darf.

Und ich muss diese Idioten, die gegen alles sind, wofür ich kämpfe - und für alles, wogegen ich kämpfe -, dann auch noch finanzieren? Nein danke.

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Do 8. Apr 2010, 12:47
von AlexRE
DJ_rainbow hat geschrieben:Die Linkspartei ist ihrem Programmentwurf zufolge ganz klar verfassungswidrig, sie will das von der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG geschützte ewige Demokratieprinzip aushöhlen:

Ausweislich dieses Entwurfs strebt die sog. Partei Die Linke u. a. an, politische Streiks und Generalstreiks zuzulassen.

Dieser Punkt stellt ausdrücklich Partikularinteressen über das in Art. 20 Abs. 1 GG (und durch den Art. 79 Abs. 3 GG ausdrücklich geschützte) Demokratieprinzip und versucht, den Art. 38 Abs. 1 GG über die Unabhängigkeit der Abgeordneten dahingehend auszuhebeln, dass der Gesetzgeber zu bestimmten Handlungen bzw. zu deren Unterlassen geradezu genötigt werden soll.


Das beurteile ich zwar zufällig verfassungsrechtlich ebenso, aber diese verfassungsrechtliche Bewertung von Generalstreiks ist nicht so selbstverständlich, dass dieses politische Ziel die Verfassungsfeindlichkeit seiner Vertreter dokumentiert. Denk`mal an die vielen Gesetze der etablierten Parteien, die vom BVerfG kassiert wurden. Bis jetzt haben die Linken noch jede Forderung zurückgenommen, die vom BVerfG als verfassungswidrig dargestellt wurde, z. B. das mit dem Einkommenssteuersatz von über 80 %.

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Mi 14. Apr 2010, 19:19
von Uel
@PeterS

Deine Wahlüberlegungen sind ein verwunderlicher Spiegel meiner eigenen Überlegungen. Als überzeugter Wechselwähler mit Langzeitgedächtnis habe ich es aber vll. doch etwas leichter als Du.

C. - Rüttgers verzeihe ich sein Versagen als "Forschungsminister" unter Kohl nicht, und so habe ich auch die Hoffnung aufgegeben, dass er NRW seiner Wichtigkeit angemessen (ca. 20% der BRD-Bevölkerung) voranbringen will. Ich bin überzeugt ihm fehlt allein schon die kreative Phantasie, um sich vorstellen zu können, was möglich wäre.

S. - Solange sich die SPD nicht offiziell bei ihren ehemaligen Wählern für ihre Verarsche durch die Halb- oder Ganzkriminellen Harz, Riester und Rürup entschuldigt, die Steuergeschenke des "Kanzlers der Bosse" an transnationale Firmenkonstrukte eingeschlossen, solange kann ich keine Besserung erkennen, geschweige denn sie wählen. Was soll man von einer Partei halten, die hätte regieren können, aber unfähig ist, die vorhandenen Mehrheiten zu organisieren und immer wieder vom politischen Gegner dessen Willen aufzwingen lässt.

G. - Auch der Ausweg über die Grünen ist mir durch das Chaos-Tandem Roth/Künast vergrault. Statt eine pragmatische, strukturell und ökologisch effiziente Politik voranzutreiben, wird ideologischer Edelöko propagiert und der Volkswohlstand verjuckst. Wenn die nicht aufpassen und nicht hören, wie z.B. die Jugend über sie spricht, dann haben sie bald ein noch ernsteres Problem.

L. - Lafontaines wirtschaftliche Forderungen von 1999, als er nicht zufällig von englischen Zeitungen (der Finanzsektor ist der größte Anteil an Englands Volkswirtschaft) als der gefährlichste Mann Europas diffamiert wurde, hätten die Auswirkungen der jetzigen Krise sicher gemildert, die Linke hat einige sinnvolle Forderungen, …aber wie krank ist Lafontaine? …aber wie kommunistisch ist die Linke? …. aber wie demokratisch sind die Leute aus Überzeugung in 20 Jahren geworden?

Prinzipiell:
Wenn man mit der Regierungsarbeit unzufrieden ist, so sollte man die Opposition wählen, selbst wenn man sie als genauso schlecht einschätzt.
Es gibt das Sprichwort: Die Tröge bleiben, nur die Schweine wechseln. Aber der Wechsel der Schweine ist nicht zu unterschätzen: Denn während des Wechsels können sie nicht fressen und müssen sich erst ihren Platz neu organisieren. Und die alten Schweine werden bei dieser Prozedur nicht zu fett. Damit die Schweine nicht zu fett werden, habe ich auch die verlockende Möglichkeit, einen ungültigen Stimmzettel abzugeben, inzwischen verworfen.

Viele Bundesbürger haben immer schon taktisch gewählt, den Volksparteien durch beneidete Wachstumsraten von kleinen Parteien oder durch Koalitionspartner eine andere Nuance aufgezwungen. Deshalb sind auch Wahlprogramme und Wahlversprechen durch den Zwang zu Kompromissen nach der Wahl so lachhaft, die Nummer erleben wir gerade bei der FDP. In dieser Hinsicht ist auch die Linkspartei benutzbar. Allein die parlamentarische Existenz wirkt sich schon auf die Anderen aus, lässt sie sich ändern. Auch die CDU ist von den Grünen verändert worden und sie wird von der Linken verändert werden.

Ich werde es also von den letzten Umfragen abhängig machen müssen, bei welcher Oppositionspartei meine Stimme das größte Gewicht hat.

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Do 15. Apr 2010, 07:41
von DJ_rainbow
Ganz klare Ansage:

"Wählen muss sich wieder lohnen."

Deshalb Piraten.

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Fr 16. Apr 2010, 13:41
von AlexRE
Vom privaten Forum herüberkopiert:
_____________

PeterS hat geschrieben:@Uel

Ich habe mal meinen deutschen Exil-Russland-Mitarbeiter gefragt, was er wählen wird.
Seine saloppe Antwort : "Nichts".

"Warum?", fragte ich. "Ganz einfach", so seine Antwort, "bei den Kommunisten mußten wir unseren Henker wählen, hier und jetzt dürfen wir. Das ist der einzige Unterschied. Deswegen wähle ich lieber nicht."

Bei der Deutschland-Debatte scheint die Tendenz zu sein auch lieber nichts zu wählen mit dem Anspruch, daß, wenn die Wahlbeteiligung niedrig genug ausfällt, Deutschland ein demokratisches Legitimationsproblem vor den anderen Staaten haben würde.
Ich halte das für abwegig, da die anderen Staaten über unser Wahlsystem Bescheid wissen und doch erfreut sind, einen wichtigen wirtschaftlichen und kriegstechnischen Faktor über eine Handvoll Gangster steuern zu können...


Ich halte das auch für abwegig, zumal die Wahlbeteiligung z. B. in den USA regelmäßig viel geringer ist als in Deutschland und dies auf der internationalen Bühne noch nie ein Thema war:

Wikipedia > Wahlbeteiligung

Ausserdem liegt das Hauptproblem offenkundig bei dem Mangel an schlüssigen und viele Menschen überzeugenden Wahlalternativen bzw. bei den Defiziten der Anbieter solcher Alternativen. Die Aussage des Mitarbeiters, dass man nur zwischen verschiedenen Metzgern wählen könne, würde er ja so nicht getroffen haben, wenn die politischen Inhalte der nicht in das korrupte Establishment eingebundenen demokratischen Parteien ihn erreicht hätten. Dazu sind die Akteure in der Szene deutscher (noch-) Kleinparteien aber derzeit offensichtlich nicht in der Lage.

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Fr 16. Apr 2010, 15:01
von Uel
Ich habe mal meinen deutschen Exil-Russland-Mitarbeiter gefragt, was er wählen wird.
Seine saloppe Antwort : "Nichts".

"Warum?", fragte ich. "Ganz einfach", so seine Antwort, "bei den Kommunisten mußten wir unseren Henker wählen, hier und jetzt dürfen wir. Das ist der einzige Unterschied. Deswegen wähle ich lieber nicht."


Ein hübsches Bonmot, sicherlich oftmals zutreffend, -- aber Gott sei Dank nicht generell gültig. Was sagt man denn auch so seinem Chef bei solch einer Frage? Dein Mann ist genial schlagfertig.

Die Wechsel Kiesinger-Brandt und Schmidt-Kohl hatten schon eine andere Richtung in die Politik gebracht. Dass der Wechsel Kohl-Schröder keine wesentlichen neuen Impulse gab, lag daran, dass keiner erahnte, wie sehr Schröder "Kanzler der Bosse" war und wie wenig Kanzler der einfachen Bevölkerung, und dies bei einem SPD-Kanzler und dem damals gültigen Parteiprogramm. Und Bosse meint wirklich Bosse und nicht etwa Klein- und mittelgroße Unternehmer.

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Mi 26. Mai 2010, 11:55
von AlexRE
Diesen Link habe ich heute mit einem mail - newsletter der Wählergemeinschaft für Volksentscheide erhalten:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,695411,00.html

Auszug aus dem Spiegel - Artikel:

Die SPD will bei der Finanzmarkt-Regulierung neue Wege gehen. Gemeinsam mit anderen sozialdemokratischen Parteien Europas plant sie ein EU-weites Referendum - etwas Ähnliches hat es bisher noch nie gegeben. Das Ziel: Spekulanten sollen zur Kasse gebeten werden.

(...)

Es wäre das erste EU-weite Volksbegehren, das nach dem neuen Vertrag von Lissabon möglich ist. Voraussetzung dafür sind mindestens eine Million Unterschriften aus wenigstens neun Staaten.


Die Sozialdemokraten treten bereits offiziell für Volksentscheide auf Bundesebene ein. Im Juni 2002 haben sie in einer Bundestagsabstimmung auch dafür gestimmt:

http://www.mehr-demokratie.de/volksabstimmung.html

Mit der jetzigen Initiative für ein EU - weites Referendum legt sich die Sozialdemokratie noch weiter fest, das Eintreten für plebiszitäre Elemente in der Demokratie auf allen Ebenen wird damit zum integralen Bestandteil des sozialdemokratischen Profils.

Das bedeutet aber auch, dass der Bann direktdemokratischer Elemente aus dem Grundgesetz endgültig zu einem Dauer - Verdikt einer Sperrminorität der Unionsparteien und damit zu einem groben Defekt des Demokratieprinzips sowie einer echten Legitimitätslücke des Grundgesetzes insgesamt wird.

Näheres dazu auf diesem thread:

viewtopic.php?f=43&t=99

Re: Demokratieprinzip

BeitragVerfasst: Di 11. Okt 2011, 16:14
von PeterS
http://www.bundestag.de/presse/pressemitteilungen/2011/pm_1107051.html

Auszug daraus:

Demokratie sei ein tragendes Staatsstrukturprinzip des Grundgesetzes von überragender Bedeutung. Die Beschwerdeführer aber würden sich auf ein neuartiges Recht berufen, das bisher gar nicht existiere, nämlich ein umfassendes Grundrecht auf Demokratie. Für die Anerkennung eines solchen Grundrechts und eine damit verbundene Ausweitung der Möglichkeiten zur Verfassungsbeschwerde gebe es aber keinen Anlass.


Wie meist: Ohne Kommentar