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"Ziele, die man nach der Wahl ansteuern will, sind logischerweise keine Versprechen, also können sie auch nicht gebrochen werden."
Wenn z. B. vor den Wahlen 2005 die SPD MwSt - Erhöhungen kategorisch ablehnt und die CDU 2 % Erhöhung in Aussicht stellt und die große Koalition dann 3 % beschließt, besteht keinerlei Zusammenhang zwischen dem Willen der Mehrheit des Volkes und der tatsächlichen Politik mehr. Es passiert hierzulande ja immer nur, was die Minderheit der CDU - Wähler gutheißt.
Mit ihrer Formulierung, dass es (angeblich) keine Wahlversprechen gäbe, bestätigen sie die völlige Abwesenheit demokratischer Legitimationsmechanismen auch noch. Wenn Ihre Darstellung zuträfe, ginge die Staatsgewalt in keiner Weise vom Volke aus und das real existierende politische System wäre glatt grundgesetzwidrig.
"Ich betrachte den Bürgerentscheid zur Waldschlösschenbrücke in Dresden. "
Sie betrachten immer nur diesen albernen Bürgerentscheid. Ich habe ein 1000 x größeres Problem mit der Hamburger Volksabstimmung zum Schulsystem, weil da bei sehr geringer Abstimmungsbeteiligung eine Minderheit der Erwachsenen in die fundamentalen (Verfassungs-) Rechte nicht wahlberechtigter Schulkinder eingegriffen hat. Mit solchen Volksabstimmungen kann man die demokratischen Defizite tatsächlich verschlimmbessern.
Die Missbrauchsgeneigtheit von Volksabstimmungen wie im Falle Waldschlösschenbrücke ist leicht beherrschbar, dazu braucht es nur hohe Anforderungen an die Unterschriftenquoren und die Mindestabstimmungsbeteiligung sowie enge zeitliche Vorgaben und Überprüfungsmöglichkeiten von Abstimmungszielen durch das Bundesverfassungsgericht. Für die Missbräuche von Repräsentantenmacht gibt es aber derzeit überhaupt kein Korrektiv auf Bundesebene.
Übrigens hat die Geschichte des Schweizer Gotthardtunnels gezeigt, dass selbst Riesenprojekte ohne weiteres im Zeit - und Kostenplan bleiben können, wenn sie direktdemokratisch beschlossen wurden und Murks jederzeit eine neue Volksinitiative auf den Plan rufen könnte. Davon sind wir in Deutschland weit entfernt, siehe BER und Stuttgart 21. Im letzteren Fall hat sich der endlose Streit erst erledigt, nachdem die Berufspolitiker so gnädig waren, eine VA zu bemühen.
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msregina
"Diesen Teil finde ich schön. Sie als der Vertreter der Volksabstimmungen bezeichnen die eine als albern. Wann ist eine Volksabstimmung nicht albern?"
Sie verwechseln Beiträge zur politischen Meinungsbildung mit Argumenten in Verkaufsgesprächen bzw. Reklamegeschrei. Das ist einer der am häufigsten zu beobachtenden Standardfehler im Umgang mit der kollektiven Eigenverantwortung des Volkssouveräns. Jeder will irgendeinen Sch ... verkaufen und keiner gibt auch nur das Schwarze unter dem Fingernagel für die schlichte Wahrheit. Politische Vernunft wird überhaupt nicht als ureigener Wert erkannt.
Selbstverständlich kann die Masse sich albern, dumm, verantwortungslos oder desinteressiert zeigen - an Wahlterminen ebenso wie bei Volksabstimmungen. Auch deshalb möchte ich ein plebiszitäres Element im GG, das sehr hohe Anforderungen an Unterschriftenquoren und Abstimmungsbeteiligungen stellt sowie hinsichtlich der Abstimmungsziele Kontrollmöglichkeiten durch das BVerfG vorsieht.
Die weltweiten Erfahrungen mit Volksabstimmungen - insbesondere aus der Schweiz - haben aber auch gezeigt, dass es so etwas wie "Schwarmintelligenz" tatsächlich gibt. Die Mehrheit bezahlt für die Folgen politischer Fehler und macht deshalb bestimmte Fehler nicht so leicht wie Repräsentanten, die im Schadensfall mit vollen Taschen über alle Berge sind.
Entscheidend ist für mich aber nach wie vor, dass auch in einer rein repräsentativen Demokratie, die diese Bezeichnung verdient, die Spielregeln grundsätzlich und dauerhaft von der Mehrheit des Volkes getragen werden müssen. Das ist in Deutschland hinsichtlich des vollständigen Banns aller plebiszitären Elemente aus dem GG derzeit nicht der Fall, siehe Einleitung des threads.
WerDarf
"wer so über sein eigenes volk spricht
ihm jegliche demokrat. rechte abspricht-verweigert
-(vll gerade noch das recht DICH zu wählen;-)
ist von VOLKs-vertretung meilenweit entfernt "
Nun ja, zum traurigen und beschämenden Ende der Weimarer Republik hin hat die damalige Mehrheit der Deutschen entweder für die Nazis oder für die Kommunisten und damit gegen die Demokratie an sich gestimmt. Das hat ein nachhaltiges Misstrauen der demokratischen Politiker gegenüber der Volksmasse begründet und Auswirkungen auf das Grundgesetz gezeitigt, u. a. den Bann von Volksabstimmungen auf Bundesebene. Dieses Misstrauen dauert zumindest im "bürgerlichen Lager" auch bis heute an.
Dazu muss man allerdings zweierlei sagen:
1. Dass eine noch von der Kaiserzeit geprägte und durch die Niederlage im 1. Weltkrieg sowie die nachfolgende "Dolchstoß" - Propaganda unter den Bedingungen einer extremen Wirtschaftskrise deutsche Wählerschaft damals die Demokratie verworfen hat, sagt praktisch nichts über eine angebliche Demokratieunfähigkeit der heutigen Deutschen aus. Bei so einer Zusammenballung von ungünstigen Umständen hätten fast überall auf der Welt Demokratien zugrunde gehen können. Deutschland war insofern auch kein Einzelfall, in der Zwischenkriegszeit sind mehrere europäische Demokratien gescheitert, die italienische z. B. noch vor der deutschen.
2. Das damalige Scheitern der Demokratie hatte nichts mit dem plebiszitären Element in der Weimarer Verfassung zu tun. Wer das behauptet (wie der eine oder andere CDU - Politiker gelegentlich), hat entweder keine Ahnung oder er lügt. Es hat in der Weimarer Republik nur sehr wenige Initiativen gegeben, die es bis zur Abstimmung geschafft haben (drei!) und die sind noch gescheitert, konnten also keineParlamentsentscheidungen umdrehen oder etwas gegen den Willen der Politiker erzwingen.
Tödlich waren die Ergebnisse der Parlamentswahlen der Jahre 1932 und 1933, nicht irgendwelche direktdemokratischen Prozesse.
Unter dem Strich gibt es also heute überhaupt keinen Grund mehr, über eine Reduktion der demokratischen Rechte des Volkssouveräns die Demokratie vor dem Volk zu schützen, zumal das auf Dauer auch widersinnig ist.
Damit machen sich unsere staatlichen Autoritäten irgendwann auch lächerlich, so ähnlich wie mit dieser absurden Art und Weise, die heute zum Glück sehr kleine Minderheit von Rechtsradikalen mit strunzdummen Schikanen gegen Normalbürger bekämpfen zu wollen:
"Zwei verdächtige Buchstaben?
Nach 20 Jahren: Spedition soll Kfz-Kombi ändern
....
Hasch wollte ein weiteres Auto auf die Firma zulassen. Wie die anderen rund 30 Fahrzeuge sollte auch der neue Sprinter das Kennzeichen TÖL-HH bekommen. „Seit 40 Jahren führt unsere Firma diese Initialen, seit 20 Jahren nutzen wir sie für unsere Flotte“, sagt Hasch.
....
n der Zulassungsstelle habe man ihm höflich, aber unmissverständlich mitgeteilt, dass die Buchstabenkombination HH auf Anweisung des Bundesverkehrsministeriums nicht mehr ausgegeben werde. „Die Begründung war, dass das Kennzeichen mit der Nazi-Vergangenheit zu tun hat“, schildert Hasch seinen Besuch an der Gebhardtstraße. „Meine Fassungslosigkeit hat einige Sekunden angedauert, erinnert er sich. „So einen Schwachsinn habe ich lange nicht mehr gehört.“
...."
http://www.merkur-online.de/lokales/wolfratshausen/wolfratshausen/verdaechtige-buchstaben-spedition-soll-kennzeichen-aendern-3304213.html
Geht es noch blöder?
Livia hat geschrieben:Weisst du, die Grünen kommen auch langsam ins Alter !
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